Entwicklung der Mobilität mit dem Pferd in Eurasien
Alle heute auf der Erde lebenden Hauspferde, ob Rennbahn-Champions, Pony-Club-Gefährten oder schwere Zugpferde, haben ihren Ursprung in den westlichen russischen Steppen während des dritten Jahrtausends vor Christus. Die genaue zeitliche Abfolge der Domestizierung von Pferden und der weit verbreiteten Integration der Pferdekraft in menschliche Gesellschaften war jedoch bisher sehr umstritten. Eine neue Studie, die am 6. Juni in Nature veröffentlicht wurde, zeigt, dass die Verbreitung von Hauspferden gegen Ende des dritten Jahrtausends v. Chr. begann, also vor etwa 4.200 Jahren. Dieses Datum markiert den Beginn einer neuen Ära in der Geschichte der Menschheit, in der Pferde die Kommunikations- und Handelsnetze in ganz Eurasien erheblich beschleunigten und einen nie dagewesenen Austausch und Interaktionen zwischen verschiedenen Kulturen ermöglichten. An dieser Arbeit, die von Ludovic Orlando, dem Direktor des Zentrums für Anthropobiologie und Genomik in Toulouse (CAGT, CNRS/Université Paul Sabatier), koordiniert wurde, waren 133 Forscher aus 113 Einrichtungen in aller Welt beteiligt, zentral auch aus der Eurasien-Abteilung des DAI.
Das Forscherteam untersuchte seine Daten auf drei Indikatoren für die Pferdehaltung. Zunächst verfolgten sie, wann die Vorfahren der modernen Hauspferde begannen, sich außerhalb ihres ursprünglichen Domestikationsgebiets zu verbreiten. Anschließend rekonstruierten sie die Pferdedemografie während des gesamten dritten Jahrtausends v. Chr., um die ersten Anzeichen für die Züchtung und Produktion von Pferden in großem Maßstab präzise zu datieren. Schließlich fanden sie Beweise für erhebliche Verschiebungen in der Reproduktionsdauer von Pferden, die auf eine bewusste Manipulation der Fortpflanzung durch die frühen Züchter hindeuten. Die bemerkenswerte Übereinstimmung aller drei Beweislinien in der Zeit vor ca. 4.200 Jahren deutet stark darauf hin, dass Hauspferde erst zu diesem Zeitpunkt und nicht schon früher in ausreichender Zahl gezüchtet wurden, um die wachsende Nachfrage auf dem gesamten Kontinent zu decken. Das Datum vor ~4.200 Jahren markiert daher den tatsächlichen Beginn der Mobilität mit dem Pferd, wie wir sie kennen. Bis zum Aufkommen von mechanischen Antrieben im 20. Jahrhundert blieb das Pferd die schnellste Art der Fortbewegung auf dem Land.
Die Eurasien-Abteilung des DAI unterstützte diese Forschung mit entscheidenden Proben, insbesondere von Fundorten nördlich des Kaukasus. Dies ist eine Schlüsselregion für die Entstehung von Kulturtechniken, die die Besiedlung der eurasischen Steppenzone ermöglichten – die Nutzung von Milch und Milchprodukten, frühe Mobilität mit Wagen und die Domestizierung des Pferdes.
Librado, P., Tressières, G., Chauvey, L. et al. Widespread horse-based mobility arose around 2,200 BCE in Eurasia. Nature (2024). https://doi.org/10.1038/s41586-024-07597-5
Kontakt
PD Dr.
Sabine Reinhold
, Referentin für die Archäologie Sibiriens und des Ural
Sabine.Reinhold@dainst.de
Prof. Dr. Dr. h.c. mult.
Svend Hansen
, Direktor der Eurasien-Abteilung
Svend.Hansen@dainst.de
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