Unsere Geschichte
Zum 100. Geburtstag des Deutschen Archäologischen Institutes wurde 1929 die Abteilung Istanbul gegründet. In der Gründungsrede hob der erste Direktor der Abteilung Martin Schede (1883-1947) hervor, dass "In wenigen Ländern der Erde sind sich die verschiedenen Kulturen so häufig gefolgt, haben sich so gründlich verdrängt und doch wieder so entscheidend beeinflusst wie auf dem Gebiete der heutigen Türkei. So wird es die Archäologie und Geschichte der Türkei von den ältesten bis zu den jüngsten Zeiten sein, der die Arbeit des Instituts gewidmet sein wird".
Die Tradition deutscher archäologischer Forschung in der Türkei geht auf das 19. Jahrhundert zurück. 1871 nahm Heinrich Schliemann auf der Suche nach dem sagenhaften Troja Grabungen auf dem Siedlungshügel Hisarlık, beim heutigen Çannakale, auf. Das DAI entwickelte damals für den Platz eine wissenschaftliche Grabungsmethodik. Der Hauptschwerpunkt der Institutstätigkeit lag an der türkischen Westküste, wo in Pergamon, Magnesia am Mäander, Priene und Milet mit Didyma – zunächst durch die Preußischen Museen in Berlin – im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts großangelegte Grabungs- und Stadtforschungsprojekte aufgenommen wurden.
Gemeinsam mit dem Osmanischen Museum zu Konstantinopel begann die Deutsche Orient-Gesellschaft im zentralanatolischen Boğazköy (heute Boğazkale) ab 1906 Ausgrabungen. Bereits im folgenden Jahr führte ein Team unter der Leitung von O. Puchstein im Auftrag des Deutschen Archäologischen Instituts die Feldarbeiten an diesem Ort fort. Die Erkenntnis, dass es sich bei den Ruinen um die bronzezeitliche Stadt Ḫattuša, die Hauptstadt des hethitischen Reiches, handelt, war eine Sensation.
Zu Beginn des Bestehens der Abteilung lautete Name der noch DAI-Abteilung Konstantinopel, wurde jedoch bereits 1930 in Abteilung Istanbul geändert. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Dienstbetrieb an der Abteilung, bis zur Schließung und der Ausreise der Institutsmitarbeiter am 10. August 1944, fortgeführt. Nach Kriegsende übernahm die Universität Istanbul die Treuhänderschaft und hielt den Lesebetrieb in der Bibliothek aufrecht. Die Institutsräume und das Inventar wurden 1953 rückübertragen. Nach der Rückgabe des Instituts an die Bundesrepublik Deutschland wurde es im Februar 1954 wiedereröffnet. Schon bald wurden alte Forschungsprojekte fortgesetzt und neue Unternehmungen begonnen. 1989 zog die inzwischen größer gewordene Abteilung in das Gebäude des Deutschen Generalkonsulats in Istanbul (ehemals Deutsche Botschaft) um, wo sie seitdem untergebracht ist. Seitdem hat die Abteilung ihre Forschungsthemen, Methoden und Netzwerke kontinuierlich weiterentwickelt und auch verändert. Dazu gehört die Aufnahme neuer weiterer Engagements wie z. B. am neolithischen Göbekli Tepe in den 1990er Jahren, aber auch die Abgabe der Trägerschaft von Plätzen wie Priene, Milet oder Didyma, die jetzt von anderen türkischen und internationalen Teams weitergeführt werden. Gegenüber traditionellen `Großgrabungen´ haben archäologische Oberflächenuntersuchungen (Surveys), Bauaufnahmen oder auch naturwissenschaftlich ausgerichtete Projekte an Bedeutung gewonnen, mit deren Hilfe die Abteilung aktuelle Fragestellungen flexibel umsetzen kann und sich zudem neue Kooperationen erschließt. Gleiches gilt für das Engagement in Kulturerhalt und Capacity-Building, das besonders zielgerichtet Beiträge zur auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik leisten kann.
Bereits unter Leitung des Prähistorikers Kurt Bittel (1907-1991), der von 1938-1944 und von 1951-1960 Direktor der Abteilung war und zugleich an der Universität Istanbul lehrte, wurde die Kooperation mit der türkischen Archäologie stark ausgebaut. Mittlerweile arbeiten an der Abteilung und in ihren Projekten deutsche, türkische und internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen eng zusammen und tragen gemeinsam zur Erforschung, zum Erhalt und zur Vermittlung des reichen und vielschichtigen archäologischen und kulturellen Erbes der Türkei bei.