Archäologie in Ägypten
Seit ihrer Gründung hat die Abteilung Kairo den Auftrag, zu allen Perioden der ägyptischen Geschichte und in den verschiedenen Regionen des Landes zu arbeiten. Die Forschungsschwerpunkte sind daher vielfältig und interdisziplinär aufgebaut. Seit den 1960er Jahren ist die Siedlungsarchäologie eine zentrale Aufgabe. Geo- und Landschaftsarchäologie, die Entwicklung der Prospektionsmethodik, Geophysik und Satellitendaten ermöglichen es heute, die Strukturen der kulturellen Erschließung des Raumes über Jahrtausende zu analysieren. Survey- und Grabungsprojekte im Raum Assuan, im Fayum und im nordwestlichen Nildelta haben sich diesen Fragen angenommen.
Untersuchungen des Osiriskultes in Abydos oder zur Verehrung des Königs Snofru in Dahshur beschäftigen sich hingegen mit dem rituellen Raum. Epigraphische Quellen können einen besonderen Beitrag in diesem Bereich leisten. Texte und Bilder – etwa Felsinschriften und Graffiti von der ausgehenden Prähistorie bis an die Schwelle zur Gegenwart im Raum Assuan – zeigen, wie sich einzelne Personen in den rituellen Raum und die Gemeinschaft, die sich hier trifft, einordnen.
Der Entwicklung von Grabarchitektur und funerär-religiöser Praktiken widmen sich die Projekte im Raum Theben und in der Königsnekropole von Sakkara. Sie tragen mit den gewonnenen Ergebnissen zum Verstehen komplexer Kulturlandschaften und ihrer Transformation bei.
Im Laufe seiner Geschichte hat Ägypten eine Sukzession der Eroberungen der Herrschaftsformen, der Religionen erlebt – und ist doch immer Ägypten geblieben. Multikulturalität ist das Charakteristikum gerade der nachpharaonischen Epochen. Die Einheit Ägyptens unter diesen Bedingungen zu verstehen, ist eine Herausforderung der Forschung. Welche Rahmenparameter sind es, die Neues in lange Traditionslinien assimilieren – welche sind die „Freiheitsgrade“ der ägyptischen Kulturgeschichte? Die Projekte zum hellenistisch-römischen Ägypten im Fayum und zur Papyrologie; die Arbeiten zum christlich-muslimischen Zusammenleben z.B. in den koptischen Klöstern Deir Anba Hadra und Deir el-Bachit sowie der frühislamischem Nekropole von Assuan schließen sich zur Aufklärung dieser Fragen zusammen.
Abgerundet wird das Magazin durch einen langen Beitrag zur Wiedereröffnung des DAI Kairo nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1957.