Forschung
Ziel dieses Projektes ist die denkmalpflegerische und architektonische Bestandsaufnahme und eventuelle Restaurierung des 1914 von Richard Schöneich entworfenen Gebäudes "Haus für den landwirtschaftlichen Sachverständigen" in Apia, Samoa. Dieses Haus wurde bis 2018 als Residenz des Staatsoberhauptes von Samoa genutzt und bewohnt, steht aber derzeit leer.
Das Projekt ist mit einem neuen Programm verbunden, dass sich mit der Archäologie und dem baulichen Erbe der deutschen Kolonialbesatzung im Pazifik beschäftigt. Das übergeordnete Forschungsziel ist es, die Auswirkungen und das Gedächtnis der deutschen Kolonialismus zwischen 1830 und 1914 im Pazifik zu verstehen[1]. Im Mittelpunkt steht die kritische Auseinandersetzung mit der Vielfalt, mit denen sich einzelne deutsche Unternehmer und deutsche Kolonialverwaltungen mit indigenen Bevölkerungsgruppen auseinandersetzten und Insellandschaften und Stadtentwürfe prägten. Dabei konzentriert es sich auf Einzelfallstudien, zielt aber auch darauf ab, die Erscheinungsformen kolonialer Macht in Bezug auf lokale Aktivitäten von Individuen in den deutschen Kolonien vergleichend zu untersuchen.
In Apia, Samoa, einem Brennpunkt der deutschen Kolonialarbeit, planen wir, die gebauten Überreste der deutschen Stadtplanung zu dokumentieren. Das bauliche Erbe in Samoa wird ständig überprägt, zuletzt durch den Abriss des "Old Court House" in Apia im Jahr 2020. Bauliche Überreste aus dieser Zeit werden in Samoa immer seltener, was eine konzertierte Anstrengung zur Vermessung und Dokumentation der verbliebenen Stätten umso dringlicher macht.
In der ersten Phase im Jahr 2024 ist eine detaillierte 3D-Architektur- und Denkmalvermessung geplant. Die Untersuchung wird von Studierenden der NUS und UNITEC unter der Aufsicht von A/Prof. Christoph Schnoor, UNITEC, durchgeführt. Bei dieser Untersuchung wird der Gesamtzustand des Gebäudes bewertet, alle Änderungen am ursprünglichen Design und die Authentizität des Bauwerks detailliert erfasst. Es wird digitale Pläne als Planungsgrundlage festlegen und Empfehlungen zur strukturellen Integrität für die zukünftige Nutzung geben. Diese Phase wird in einem Bericht über das Kulturerbe zusammengefasst, der in Zusammenarbeit mit dem registrierten Experten für Baudenkmal an die samoanische Regierung und die verwaltende Institution, die Samoan Housing Corporation erstellt wird. In einem zweiten Schritt werden Restaurierungsarbeiten durchgeführt, wobei geeignete Methoden zur Restaurierung des baulichen Erbes[1] zum Einsatz kommen. In dieser Phase muss über die zukünftige Nutzung nachgedacht werden. Vorgeschlagene Nutzungen sind die Entwicklung eines Museums, eines Begegnungsortes oder eines Erinnerungsortes. Diese Nutzungen werden in enger Zusammenarbeit mit den samoanischen Partnern entwickelt und in einem Businessplan für die Liegenschaft zusammengefasst.
Die archäologischen Überreste der europäischen Kolonialvergangenheit im Pazifik sind kaum erforscht. Dies ist überraschend, da die Auswirkungen der europäischen Invasion ein materieller Prozess waren[1][2][3]. Die Bekehrung der indigenen Bevölkerung erfolgte durch den Bau von Missionen und deren Gebäuden, Kirchen und Artefakten; es wurden Handelsbeziehungen entwickelt, durch die europäische Waren in den Pazifik gebracht und Ressourcen abgebaut wurden. Die ökonomische Kontrolle der Produktionsmittel und die Aneignung von Land durch Plantagen und neue Formen der industriellen Landwirtschaft schufen neue Landschaften; schließlich wurde die politische Kontrolle durch militärische Macht und neue Strukturen (Kasernen, Gerichtsgebäude und Verteidigungsstellungen) ausgeübt.
Das Fach der Historischen Archäologie hat ihre Wurzeln in der anglophonen Archäologie[4], die sich ursprünglich auf die Erfassung und Bewahrung archäologischer Überreste des europäischen Imperialismus konzentrierte. Es interessiert sich aber auch für die Motivationen und das menschliche Verhalten in dieser Zeit. Es kommt häufig vor, dass historische Dokumente die Lebensrealität in den Kolonien nicht genau widerspiegeln. Archäologen mahnen an, dass es eine Verzerrung in den historischen Dokumenten dieser Zeit gibt, insbesondere in Tagebüchern, Zeitungen und Berichten von Kolonialbeamten. Sie sind in der Lage, diese Verzerrungen anhand der archäologischen Aufzeichnungen zu überprüfen.
Die kritische Auseinandersetzung mit den architektonischen Überresten der Kolonialzeit ist von besonderer Bedeutung, da die Kolonialmächte die Architektur als Instrument zur Dominanz in ihren jeweiligen Kolonien einsetzten[5]. Dies geschah durch den Bau monumentaler Bauwerke wie Regierungsgebäude, Schulen oder Kirchen, die die Macht und den Reichtum der europäischen Invasoren hervorhoben. Die verwendeten architektonischen Stile und Entwürfe spiegeln nicht nur die kulturellen und ästhetischen Werte der Kolonialmacht wider, sondern verstärkten auch das Gefühl ihrer Überlegenheit. Da die Kolonialmächte die volle Kontrolle über das Design und den Bau hatten, kontrollierten sie gleichzeitig die physischen und symbolischen Räume in der Kolonie, was es ermöglichte, die Macht noch weiter zu stärken.
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