Das Bootsgrab von Việt Khê – das reichste vorgeschichtliche Grab Südostasiens

Ergebnisse

Angesichts zahlreicher Unklarheiten zur Fund- und Bergungsgeschichte der fünf Baumsarggräber von Việt Khê wurde der Ort im September 2013 zusammen mit vietnamesischen Archäologen aufgesucht. Dank einiger Augenzeugen gelang eine genaue Rekonstruktion der Fundgeschichte (Reinecke 2015). 2014 ergab sich die Möglichkeit in den Südprovinzen Chinas Bootsgräber und Artefakte zu dokumentieren, die im Beigabenensemble von Việt Khê angetroffen wurden. 2015 konnten in Zusammenarbeit mit dem Nationalmuseum Vietnams und dem Klaus-Tschira-Archäometrie-Zentrum Mannheim sechs Holzproben verschiedener Objekte des Grabkomplexes (Sarg, Speerschäfte, Paddel) neu datiert werden. Im August 2016 wurde der Baumsarg, ursprünglich teil eines Einbaumsarges, im Nationalmuseum Vietnams in Hanoi durch Thomas Reuter (Dresden) gescannt. Nunmehr liegt eine auswertbare 3D-Rekonstruktion des Bootsteiles vor. Ebenfalls 2016 wurden Lederreste am Landesamt für Archäologie Sachsens in Dresden rekonstruiert und restauriert, wobei es sich um den Bezug eines Schildes oder um Reste eines Brustpanzers handeln könnte. Die Bronzen bestehen hauptsächlich aus Kupfer, dazu kommen 4 bis 20 Prozent Zinn, mit denen verschiedene Eigenschaften beeinflusst werden konnten: Bei Speerspitzen, Messern und Beilklingen diente der hohe Zinnzusatz der Härtung. Bei den Glocken veränderte er die Tonlage. In manchen Fällen wollten die Gießer mit dem Zinn wohl auch den Rotton des Kupfers aufhellen und einen weißgoldenen Glanz erreichen. Sie fügten zudem bis zu 21 Prozent Blei hinzu – in erster Linie, um den Schmelzpunkt abzusenken und damit die Gusseigenschaften zu verbessern. Drei Speerspitzen und drei Ringmesser ähneln sich in ihrer Metallzusammensetzung so sehr, dass die Forscher vermuten, alle sechs Objekte seien in der gleichen Werkstatt und nach derselben Rezeptur gefertigt worden. Sehr wahrscheinlich stammte das Kupfer für alle sechs Objekte aus der gleichen Erzlagerstätte. Bei den drei Messern ist sogar denkbar, dass sie nur von einer Bronzecharge gegossen wurden. Es handelt sich eindeutig um Produkte aus China, die der Tote vermutlich mit nach Nordvietnam gebracht hatte.

Es lassen sich erste Aussagen darüber treffen, wie nah Objekte aus Việt Khê anderen Bronzen stehen. Beispielsweise stammen eine ohrförmige Schale und ein ritueller Dreifußkessel nach archäologischen Kriterien sicher aus China. Ihre Bleiisotopenverteilung ähnelt tatsächlich der eines chinesischen Spiegels, der in Südthailand gefunden worden war. Sie stehen zudem zwei Schalen nahe, die zwar beide in Südostkambodscha ausgegraben worden sind, dem Typ nach jedoch ebenfalls aus China importiert wurden. Doch dieses Paket aus fünf Objekten ist höchstwahrscheinlich anderer Herkunft als die ebenfalls chinesische Gruppe der Ringmesser und Speerspitzen des Việt Khê-Grabes, denn beide unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Spurenelemente. Dieser zweiten Gruppe „chinesischer Bronzen“ steht die Bleisignatur der Bronzetrommel des Việt Khê-Grabes näher als den „heimischen Beilklingen“, obwohl Trommeln als typische Nan-Yue-Produkte gelten. Dieser irritierende Befund wird bestärkt, wenn man die Bleiisotopenwerte dieser Trommel mit denen von Bronzetrommeln aus sechs weiteren Fundstellen vergleicht. Für die Trommel von Động Xá etwa erwogen Archäologen bereits auf Grund seiner Verzierungen einen Import aus dem südchinesischen Yunnan. Diese Vermutung haben die Naturwissenschaften nun bekräftigt. Anhand der Bleiisotope wurde auch klar, dass das den analysierten sieben Đông-Sơn-Trommeln hinzu legierte Blei nicht aus einer, sondern wahrscheinlich aus mindestens drei verschiedenen Bleierzlagerstätten stammte.

Literatur und Downloads

Andreas Reinecke 2015. Die Geschichte eines der reichsten Fundkomplexe Südostasiens: Das Bootsgrab von Viet Khe. In: Mai Lin Tjoa-Bonatz und Andreas Reinecke (eds.) Im Schatten von Angkor. Archäologie und Geschichte Südostasiens. Darmstadt, 31-43.

Andreas Reinecke 2016. Das reichste Grab der Eisenzeit Vietnams. In: Andreas Reinecke (Hrsg.) Schätze der Archäologie Vietnams. Begleitband zur Sonderausstellung. Mainz, 398-423.

Andreas Reinecke (雷安迪) (2016) Viet Khe burial reconsidered: the boat-coffin tradition in Vietnam during the Han Dynasty period (越溪墓葬的再思考-越南发现的汉代船棺葬). In: Bai Yunxiang [白云翔] / Li Yinde [李银德](eds.), Han Dai Ling Mu Kao Gu Yu Han Wen Hua [汉代陵墓考古与汉文化] Archaeology on the Chinese Han Dynasty Burials and Culture. Beijing, 508-515.

Michael Bode / Andreas Reinecke 2017. Archäometrie: Alte Bronzen auf dem Prüfstand. In: 40000 Jahre Vietnam – Spektrum der Wissenschaft Spezial Archäologie – Geschichte – Kultur 3/2017, 32-39.

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