Forschung
Die Forschungsziele des South Qatar Survey Project waren aufgrund der hohen zeitlichen Diversität der Fundplätze sowie einem differenzierten Aufgabenfeld sehr unterschiedlich.
Mit den Forschungen in Asaila lag einer der Schwerpunkte des Projektes in der Dokumentation von Dichte und Vorkommen neolithischer Flintstreuungen von Geräten der Qatar-B-Gruppe. Anhand Ubayd-zeitlicher Fundstellen, die sich durch Keramikstreuungen, Muschelhaufen und charakteristisches Lithikinventar ausweisen, werden Studien zu Kontakten nach Mesopotamien durchgeführt. Generell zeigen die Küstenregionen eine hohe Varianz an Fundplätzen, die sich über mehrere Jahrtausende erstreckt.
Neben den prähistorischen Fundorten stand auch eine große Anzahl anderer Fundplätze aus Islamischer Zeit im Fokus der Untersuchungen, wie Khans, verlassene Dörfer, Gräber und Festungen. Darüber hinaus war auch die Aufnahme von Steinhügeln (‚cairns‛), temporären Beduinencamps, Feldmoscheen und Gebets-Mauern (qibla-walls), Brunnen oder Landmarken von Interesse, denn diese Fundstätten sind Teil des Kulturerbes, die auf eine alternierend intensive Besiedlungsgeschichte hinweisen.
Als weiteres Forschungsziel sind die Untersuchungen von verschiedenen Landschaftsformen und ihrer Nutzung zu nennen.
Die allgemeinen Surveytätigkeiten bestanden aus der analogen und digitalen Dokumentation von Fundorten, die von QM-Mitarbeitern bereits entdeckt wurden, sowie deren Umgebung – meistens rawdahs, Gräberfelder, steinzeitliche Siedlungen, Zeltplätze, Feldmoscheen. Die Survey-Methodik orientierte sich an den jeweiligen Bedürfnissen an den unterschiedlichen Fundstellen.
Der Brunnensurvey umfasste die Dokumentation aller anthropogenen Überreste in der Umgebung von Brunnen, um die Geländenutzung zu erfassen. Je ein Team beging einen definierten Quadranten, wobei die jeweilige Quadrantengröße und die Laufabstände entsprechend der Topografie angepasst wurde.
Im Rahmen des intensiven Regionalsurveys in der Region Asaila wurden topographisch relevante Quadranten intensiv in Transekten begangen (500x500 m Quadranten, Laufabstände 10–20 m, alle Strecken durch GPS-tracking dokumentiert). In jedem begangenen Quadranten wurde zusätzlich ein anhand der Fundstatistik ausgesuchter Bereich von 50x50 m vollständig abgesammelt. Im gesamten Untersuchungsgebiet wurden ausgewählte nicht begangene Quadranten zusätzlich mit Wagen und zu Fuß erkundet, um auffällige Strukturen zu erfassen.
Surveys, die im Zusammenhang mit Kulturerhalt und akuter Bedrohung durch Baumaßnahmen standen, fanden entlang bereits bestehender Straßen und Bahntrassen statt, die in naher Zukunft ausgebaut werden würden. Die Tätigkeiten wurden sowohl als Fußsurveys von kleinen Teams als auch teilweise in Form von Befahrung der Straßenseitenstreifen durchgeführt.
Katar bildet zwar nur einen sehr kleinen Teil der Fläche der arabischen Halbinsel und nur einen kurzen Abschnitt der Golfküste, aber dennoch können hier entscheidende Forschungsfragen ansetzen. Aus der chronologischen Perspektive ergeben sich somit differenzierte Schwerpunkte wissenschaftlicher Fragestellung.
Paläolithikum: Haben bereits im Paläolithikum Menschen in diesem Gebiet Spuren hinterlassen? Die Frage nach paläolithischen Zeugnissen in Katar wird in der Forschung derzeit kontrovers diskutiert.
Frühes Neolithikum: Mit der Qatar-B-Feuersteinindustrie ist auf der arabischen Halbinsel allein in Katar eine Technologie bezeugt, die zweifelsohne Beziehungen zum levantinischen PPNB (Vorkeramisches Neolithikum B) aufweist. Welche Rolle spielt Katar im Neolithisierungsprozess der Arabischen Halbinsel?
Mittleres Neolithikum: Eine Feuersteinindustrie ist vergesellschaftet mit Keramik der südmesopotamischen Ubayd-Kultur (5. Jt. v. Chr.). Katar bildet die Grenze zwischen dem intensiv besiedelten Westteil und dem nur spärlich besiedelten Ostteil der südlichen Golfküste. Welche Rolle spielte Katar als Grenze?
Die Bronze- und Eisenzeit ist im benachbarten Bahrain eine Zeit kultureller Blüte. Bisher gibt es jedoch keinerlei Nachweis einer Landnutzung vom 4. Jt. v. Chr. bis ins 1. Jt. n. Chr. in Südkatar. Welche Ursachen führen zu dieser Erscheinung?
Islamisches Zeitalter: Nachweise für Besiedlung und vorwiegend transhumanter Lebensweisen nehmen in Südkatar deutlich zu. Chronologische Fragen stehen hier zunächst im Vordergrund, um die einzelnen Phasen genauer datieren zu können.
Neuzeit: Die jüngste, circa 200 Jahre umspannende Geschichte Katars war archäologisch, historisch und ethnologisch lange nur unzureichend erforscht, ist aber Inhalt aktueller Projekte internationaler Teams. Die Bildung von Siedlungen und Städten, aber auch Handel, Subsistenz und politische Entwicklungen werden vor dem Hintergrund lokaler Entwicklungen und äußerer Einflüsse beleuchtet.
Neben diesen chronologisch relevanten Aspekten der Siedlungsgeschichte Katars waren insbesondere im SQSP auch allgemeine Fragestellungen von Interesse, die sich mit Besiedlungsgeschichte und Besiedlungskontinuität in ariden Gebieten beschäftigen. Auch Besiedlungsweisen in Zusammenhang mit Landschaftsräumen standen im Fokus, ebenso wie Phänomene, die den Übergang von mobiler zu sesshafter Lebensweise markieren.
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