Forschung
Teilprojekte
Die frühbronzezeitlichen Hortfunde Malchin II, Dermsdorf und Boest – Fundkontext, Landschaftsbezug und Objektanalyse
Die neuentdeckten frühbronzezeitlichen Hortfunde Malchin II, Dermsdorf und Boest eröffnen durch detaillierte Untersuchungen des Fundumfeldes und der Objekte neue Aussagen zu Deponierungspraktiken und die Einbindung der Fundkomplexe in den sozialen, rituellen, politischen und ökonomischen Raum. Im Fall von Dermstorf befand sich das Depot in einem Gefäß unter einer Türschwelle eines besonders großen Hauses, bei Malchin ist der signifikant hohe Fragmentierungsgrad aufgefundener Stabdolchteile ein klarer Beleg für die dort ausgeübte Deponierungspraxis. Bei Umfelduntersuchungen eines Metalldetektorfundes in Boest (DK) wurde eine ca. 300 m lange vierreihige Pfostenreihe entdeckt, die eine Moorniederung mit einem Grabhügel verbindet. In einem der Pfostenlöcher fanden sich Beile, in einem gegenüberliegenden ein Komplex aus mehreren Goldringen.
Angestrebt ist die Vernetzung der beteiligten Forschenden, ein Abgleich der Forschungsansätze und Interpretationsrahmen. Durch einen systematischen Vergleich der frühbronzezeitlichen Horte sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Deponierungspraktiken, ihren räumlichen Kontexten und ihren Hintergründen näher untersucht werden. Ferner gilt es, die konkreten empirischen Beispiele auf mögliche Standards für ein holistisches Forschungsdesign zur Analyse von Deponierungen zu prüfen. Bestandteil dieses wären umfassende materialtechnische Untersuchungen und die Erforschung des landschaftsarchäologischen Kontextes der Fundkomplexe.
Der Bronzefundkomplex von Buchholz in Niederaschen
Auf einem Acker in der Nähe von Buchholz (Ldkr. Rotenburg/Wümme) in Niedersachen, ca. 30 km östlich von Bremen gelegen, wurden in den letzten Jahren mehrere Nierenarmringe, ein Vollgriffmesser mit Doppel-T-Griff (Typ Barriën-Bülten/Vejby) sowie eine Scheibenkopfnadel Var. Ketzendorf gefunden. Sie datieren in die jüngere Bronzezeit und zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Periode IV nach Montelius. Neben einer Diskussion, ob die Funde Überreste eines Depots oder Grabes darstellen und wie dieser landschaftlich eingebettet ist, bietet der Fundkomplex einen geeigneten Anlass, mit Hilfe archäometallurgischer Analysen die Produktion und Verzierung (inkl. der Frage nach potentiellen Werkstätten), aber auch den zeitgenössischen Umgang mit den Bronzen zu untersuchen. Nicht zuletzt regt der Fund jedoch auch zu einer kritischen Reflexion der bisherigen archäologischen Kulturgruppendiskussion und der Frage nach Art und Umfang der Interaktion mit in den heutigen Niederlanden, Dänemark und Süddeutschland ansässigen bronzezeitlichen Gemeinschaften an.
Gaben – Gruben – Gräber: Deponierungspraktiken in Europa von der Spätlatène- bis zur Mittelkaiserzeit
Im Zentrum des Projekts stehen Deponierungen von unterschiedlichen Gegenständen aus der Zeit zwischen dem 3. Jh. v. bis zum 3. Jh. n. Chr. Dies sind Keramik, Schmuck, Werkzeuge und Waffen, Inschriften sowie Münzen. Hier tragen auch verschiedene Naturwissenschaften wesentliche neue Erkenntnisse bei (Fleisch und Früchte). Die Ansprache der Funde als gezielte Deponierungen hängt ganz wesentlich von ihrem Umfeld ab. Dies sind sog. structured depositions in und um Siedlungen, oder Deponierungen in Heiligtümern, die am Ende der Latènezeit vermehrt aufkommen. Innerhalb des Römischen Reiches sind es vor allem Baustrukturen, wie z. B. städtische Tempelarchitektur oder gallo-römische Umgangstempel, aber auch Kultschächte und Brandopferplätze, in deren Kontext Deponierungsprozesse unterschiedlicher Art und Zusammensetzung archäologisch gefasst werden können. Außerhalb des Imperiums hingegen, wo gebaute Heiligtümer weitgehend fehlen, sind es in erster Linie die Kriegsbeuteopfer und Moorfunde sowie reiche Gräber, die besondere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Niederlegungen an Quellen (Seine, Bad Pyrmont) verbinden beide Räume.
Für eine vergleichende Untersuchung zu (de-)sakralen Deponierungspraktiken in einem sich von der französischen Atlantikküste bis zur oberen Donau und von Skandinavien bis Norditalien erstreckenden Raum wird ein webbasiertes GIS aufgebaut, in das neben Daten zur Art, Form und Architektur des Deponierungsplatzes (Brandopferplatz, Tempel, Gewässer, usw.) auch Informationen zu den deponierten Objekten und Deponierungspraktiken aufgenommen werden. Damit werden kulturübergreifende weitreichende Vergleiche zwischen den Deponierungspraktiken links- und rechtsrheinisch und von Skandinavien bis nach Oberitalien ermöglicht, die einen neuen Blick auf die Entstehung, Verbreitung und Aufgabe von Bauformen und Kultpraktiken geben. Schwerpunkte bilden zum einen Fibeln – auch als Grundlage für die Auswertung der Fibelfunde aus NIDA/Heddernheim –, zum anderen die Rolle von Münzen, die in den verschieden Gebieten und zu verschiedenen Zeiten sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Funktionen dienen konnten.
Neben Literaturstudien dienen als Datengrundlage die RGK-Projekte „Corpus der Römischen Funde im Europäischen Barbaricum“ und „Antike Fundmünzen in Europa“.
Sakralbereich Nida
Der im Frankfurter Nordwesten, im römischen Nida, in den letzten Jahre ausgegrabene zentrale Sakralbereich zeichnet sich durch zahlreiche sogenannte „Opferschächte und -gruben“ aus. Das Areal ist nahezu vollständig archäologisch untersucht. Bei den Ausgrabungen wurde darauf geachtet, eine umfangreiche und detaillierte Auswertung insbesondere auch unter naturwissenschaftlichen Aspekten zu ermöglichen. In enger Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern werden von der RGK die Fibeln bearbeitet und ausgewertet, wobei vor allem auch auf Fragen der Nutzung und Deponierung eingegangen werden soll. Damit nimmt die Auswertung der Fibeln Forschungsansätze der Projekte Waldgirmes und Dünsberg auf. Der Umgang mit Objekten im Zuge von Deponierungen soll anhand ausgewählter Funde insbesondere mit Hilfe des Digitalmikroskops untersucht werden. Zudem werden die Funde menschlicher Skellete im Heilitgutum vergleichend analysiert. Unter Hinzuziehung vergleichender Ansätze zu Deponierungspraktiken sollen dabei Fragen nach der (De)Sakralisierung von Raum nachgegangen werden.
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