Mušov in Mähren - Wandel ohne Annäherung? Interaktionen zwischen Barbaren und dem Römischen Reich

Bronzekessel mit Suebenkopfattaschen aus dem Prunkgrab von Mušov. © RGK Frankfurt // Gabriele Rasbach (RGK)

Forschung

Fragestellung

Die historisch-archäologischen Untersuchungen zu den Markomannenkriegen und ihren Spuren in Mähren liegen Fragen nach den Auswirkungen zugrunde, die die römische Präsenz in dem germanisch besiedelten Umfeld (sog. „Königsgrab“ von Mušov) hatte. Diese Kontakte sind auch in den Beigaben des sog. Königsgrabes erkennbar, das etwa eine Generation älter ist. Wie aber entwickelte sich das Siedlungsgefüge in der Region nach dem Abzug der Römer (z. B. Metallrecycling in der Siedlung Pasohlavky oder in der Bauweise)? Die Kessel mit Suebenkopfattaschen lassen ein weites Beziehungsgeflecht innergermanischer Beziehungen erkennen. Wie veränderte sich dies nach den Markomannenkriegen  (superiores barbarii)? Und darauf aufbauend, ergibt sich die Frage, welche römischen Strategien zur Konfliktbewältigung im Anschluss an die Markomannenkriege sind erkennbar u.a. im Lichte südskandinavischer Heeresbeuteopfer? Und welche Strategien der Abgrenzung und Anpassung der indigenen sozialen Formationen zum Römischen Reich sind im Lichte der materiellen Hinterlassenschaften fassbar? Alle diese Fragen münden in  Überlegungen über den Einfluss Roms auf die Entwicklung und Formierung innergermanischer sozialer Strukturen und damit auf die ökonomische und geistig-kulturelle Entwicklung im mitteleuropäischen Barbaricum.

Forschungsgeschichte

Die Erforschung des Fundplatzes Mušov begann mit der Entdeckung des Prunkgrabes 1988 bei Auskiesungsarbeiten am Ufer der Thaya. Das Grab war alt beraubt, enthielt aber noch Bronzegeschirr - darunter einen Kessel mit vier Attaschen in Form von Suebenköpfen - und zahlreiche andere Objekte aus dem römischen Reich.

Im Vorfeld der Errichtung der Talsperre bei Nové Mlýny bis heute finden Rettungsgrabungen um den Hügel (Burgstall) von Mušov statt, die neben Siedlungsspuren aus dem Neolithikum und der Bronzezeit ein ausgedehntes Areal römischer Militäreinrichtungen sowie germanische Siedlungsspuren freigelegt haben. Ertragreich ist auch der Einsatz geophysikalischer Methoden, die u.a. temporär genutzte römische Militäranlagen und einen über 2000 m langen Sperrgraben nachwiesen, der das Areal um den Burgstall nach Norden abschließt.

Die Forschungen der RGK bauen auf Feldforschungen zu den temporären Lagern und dem germanischen Gräberfeld von Sekule (Slowakei) auf, die die RGK gemeinsam mit der Archeologický ustav SAV durchgeführt wurden (publiziert 2016 „Römische Feldlager und germanische Siedlungslandschaft nördlich der mittleren Donau“; Vorbericht zum Gräberfeld von Sekule an der March).

Mušov. Plan der Bodenbefunde auf und um den Burgstallhügel. © RGK Frankfurt / Höhenmodell: AÚ AVČR Brno // Gabriele Rasbach (RGK)
Mušov. Plan der geomagnetischen Messungen auf dem Burgstallhügel. Zu erkennen sind römische Gräben und Bebauungsspuren sowie der Kreisgraben eines bronzezeitlichen Grabhügels. Schraffiert sind die Grabungsflächen. © RGK Frankfurt / AÚ AVČR Brno // Gabriele Rasbach (RGK)
Bronzegefässe aus dem Prunkgrab von Mušov. Im Vordergrund der Kessel mit vier Attaschen in Form von Suebenköpfen. © RGK Frankfurt // Gabriele Rasbach
Mušov. Bronzekessel mit Darstellung eines Germanen mit dem für Sueben typischen Haarknoten. © DAI + RGK // Gabriele Rasbach (RGK)