Siedlungsdynamik und Urbanisierung in Gadara / Umm Qays ab dem Hellenismus

Luftbild vom Grabungsareal © DAI // Günther Schauerte

Raum & Zeit

Raum

Gadara entwickelte sich im Laufe von fünf Jahrhunderten von einer Kuppenfestung in hellenistischer Zeit zu einer offenen, linear organisierten römischen Stadt. Das Stadtgebiet dehnte sich in der Folgezeit weit nach Westen auf die fruchtbare Hochebene der Ard al'Ala aus.  Die mit Basalt gepflasterte, Ost-West orientierte Hauptverkehrsachse durchquerte das Stadtgebiet und verband Gadara mit dem überregionalen Verkehrsnetz. Entlang dieser Achse sind die meisten öffentlichen Gebäude aufgereiht, während die Wohnviertel in einer zweiten Reihe dahinter gebaut wurden. Diese städtische Organisation wurde auch in der byzantinischen Zeit beibehalten und unter anderem durch zahlreiche Kirchenkomplexe erweitert. In der Umayyadenzeit verlagerte sich der Siedlungsschwerpunkt in das westliche Stadtgebiet, ohne dass größere Bauaktivitäten in den archäologischen Aufzeichnungen erkennbar sind. Ein großes Erdbeben in der Mitte des 8. Jahrhunderts zerstörte große Teile der Stadt. In der Folgezeit, unter der Herrschaft der Abbasiden, Ayubiden und Mamluken, blieb Gadara eine kleine Siedlung mit eher ländlichem Charakter.

Zeit

Die Quellen berichten, dass die ptolemäische Festung Gadara im Rahmen der Ausdehnung des Seleukidenreichs um 200 v. Chr. durch Antiochos III. erobert wurde. Ob eine ältere Siedlung auf der Hügelkuppe bestanden hat, konnte bisher archäologisch noch nicht eindeutig belegt werden. Die heute das Erscheinungsbild des Siedlungshügels prägende Befestigungsanlage wurde vermutlich 200 v. Chr. als Grenzfeste zwischen dem Ptolemäerreich im Süden und dem Seleukidenreich im Norden angelegt. Bald nach 100 v. Chr. eroberte und zerstörte der Hasmonäer Alexander Jannäus die Stadt Gadara. Unter Pompeius wurde Gadara 64 v. Chr. dem Römischen Reich einverleibt. Die Stadt unterstand in der Folgezeit vorübergehend der Herrschaft des Herodes und erhielt im weiteren Verlauf als eine unabhängige Stadt Aufnahme in der sog. Dekapolis, einem Verbund des Römischen Reiches.

Gadara behielt auch unter wechselnden Herrschern – wie Ptolemäern, Seleukiden, Hasmonäern und Römern – sowie sich wandelnden Bevölkerungsstrukturen seine Bedeutung. Ab dem 5. Jh. n. Chr. zunehmend christianisiert, zeichnet sich in byzantinischer Zeit ein erneuter Aufschwung für die Stadt ab, der auch nach der Schlacht am Yarmouk 636 n. Chr. unter islamischem Einfluss nicht abbrach. Erst schwere Erdbeben im 7. und 8. Jh. brachten für die Siedlungskontinuität in Gadara eine Zäsur.