Forschung
Hellenistische Kunst zwischen Seleukiden und Arsakiden
Das kunstgeschichtliche Interesse an den Statuen aus Kal-e Chendar konzentrierte sich bisher auf zwei Statuen, nämlich den jüngst rekonstruierten „Hellenistischen Herrscher“ und den „Partherfürsten“. Dagegen nimmt das hier vorgestellte Projekt sämtliche Skulpturen des Fundkomplexes in den Blick. Sie bilden zwei Gruppen: Während die „griechischen“ Statuen sich deutlich an griechischen Darstellungskonventionen orientieren oder Figuren der griechischen Mythologie zeigen, sind die „iranischen“ Statuen „un-griechisch“ dargestellt, nämlich langhaarig und in weite Hosen und Mäntel gehüllt. Zwar sind diese beiden Gruppen nicht a priori als zeitlich aufeinander folgend zu deuten, doch spricht einiges dafür, dass die Skulpturen aus dem gesamten Zeitraum von der Mitte des 2. Jhs. v. Chr. bis in das 1./2. Jh. n. Chr. datieren. Sie können also Aufschluss über die stilistische Entwicklung von der späten hellenistischen Epoche des Iran bis in die Arsakidenzeit geben – eine Entwicklung, die sich sonst an kaum einem anderen Fundkomplex des Nahen und Mittleren Ostens ablesen lässt.
Archäologische und kunsthistorische Fragen
Obwohl einzelne Skulpturen des Fundkomplexes durchaus bekannt sind, wurden sie bisher nicht im Zusammenhang betrachtet und als figürliche Ausstattung eines antiken Heiligtums ausgewertet. Wen stellen die Skulpturen überhaupt dar? Wie ist das inhaltliche und chronologische Verhältnis der Skulpturen zueinander und ihr Verhältnis zum Heiligtum, in dem sie einst präsentiert wurden? Diesen Fragen widmet sich der archäologische Teil des Projektes. Ziel der kunsthistorischen Betrachtungen ist es, die Skulpturen stilistisch und chronologisch in die Geschichte hellenistischen und „parthischen“ Plastik einzuordnen. Damit bezieht sich das Projekt auf die aktuelle Forschungsdiskussion über die Kunst im Arsakidenreich, erweitert diese aber um die Perspektive auf die Elymais (antike Landschaft im heutigen Khuzestan) als ein mögliches Kunstzentrum hellenistischer und parthischer Zeit. Schließlich geht es auch um die technikgeschichtliche Einordnung der Bronzestatuen anhand ihrer Herstellungstechnik und elementaren Zusammensetzung. Das Projekt erschließt damit erstmals Bronzen aus dem Osten der hellenistischen Welt für Forschungen zu antiken Großbronzen.
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