Repariert und umgestaltet. Eine Studie zu Lebenszyklen antiker Bauteile am Beispiel der Architekturterrakotten Pompejis

Forschung

Die Gruppe der Architekturterrakotten wurde im Zusammenhang der pompejanischen Architektur- und Baugeschichte bisher nur wenig beachtet. Das ist insofern besonders bedauernswert, da die Terrakotten vielfache Spuren von Herstellung und Veränderung aufweisen und daher detaillierte Auskunft zu bauökonomischen Strategien geben können. Die weitgehende Vernachlässigung dieser Objektgruppe ist dem schlechten Publikationsstand geschuldet. Zwar reicht die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den pompejanischen Terrakotten bis ins 19. Jh. zurück. Noch immer gilt die von H. von Rohden bereits 1880 vorgelegte Arbeit „Die Terracotten von Pompeji“ als Grundlagenwerk. Eine systematische Aufarbeitung unter Berücksichtigung neuer Funde erfolgte im Anschluss an die Arbeit von Rohdens allerdings nicht mehr. In jüngerer Vergangenheit wurden zwar vereinzelte Arbeiten zu Teilaspekten und Einzelstücken veröffentlicht, eine adäquate Gesamtbetrachtung dieser wichtigen Bauteilgruppe steht jedoch weiterhin aus.

Ziel des Projektes ist die Vorlage einer eingehenden Analyse der mit den pompejanischen Architekturterrakotten verbundenen Konzepte und Strategien innerhalb der lokalen Bauindustrie Pompejis. Die Arbeit wird am Ende des Projektes in einem ausführlichen Aufsatz als enhanced publication unter Implementierung der im Projekt erhobenen Daten veröffentlicht.

In den sog. Forumsdepots (depositi „Granai del Foro“) des Parco Archeologico di Pompei ist eine große Zahl an bisher weitgehend unveröffentlichten Architekturterrakotten eingelagert. Im beantragten Projekt wird dieses bedeutende Konvolut erstmals systematisch bauhistorisch untersucht.

Im Sinne des übergeordneten Ziels zur bauhistorischen Betrachtung der pompejanischen Architekturterrakotten werden für das Projekt vier spezifische Teil-Ziele definiert:

a) die Dokumentation und Publikation der bisher unveröffentlichten Architekturterrakotten aus den Depots des Parco Archeologico di Pompei

b) die Identifizierung der dokumentierten Stücke und die Rekonstruktion ihrer Provenienz

c) die bauhistorische Analyse der untersuchten Architekturterrakotten im Kontext

d) die Publikation der Analyseergebnisse

Das Projekt betrachtet die zu untersuchenden Stücke vorrangig als Träger von Informationen zu bau- und konstruktionsgeschichtlichen Phänomenen. Dabei folgt die Untersuchung den für die Lebenszyklusanalyse (LCA) definierten Abschnitten in der Lebensdauer eines Bauteils von der sog. Herstellungsphase, über die Errichtungsphase bis zur Nutzungs- und Entsorgungsphase.

Es ergeben sich für die Untersuchung insbesondere folgende fünf Leitfragen:

- Welche Rolle spielten Terrakotten als „standardisierte Massenware“ im architektonischen Entwurf?

- Welche Herstellungs- und Distributionsprozesse können nachvollzogen werden?

- Welche konstruktiven Zusammenhänge bestehen zwischen Terrakottadekoration und Dachkonstruktion und wie erfolgte der Versatz am Bau?

- Welche Instandhaltungs- und Umbaukonzepte werden an den Terrakotten ersichtlich?

- Welche Rolle spielte die Produktion von Architekturterrakotten in der pompejanischen Bauwirtschaft? Kann eine diachrone Entwicklung nachvollzogen werden?