Ergebnisse
Grabungsergebnisse
Am Ende der vierten Feldkampagne im Jahr 2019 konnte in fast allen Bereichen des Grabungsschnittes der natürlich anstehende, fundleere Boden erreicht und somit die Grabung abgeschlossen werden. Die entdeckten Funde und Befunde haben wichtige Informationen zum stratigraphischen Aufbau und zur Funktion des untersuchten Hügels und seiner Umgebung geliefert, sodass eine abschließende Interpretation möglich war.
In präkolumbischer Zeit nahm der ergrabene Hügel einen zentralen Platz innerhalb einer Siedlung ein, welche sich auf einer Terrasse am Westufer des Rio Davíd erstreckte. Anhand des geborgenen Fundmaterials lässt sich die Nutzung in die späte Selin-Periode (900-1000 n. Chr.) und die Cocal-Zeit (1000-1525 n. Chr.) datieren.
Bereits vor Beginn der Grabungsarbeiten zeichnete sich der Grabungsplatz durch eine ausgesprochen große Anzahl obertägig sichtbaren Fundmaterials aus. Diese Funddichte setzte sich im Ausgrabungsprozess zunächst fort, sodass die ersten zwei Grabungskampagen (2016 und 2017) dafür verwendet wurden, ein relativ homogenes Schichtpaket mit großen Fundmengen von etwa einem Meter Mächtigkeit auszuheben. Dieses setzte sich in erster Linie aus einer großen Menge grob zerscherbter, teils aufwendig verzierter und mit Applikationen versehener Gefäßkeramik zusammen, jedoch konnten auch Tierknochen, Muscheln, Obsidianfragmente, Steinartefakte und einige Grünsteinperlen geborgen werden. Zudem lassen sich einige Funde als Sonderfunde ansprechen, da sie aus der Masse des Fundmaterials klar hervortreten. Hierzu gehören etwa eine kleine Figur aus Tierknochen, mehrere intakte oder fragmentiere Rollsiegel, ein sogenannter Rindenbastklopfer sowie drei vollständige und mehrere zerscherbte Tonflöten (sog. Ocarinas).
Unterhalb der Keramikschicht konnten mehrere Nutzungshorizonte nachgewiesen werden, die mit den darin enthaltenen Pfostenlöchern, Gruben, Brandstellen und Böden von Siedlungstätigkeit und Bebauung des Bereichs auf dem Hügel und darum zeugen. Eine Anhäufung von verziegelten Lehmstücken gibt Aufschluss über die Bauweise der Häuser, da anhand von Abdrücken auf den Lehmstücken eine Konstruktion aus Holzbalken und Schilfrohr mit Lehmbewurf (sog. Bajareque) rekonstruiert werden konnte. Jill Mattes beschäftigte sich in ihrer Bachelorarbeit (2019) tiefergehend mit der präkolumbischen Architektur in Nordosthonduras.
Zu einem späteren Zeitpunkt wurden insbesondere im Zentrum des Hügels (Grabungseinheit 1) und in dessen Peripherie (Grabungseinheit 4) mehrere tiefe Grube eingebracht, welche in Grabungseinheit 1 zahlreiche Tierknochen mit Brandspuren sowie auffällig große Holzkohlestücke enthielten und damit Hinweise auf eine örtliche Verbrennung, etwa von Holzpfosten, geben. Die Befunde in Grabungseinheit 4 stellten sich hingegen als Grabgruben heraus, in denen die Überreste von mindestens fünf Individuen registriert werden konnten, von denen wiederum zwei Bestattungen in Form von Blockbergungen entnommen wurden. Da die Bestattungen stratigraphisch mit der Anhäufung von Keramik und anderem Fundmaterial oberhalb der Siedlungsschichten in Verbindung gebracht werden können, lässt sich ein Zusammenhang der Gräber mit Keramikdeponierungen im Rahmen gewisser Festlichkeiten annehmen. Auch in der archäologischen und ethnohistorischen Fachliteratur zu Nordosthonduras und Zentralamerika finden sich Hinweise auf ähnliche Befundsituationen und die Verbindung von Bestattungszeremonien und ausgiebigen Festen.
Da die anthropologische Analyse der menschlichen Überreste noch aussteht und aufgrund der Covid-19-Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben werden musste, können über die bestatteten Individuen bisher nur vorläufige Aussagen getroffen werden. Allerdings fiel bereits während der Freilegung und Entnahme der Knochen als Blockbergungen auf, dass der Erhaltungszustand der Skelette zwar insgesamt schlecht ist, den Bestatteten allerdings einzelne Körperteile komplett fehlen. Bei einem der Individuen konnte so beispielsweise der Torso, der linke Arm sowie die Unterschenkel und Füße in anatomisch korrekter Anordnung vorgefunden werden, während die Überreste des rechten Arms, der Schädel sowie Becken- und Oberschenkelknochen gänzlich fehlen. Zudem konnte im östlichen Teil des Grabungsschnittes ein einzeln liegender Schädel geborgen werden, welcher bisher noch nicht mit Sicherheit einem der Individuen zugeordnet werden konnte.
Diese Auffälligkeiten könnten natürlich einerseits auf den grundsätzlich sehr schlechten Erhaltungszustand der Knochen oder eine Verschleppung einzelner Körperteile durch Tiere oder Erdbewegungen zurückgeführt werden. Da jedoch in der Literatur immer wieder von fehlenden oder deplatzierten Knochen bei Bestattungen berichtet wird und zusätzlich in ethnohistorischen Quellen zu verschiedenen ethnischen Gruppen (Sumu und Miskito) das Ausgraben und die sekundäre Nutzung von Bestattungen und den darin enthaltenen menschlichen Überresten beschrieben wird, könnten die Auffälligkeiten der Befunde in Guadalupe und an anderen Fundplätzen andererseits auch als rituell motivierte Nachnutzung gedeutet werden. Um diese Überlegungen zu bestätigen, müssen jedoch vorerst die anthropologischen Analysen der geborgenen Knochen abgewartet werden.
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https://projectdb.dainst.org/fileadmin/Media/Projekte/2894/Bilder/Museum_Guadalupe_Virtueller_Flug_M_Lyons_DAI_KAAK.mp4 Im fertigen Museum, hier aus der Vogelperspektive zu sehen, werden ausgewählte archäologische Funde aus den Grabungen in Guadalupe ausgestellt, um der lokalen Bevölkerung und Tourist*innen einen Teil der vorspanischen Geschichte des Ortes zugänglich zu machen.
https://projectdb.dainst.org/fileadmin/Media/Projekte/8/e-Forschungsbericht_Kampagnen_2016_2017.pdf M. Reindel/ P. Fux/ F. Fecher, Guadalupe, Honduras. Kulturelle Interaktion und vorspanische Siedlungsgeschichte im Nordosten von Honduras. Die Arbeiten der Jahre 2016 und 2017. In: e-Forschungsberichte 2017/2, S. 89-92.
https://projectdb.dainst.org/fileadmin/Media/Projekte/8/e-Forschungsbericht_Kampagne_2018.pdf M. Reindel/ P. Fux/ F. Fecher, Guadalupe, Honduras. Kulturelle Interaktion und vorspanische Siedlungsgeschichte im Nordosten von Honduras. Die Arbeiten des Jahres 2018. In: e-Forschungsberichte 2019/2, S. 113-116.
https://projectdb.dainst.org/fileadmin/Media/Projekte/8/Jahresbericht_SLSA_Kampagne_2016.pdf M. Reindel/ P. Fux/ F. Fecher, Archäologisches Projekt Guadalupe: Bericht über die Feldkampagne 2016. In: SLSA Jahresbericht 2016 (2017), S. 31-46.
https://projectdb.dainst.org/fileadmin/Media/Projekte/8/Jahresbericht_SLSA_Kampagne_2017.pdf M. Reindel/ P. Fux/ F. Fecher, Archäologisches Projekt Guadalupe: Bericht über die Feldkampagne 2017. In: SLSA Jahresbericht 2017 (2018), S. 31-47.
https://projectdb.dainst.org/fileadmin/Media/Projekte/8/Jahresbericht_SLSA_Kampagne_2018.pdf M. Reindel/ P. Fux/ F. Fecher, Archäologisches Projekt Guadalupe: Bericht über die Feldkampagne 2017. In: SLSA Jahresbericht 2018 (2019), S. 35-48.
https://projectdb.dainst.org/fileadmin/Media/Projekte/8/Jahresbericht_SLSA_Kampagne_2019.pdf M. Reindel/ P. Fux/ F. Fecher, Archäologisches Projekt Guadalupe: Bericht über die Feldkampagne 2017. In: SLSA Jahresbericht 2019 (2020), S. 43-59.
https://projectdb.dainst.org/fileadmin/Media/Projekte/8/The_Ceramic_Finds_From_Guadalupe_JoGA_2020.pdf F. Fecher et al., The ceramic finds from Guadalupe, Honduras: Optimizing archaeological documentation with a combination of digital and analog techniques. In: Journal of Global Archaeology 2020, S. 7-41.
https://projectdb.dainst.org/fileadmin/Media/Projekte/8/Ceramic_Fabric_Classification_of_Petrographic_Thin_Sections_with_Deep_Learning.pdf M. Lyons, Ceramic Fabric Classification of Petrographic Thin Sections with Deep Learning. In: Journal of Computer Applications in Archaeology 4/1 (2021), S. 188–201.
https://projectdb.dainst.org/fileadmin/Media/Projekte/8/Bachelorarbeit_Jill_Mattes_geschwaerzt.pdf Bachelorarbeit von Jill Mattes mit dem Titel "Präkolumbische Architektur in Nordost-Honduras" (2019)
https://projectdb.dainst.org/fileadmin/Media/Projekte/2894/Dokumente/Literaturliste_Projekt_Guadalupe.pdf Literaturliste Projekt Guadalupe
Museum Rietberg | «Die vergessene Küste – Archäologie in Honduras»: Dokumentarfilm (youtube) Die vergessene Küste - Dokumentarfilm zum Projekt Guadalupe in Honduras
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