Späte Nomaden im Orchon-Tal – Die frühuighurische Hauptstadt Karabalgasun

Fragment des Inschriftensteins von Karabalgasun, im Hintergrund der 9 Meter hohe Wall der Zitadelle. © DAI KAAK // Anonym

Raum & Zeit

Raum

Mit einer Fläche von mindestens 32 km² liegt Karabalgasun am westlichen Ufer des Orchon in der zentralasiatischen Steppe, ca. 30 km nord-nordwestlich von Karakorum und etwa 300 km von der Hauptstadt Ulaanbaatar entfernt. Das obere Orchon-Tal ist – der alttürkischen Königsideologie zufolge – als „Ötükän-Gebiet“ eine heilige Landschaft.

Zeit

Als nach der Ermordung des letzten bedeutenden osttürkischen Herrschers Bilge Khagan (734) das zweite (Ost)Türkische Reich zerfiel, trat das Großreich der Uighuren an seine Stelle. Im Ötükän-Hain, im alten geheiligten Reichszentrum der Xiongnu und Türken im Orchon-Tal, „der Mitte der Welt“, gründete Kutlug Bilge Khagan um 744/45 die uighurische Hauptstadt Ordu Balik, heute auch als Karabalgasun („schwarze Stadt/Ruine“) bekannt.

Der Araber Tamīm ibn Bahr al-Muttawwi’ī nennt Karabalgasun um 821 die „Stadt des Königs“ und beschreibt sie als eine „große Stadt, reich an Landwirtschaft“. Um 840 wurde die Stadt von den Jenissei-Kirgisen erobert und zumindest in Teilen zerstört. Archäologische Indizien für eine spätere Besiedlung sind bisher nicht bekannt. Eine mongolenzeitliche Bestattung im Bezirk HB1, die bei den Grabungskampagnen der MONDOrEx freigelegt wurde, belegt ebenso wie schriftliche Quellen (und die geographische Nähe zur altmongolischen Hauptstadt Karakorum), dass die Ruine Karabalgasuns den späteren Mongolen bekannt war. Darüber hinausgehende Nachnutzungen sind jedoch bislang nicht bekannt.

Mit dem Angriff der Jenissei-Kirgisen endete das Uighurenreich, die zweite bedeutende nomadische Reichsbildung auf mongolischem Boden. Ein großer Teil der flüchtenden Uighuren wandte sich nach Sinkiang (Ostturkestan) und gründete dort neue Kleinkönigtümer und Stadtstaaten wie Qočo, in denen vor allem die Kunst eine neue Blüte erlebte.