Forschung
Die der archäologischen, bauhistorischen und kulturgeografischen Untersuchung der Nekropole von Dra‘ Abu el-Naga zugrunde liegenden Fragen gelten der Beschaffenheit und Gestalt von Grab, Bestattung und Nekropole sowie den verschiedenen Faktoren, die ihre Entstehung und Entwicklung bedingen und beeinflussen: Warum werden Gräber an einem bestimmten Ort angelegt? Welche Form haben sie und wie sind sie ausgestattet? Wer (welche soziale Gruppe) lässt sich an einem Ort bestatten? Gibt es Verteilungsmuster und worauf sind diese zurückzuführen? Inwieweit und in welchem Maße können archäologische Ergebnisse zur Klärung historischer, soziologischer, ökonomischer, prosopographischer, religiöser und ritualbezogener Aspekte der in den Grabanlagen bestatteten Bevölkerung des alten Theben beitragen? Diesen Fragen wird durch die Anwendung unterschiedlicher Forschungsansätze und Methoden (siehe dort) nachgegangen.
Die im Projekt angewendeten Methoden sind die stratigrafische Ausgrabung, architektonischer Survey – im tachymetrischen und im Structure from Motion-Verfahren (SfM) wie auch im Handaufmaß – und ein ebenfalls SfM-basierter topografischer Survey. Hinzu kommen die epigrafische Aufnahme ...
Das übergreifende Forschungsziel der Unternehmung ist es, die Formation und Entwicklung der Nekropole von Dra‘ Abu el-Naga nachzuzeichnen und dabei die chronologischen, sozialen und religiösen internen wie auch externen Zusammenhänge zu verstehen. Ein Fokus der archäologischen und baugeschichtlichen Forschung liegt auf der Form und Architektur von Gräbern, ihrer Konfiguration und Anordnung und dem sozialem Verteilungsmuster. Die Auswertung der archäologischen und baulichen Befunde, so vorhanden auch der Wanddekoration, des geborgenen Beigabeninventars und die anthropologische Analyse der Mumien bzw. menschlichen Überreste geben Aufschluss über die vorliegende Ritual- und Bestattungspraxis. Neben der Untersuchung von einzelnen Gräbern als archäologische und kulturhistorische Informationsquelle stehen die Interrelationen zwischen Gräbern und Grabclustern sowie Bezüge zur Landschaft – ihrer religiösen/ideellen Bedeutung wie auch ihren materiellen Formen – im Fokus. Besonderes Augenmerk gilt zudem der Nutzungsgeschichte von Gräbern bzw. Orten, ihrem Wandel und ihrer physischen sowie ideellen Umgestaltung. Aus diesem Grund war es ein dringendes Desiderat, mit Deir el-Bachit die größte koptische Klosteranlage im Raum Theben und damit ein zentrales Element der lokalen koptisch-monastischen Landschaft archäologisch zu untersuchen.
Ein besonderer Forschungsfokus lag von Anfang an auf den Gräbern der 17. und frühen 18. Dynastie, hier vor allem auf der Lokalisierung der königlichen Grabanlagen der 17. Dynastie und damit einhergehend der Rekontextualisierung einzelner Elemente ihres Grabinventars (darunter drei Königssärge), die im 19. Jahrhundert durch Beraubung und somit ohne eindeutige Provenienz in den Kunsthandel und schließlich in verschiedene europäische Sammlungen gelangt sind. Die Bestattungsanlagen selbst sowie ihre genaue Lage blieben undokumentiert. Ein Anliegen war es daher, diese Gräber zu lokalisieren, ihre Architektur zu erfassen und den Kontext für die daraus stammenden Objekte wiederzugewinnen.
Begonnen wurde das Projekt 1991 in einem ursprünglich rund 160.000 m2 großen Konzessionsgebiet, in dem verschiedene Grabungsareale (Areal A bis H, siehe
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