Das Fayum Survey Projekt

Die Oase Fayum, westlich des Niltals © Map data ©2023 Google // GoogleEarth

Forschung

Nachdem Alexander der Große Ägypten erobert hatte und seine Nachfolger, die Ptolemäer, regierten, strömten Tausende von Menschen aus dem meist griechischsprachigen Osten des Mittelmeerraumes in das Land am Nil. Die Ptolemäer brauchten diese Siedler als Soldaten und für ihre Verwaltung, und waren daher gezwungen – wollten sie nicht den Einheimischen Äcker wegnehmen, – neue Flächen für den Ackerbau zu gewinnen. Die Oase Fayum bot für die griechischen Ingeneure, die über ein bis dahin in Ägypten nicht gekanntes Knowhow im Wassermanagement verfügten, ein Terrain, auf dem die Ackerfläche um ein Vielfaches vergrößert werden konnte. Neue Dämme wurden aufgeworfen, Kanäle gestochen; der See im Norden der Oase schrumpfte auf weniger als die Hälfte seines alten Umfangs und gab fruchtbares Land frei. Entlang der neu gegrabenen Wasserwege gründeten die Ptolemäer Dörfer für Ägypter und Immigranten aus dem Mittelmeerraum. Auch das nordwestliche Fayum wurde unter den ersten Ptolemäern zum ersten Mal besiedelt. Orte in dieser Region wie Theadelphia (das Dorf der göttlichen Schwester = Arsinoe II), Philoteris (das Dorf der Philotera = Schwester von Ptolemäus II), trugen die Namen der königlichen Familie, unter der sie gegründet wurden.

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wurde an diesen Orten nach Papyri gegraben, zuerst von den Engländern (Grenfell und Hunt), später auch von den Italienern (Breccia) und Deutschen (Zucker). Diese Grabungen waren ausschließlich auf die Entdeckung von schriftlicher Hinterlassenschaft gerichtet.

Zutage kamen in der Tat zahlreiche Texte in griechischer und demotischer Sprache, und zwar nicht nur gefunden in den verlassenen Häusern der Dörfer, sondern auch auf deren Friedhöfen, wo zu Kartonagen (Hüllen, welche die Mumien umgaben) verarbeitete beschriftete Papyri massenweise ausgegraben wurden. Manche stammen aus den ersten Jahrzehnten nach der Gründung der Dörfer, wie z. B. umfangreiche Steuerlisten, welche uns in die soziale Zusammensetzung der Bevölkerung hier blicken lassen. Anscheinend hatten etwa 1 Drittel der Bewohner einen griechischsprachigen Hintergrund; sie kamen aus Griechenland, Mazedonien, Kleinasien, aber auch aus den griechischen Kolinien in Sizilien und Unteritalien. Die anderen zwei Drittel waren Ägypter.

Diese Zusammensetzung der Bevölkerung ist besonders durch die Arbeiten von W. Clarysse und D. Thompson in ihrem Buch „Counting the People in Hellenistic Egypt“, Cambridge 2006, erkannt und beleuchtet worden.

Der Survey gilt der Frage, was sich noch an baulicher Substanz finden lässt, nachdem die meisten dieser Orte nach Papyri durchwühlt worden waren (nicht nur von Ausgräbern, die ausschließlich an den schriftlichen Zeugnissen Interesse hatten). Ziel ist es nicht – jedenfalls nicht vorrangig-, z. B. einen Getreidespeicher lokalisieren zu können und ihn mit einem Getreidespeicher in dem betreffenden Dorf, der in einem Text erwähnt wird, zu identifizieren, sondern vielmehr, das Dorf in seinem gesamten Layout zu begreifen. Wo lagen die Getreidespeicher in Hinsicht auf die Anbindung des Dorfes an die Wasserwege (sieh auch Projekt III), wo waren die Tempel gebaut, lassen sich Unterschiede der Bebauung innerhalb des Dorfes feststellen, die mit unterschiedlicher Keramik, und vielleicht mit verschiedenen Typen von Texten korrespondieren. Daraus kann sich ein Bild ergeben von bevorzugten Wohngegenden in solchen Dörfern.

2011 – 2012 wurde im Anschluss an den archäologischen ein geomagnetischer Survey durchgeführt.

Blick von Philoteris nach Dionysias
Blick von Philoteris nach Dionysias © DAI Kairo // C. Römer
Das hellenistische Badehaus in Philoteris
Das hellenistische Badehaus in Philoteris © DAI Kairo // C. Römer
Die Oase Fayum, westlich des Niltals
Die Oase Fayum, westlich des Niltals © Map data ©2023 Google // GoogleEarth
Getreidespeicher in Philoteris, geomagnetische Karte
Getreidespeicher in Philoteris, geomagnetische Karte © DAI Kairo // T. Herbich
Im antiken Kanal westlich von Philoteris
Im antiken Kanal westlich von Philoteris © DAI Kairo // C. Römer
Blick von Philoteris nach Dionysias
Blick von Philoteris nach Dionysias © DAI Kairo // C. Römer