Kapitol

Südhälfte des Kapitols, Fassade des 1836 errichteten ersten eigenständigen Gebäudes des Instituto di Corrispondenza Archeologica mit dem Terrakottagiebel von Emil Wolff (2018) © DAI Rom // H. Behrens DAI Rom

Raum & Zeit

Jüngst erfolgte Grabungen im sog. Giardino Romano haben deutliche Hinweise auf eine Nutzung des Kapitols als Siedlungsplatz bereits in der mittleren (17.-14. Jh. v. Chr.; Keramikfunde) und jüngeren Bronzezeit (13.-12. Jh v. Chr.; Keramikfunde; Terrassierung) erbracht. In der späten Bronzezeit kann eine Siedlung sicher nachgewiesen werden (Werkstatt). Auch in der frühen Eisenzeit (10.-1. Hälfte 6. Jh. v. Chr.) muss der Kapitolshügel ebenso wie die übrigen sechs Hügel als einer von mehreren Siedlungsplätzen in Rom gedient haben; darauf deuten die Überreste von eindeutigen Siedlungs- und Werkstattresten (Gebäuden) ebenso hin wie Bestattungen von Erwachsenen und Kindern. Nach dem jetzigen Forschungsstand kommt es um die Mitte des 6. Jhs. v. Chr. zu tiefgreifenden Veränderungen: Auf der südlichen Kuppe des Kapitols wird der Tempel des Iuppiter Optimus Maximus (durch Tarquinius Superbus ex manubiis: Liv. 1,55,7) auf einer durch Stützmauern vergrößerten Fläche errichtet, der nach seiner Einweihung 509 v. Chr. nach der literarischen Überlieferung mehrfach infolge von Bränden und Neustiftungen wiederhergestellt worden ist, zuletzt unter Q. Lutatius Catulus (69 v. Chr.) und Domitian (81-96 n. Chr.).

Die Topographie des Heiligtums in Republik und Kaiserzeit ist grob bekannt, zur Kenntnis von Tempeln und profanen Bauten (u.a. Portiken; Ehrenbögen und weiterer Bauten sowie zahlreicher Denkmäler und kleinerer Weihgeschenke aus der Zeit der Republik und Kaiserzeit) tragen neben epigraphischen und literarischen Quellen archäologische Zeugnisse bei. Dies betrifft auch die Umgestaltung des Kapitols von der frühen Kaiserzeit bis zum 4. Jh. n. Chr. mit der Errichtung zusätzlicher Sakralbauten sowie weiterer kleinerer dona. Nachdem das goldene Dach des Tempels des Iuppiter Optimus Maximus 455 von den Vandalen geplündert worden war, müssen Heiligtum und Tempel allmählich verfallen sein. Von der mit der Erneuerung des Senats 1143/44 verbundenen Errichtung des ersten Senatorenpalastes über dem eh. Tabularium (1144/45-1150) neben der Kirche S. Maria in Aracoeli (letztere auf der nördlichen Kuppe des Kapitols gelegen) und Revitalisierung des Hügels war die südliche Kuppe nach dem heutigen Stand der Forschung zunächst nicht tangiert. Dies änderte sich erst in der Renaissance: In der Senke des Kapitolhügels entstand die von Michelangelo erdachte Platzanlage mit Konservatorenpalast und Palazzo Nuovo (seit 1471 bzw. 1654 Sitz der Kapitolinischen Museen) sowie das Rathaus der Stadt Rom, das auf den ersten Saalbau des 12. Jahrhunderts zurückgeht und bis heute zu wesentlichen Teilen Bestand hat. Hinzu kommt die nördliche Kuppe mit der Kirche S. Maria in Aracoeli sowie das zwischen 1885 und 1911 errichtete Denkmal Vittorio Emanueles II. zur Einheit Italiens.

Weniger gut bekannt ist die Baugeschichte der südwestlichen Kuppe des Kapitols. Hier hatte die Familie Caffarelli 1538 begonnen, einen großen Palazzo mit Gartenanlage (20.000 m2) auf einem Terrain erbauen zu lassen, das Herzog Ascanio Caffarelli 1536 als Page Kaiser Karls V. von diesem geschenkt worden war. Der Palazzo wurde erst nach 1680 fertiggestellt und gelangte im Verlauf des 19. Jh. sukzessive in die Hände Preußens. Eckpunkte eines sich rasch verstärkenden preußischen Engagements nach sind das 1829 im Palazzo Caffarelli gegründete Instituto di Corrispondenza Archeologica mit Sitz in der 1836 fertiggestellten Casa Tarpeia (Fassade mit dem Giebel Emil Wolffs) erhalten, das in demselben Jahr erbaute preußische Hospital zur Pflege von Protestanten, die Inbesitznahme des Palazzo Caffarelli als Sitz des Botschafter Preußens beim Heiligen Stuhl, der 1823 im Palazzo Caffarelli eingerichteten evangelisch-lutherischen Gesandtschaftskapelle und des 1888 gegründeten Deutschen Historischen Instituts, schließlich die 1877 abgeschlossene Erbauung eines zweiten größeren Institutsgebäudes des Kaiserlich-Deutschen Archäologischen Instituts. Mit dem Kriegseintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg wurde die preußische Präsenz auf der Südhälfte des Kapitols beendet. Die Ausstattung des in dem Palazzo Caffarelli eingebauten Thronsaal Wilhelms II. wurde nach dem 1. Weltkrieg nach Berlin verbracht, der Raum zugunsten einer heute noch existenten Terrasse, der sog. Caffarelli-Terrasse abgetragen. In der ehemaligen preußischen Gesandtschaftskapelle wurde das mit Antiken bestückte Museo Mussolini 1925 an den Konservatorenpalast angegliedert. Heute wird der Palazzo Caffarelli von den Kapitolinischen Museen insbesondere für Ausstellungen genutzt, das zweite Gebäude des ehemaligen Kaiserlich-Deutschen Archäologischen Instituts sowie das ehemalige preußische Hospital nutzt die Stadt Rom.