Kapitol

Südhälfte des Kapitols, Fassade des 1836 errichteten ersten eigenständigen Gebäudes des Instituto di Corrispondenza Archeologica mit dem Terrakottagiebel von Emil Wolff (2018) © DAI Rom // H. Behrens DAI Rom

Forschung

Die Forschungsziele sollen feldarchäologisch mit stratigraphischen Ausgrabungen und Sondagen umgesetzt werden. Hinzu kommen geophysikalische Prospektionsmethoden wie Geoelektrik und Bodenradar. Architekturreste werden durch die Bauforschung je nach Befundlage in 2D und 3D (Fotogrammetrie, SFM, Handzeichnung) dokumentiert und analysiert. Übergreifende und vergleichende Untersuchungen der stratigraphischen und architektonischen Einheiten und der verschiedenen Materialgruppen (Metalle, Münzen, Inschriften etc.) werden durch gezielte Studien der Schriftquellen komplementiert. Darüber hinaus nehmen im Projekt Archivstudien und naturwissenschaftliche Analyseverfahren einen wichtigen Stellenwert ein, wie die Archäometrie, die Archäozoologie, die botanische Makrorestanalyse sowie Stein- und Farbpigmentanalysen von Dachterrakotten. Eine wesentliche Rolle spielen überdies Archivstudien in diversen stadtrömischen und deutschen Archiven.

Schon im 19. Jh. war endgültig erkannt worden, dass die Familie Caffarelli bei dem Bau ihres Palazzo im 16. Jahrhundert die noch sichtbaren Reste des Iuppitertempels, über dem der Palazzo größtenteils steht, hatte abtragen lassen; Spolien sind seither u.a. in dem darüber liegenden Gebäude verbaut worden. Eine noch heute im Konservatorenpalast sichtbare Mauer blieb freilich bestehen; sie markierte deutlich sichtbar die Grenze zwischen dem Besitz der Familie Caffarelli und der benachbarten Conservatori, zugleich Standort des Konservatorenpalastes. Die Herrichtung des Palazzo Caffarelli für den Sitz des Botschafters Preußens beim Heiligen Stuhl und dem Einbau eines Thronsaals für Wilhelm II. ging einher mit Umbauten im Keller sowie begleitenden Forschungen und Dokumentationen von Teilen des Fundamentrasters des Tempels des Iuppiter Optimus Maximus, die nach dem 1. Weltkrieg vor der Herrichtung der ehemaligen preußischen Gesandtschaftskapelle für das Museo Mussolini 1919/20 fortgesetzt wurden. Weitere Erkenntnisse zur Gestaltung des Fundamentrasters, auf dem der Tempel errichtet worden war, und zur Besiedlung des Kapitols seit der Bronzezeit erbrachten neben Einzeluntersuchungen noch nicht abschließend publizierte Grabungen im Vorfeld des Einbaus eines neuen gläsernen 2005 eingeweihten Innenhofes im Konservatorenpalast der Kapitolinischen Museen (Giardino Romano). Sie werden seit 2014 ergänzt durch Grabungen im Garten des ehemaligen preußischen Gesandtschaftskapelle und der sog. Casa Tarpeia, des ersten eigenständigen Sitzes des Instituto di Corrispondenza Archeologica als Vorläufer des späteren Deutschen Archäologischen Instituts, unter der Ägide des Sovrintendenza Comunale ai Beni Culturali di Roma. Das DAI Rom ist seit 2018 offizieller Partner des Projekts und konnte eine entsprechende Convenzione unterzeichnen.

Ziel ist zunächst, Grabungen im Garten des ersten eigenständigen Institutsgebäudes (1836) sowie des ehemaligen preußischen Hospitals (1836) zum Abschluss zu bringen. In einer zweiten Phase sollen diese Grabungen dann ausgeweitet und im Garten des Palazzo Caffarelli fortgeführt werden; sie dienen u.a. der Klärung von Fragen der Topographie des Heiligtums des Iuppiter Optimus Maximus. Parallel hierzu sollen eine 3D-Dokumentation der Fundamente des Tempels des Iuppiter Optimus Maximus sowie eine präzise Vermessung der Südhälfte des Kapitols unter Berücksichtigung von Felsspuren früherer Gebäude abgeschlossen werden. Hinzu treten soll – abhängig von den Kapazitäten – eine Aufnahme der neuzeitlichen Gebäudes auf der Südhälfte des Kapitols: der Fassade des ersten Gebäudes des Instituto di Corrispondenza Archeologica (1836), des eh. protestantischen Hospitals (1836), des zweiten Gebäudes des eh. Kaiserlich-Deutschen Archäologischen Instituts (1877) sowie des Palazzo Caffarelli (16. Jh.).

Zentrale Fragestellung des Projekts ist die Klärung wesentlicher Etappen der kulturgeschichtlichen Entwicklung des Kapitolhügels in Antike, Mittelalter und Neuzeit. Innerhalb des Projekts gibt es verschiedene inhaltliche, geographische und zeitliche Schwerpunkte:

a) Die weitere Erforschung der Topographie und Entwicklung des Heiligtums des Iuppiter Optimus Maximus, ausgehend von Grabungen im Garten des ehemaligen preußischen Hospitals und des Palazzo Caffarelli sowie die Transformation des paganen Heiligtums in Spätantike und Mittelalter

b) Neue Forschungen zum Tempel des Iuppiter Optimus Maximus, ausgehend von einer Dokumentation der erhaltenen Reste unter der ehemaligen preußischen Gesandtschaftskapelle im Erdgeschoss des Palazzo Caffarelli sowie in den Kapitolinischen Museen

c) Das Kapitol im 19. Jh. in der Zeit der preußischen Okkupation mit Umbauten im Palazzo Caffarelli, der Casa Tarpeia (1836), dem ehemaligen Protestantischen Hospital (1836) sowie dem zweiten Dienstgebäude des DAI auf dem Kapitol (1877)

d) Die Umgestaltung des Kapitols in der Zeit des Faschismus (1922-1943)

Geoelektrische Prospektion
Instituto di Corrispondenza Archeoplogica als Vorläufer des späteren Deutschen Archäologischen Instituts Südhälfte des Kapitols, Garten des Palazzo Caffarelli, geoelektrische Prospektion (M. Ullrich, EasternAtlas) © EasternAtlas // EasternAtlas
Giardino Cafarelli
geoelektrische Messung im Garten des Palazzo Caffarelli © B. Ullrich, EasternAtlas GmbH und CO.KG // B. Ullrich, EasternAtlas GmbH und CO.KG
Lageplan
geophysikalisch und geoelektrisch prospektierte Flächen auf der Südhälfte des Kapitols © B. Ullrich, Eastern Atlas GmbH und CO.KG // B. Ullrich, Eastern Atlas GmbH und CO.KG
Mauerzug Fundament Tempel Iuppiter Optimus Maximus
Südhälfte des Kapitols, Mauerzug des Fundaments des Tempels des Iuppiter Optimus Maximus in den Kapitolinischen Museen © DAI Rom // D. Gauss DAI Rom
Room_S12
Südhälfte des Kapitols, Photogrammetrische Aufnahme des Fundamentrasters des Tempels des Iuppiter Optimus Maximus unter der eh. protestantischen Gesandtschaftskapelle im Palazzo Caffarelli (D. Nepi) © D. Nepi // D. Nepi
Santa Maria und Palatin b
Südhälfte des Kapitols, Blick vom Garten des eh. protestantischen Hospitals auf Santa Maria di Consolazione und den Palatin © J. Blüher, Bonn // J. Blüher, Bonn
Südhälfte des Kapitols
Südhälfte des Kapitols, Blick auf das 1836 errichtete ehemalige protestantische Hospital; im Vordergrund ein Mauerrest der ersten Bibliothek des Instituto di Corrispondenza Archeologica; im Hintergrund spätrepublikanisch-kaiserzeitliches Fundament aus opus Camentitutium während der laufenden Grabungen (2018) © DAI Rom // H. Behrens