Überblick
Der moderne Ort Kalapodi liegt in Mittelgriechenland östlich des Parnassos in einer Region, die in der Antike zu Phokis gehörte. Östlich des Ortes liegt ein Heiligtum, in dessen Kern sich zwei parallele Tempelanlagen befanden. Die bedeutenden Funde an Bronzen, Waffen, Keramik und zahlreiche Kleinfunde, darunter mykenische Siegelsteine, belegen, dass es sich um ein lokal bedeutendes Heiligtum mit internationaler Ausstrahlung handelt. Erstmals für ganz Griechenland ließ sich hier eine Kultkontinuität von der späten Bronzezeit in die frühe Eisenzeit belegen. Zahlreiche Architekturphasen, begonnen in Späthelladisch III A1 bis in die Spätantike, belegen die kontinuierliche Nutzung des heiligen Raumes, während Grablegungen byzantinischer Zeit eine Nachnutzung anzeigen.
Im Heiligtum führt das DAI seit 1973 Ausgrabungen mit verschiedene Forschungsschwerpunkten durch. Rainer Felsch legte in den Jahren 1973–1982 aufeinander folgende Bauphasen in beiden Komplexen ab der früharchaischen Phase frei. Wolf-Dietrich Niemeier konzentrierte sich in den Ausgrabungen 2004–2013 auf den Südtempelkomplex und es gelang ihm dort, das älteste Heiligtum bereits für SH IIIA1 (zweite Hälfte des 15. Jhs. v. Chr.) sowie eine Kultkontinuität über die frühe Eisenzeit hinweg nachzuweisen. Während der seit 2014 andauernden Arbeiten unter der Leitung von Katja Sporn stehen die Anlage, Ausdehnung und Infrastruktur des Heiligtums und die Anbindung an das Siedlungsumfeld der Phokis im Vordergrund. So konnte nun ein Teil der nördlichen Umfassungsmauer des Heiligtums festgestellt werden, die im 6. Jh. v. Chr. angelegt wurde. Ferner wurde mit dem Spolienbau im Nordosten des Heiligtums erstmals ein Gebäude aus späthellenistischer zeit freigelegt. Die Grabungen in kaiserzeitlich-spätantiken Schichten an mehreren Stellen des Geländes erlauben erstmals die Etablierung einer Feinchronologie dieser Epochen. Durch systematische Denkmalpflege erhielt die Ausgrabungsstätte in den letzten Jahren ein völlig neues Aussehen. Zum Jahrestag des ersten Spatenstichs am 5.9.2023 wurde in der ehemaligen Grundschule von Kalapodi zudem eine Fotoausstellung über die Grabungsgeschichte eröffnet.
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Denkmalpflege in Kalapodi
Nachdem zwischen 2014 und 2016 ein neues Denkmalschutzkonzept von Themistoklis Bilis und Maria Magnisali entworfen und vom Zentralen Archäologischen Rat genehmigt wurde, begannen 2017 die Arbeiten zur Umsetzung. Das Konzept sah zunächst ein neues Schutzdach überdem Südtempelareal vor, das das alte vorläufige Schutzdach dauerhaft ersetzen sollte. Später wurde dieser Plan ersetzt von einem Plan, das intensivere Restaurierungs- und Zuschüttungsmaßnahmen im Südtempelareal vorsahen, wodurch aber auf ein dauerhaftes Schutzdach verzichtet werden konnte. Dieses Restaurierungskonzept erarbeitet die Firma Lithou Sinitiris ebenso wie eine Detailstudie für die Restaurierung und Hebung des 2009 in situ gefundenen Westgiebels des Südtempels. Beides wurde ab 2018 implementiert. Die Blöcke des Giebels konnten so restauriert, gehoben und nach Ausgrabung der darunter liegenden Fläche wieder versetzt werden. Zudem wurde ein Wegesystem um den Südtmpel angelegt und 2022/23 zudem über dem bereits nach Grabungsende 1982 zugeschüttete Nordtempel einige Säulentrommeln über die ursprünglichen Stellen versetzt, um einen besseren Gesamteindruck des ganzen Heiligtums zu ermöglichen.
Eine große Herausforderung für die Denkmalpflege bildet auf verschiedene Weise das Wasser. Aufgrund des Nord-Süd-Gefälles ist ein Problem das Regenwasser, ein anderes aber die kalten Winter mit Eis und Schnee. Ein Grabensystem um das Gelände und Drainagen unter dem Tempelareal ermöglichen den Abfluß des Regenwassers. 2023 begann das EU-Projekt TRIQUETRA, an dem das DAI Athen mit einer Untersuchung zum Schutz der Denkmäler von Kalapodi vor Frost beteiligt ist.
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