Heraion von Samos

Heraion von Samos, Dipteros II © DAI Athen // Stefan Biernath

Raum & Zeit

Heraion von Samos (Historischer Abriss):

Prähistorische Siedlung

Der Ort, an dem das Heraion liegt, scheint bereits ab der 2. Hälfte des 5. Jts. v. Chr. für Siedlungszwecke genutzt worden zu sein. Von der stattlichen früh- und mittelbronzezeitlichen Siedlung, die nach momentanem Forschungsstand bis ins 18. Jh. v. Chr. bestand und mit Befestigungsmauer sowie großen Kommunal- und Wohnbauten ausgestattet war, sind im archäologischen Gelände keine Überreste sichtbar. Allerdings wird eine Fundauswahl im Museum von Vathy ausgestellt. Die Siedlungsgeschichte wird aktuell in Kooperation mit Ourania Kouka von der Universität Zypern tiefgreifender erforscht. Natürlich müssen auch zu dieser Zeit Kulte durch die Bewohner ausgeübt worden sein. Ob einer dieser Kulte aber nach der Aufgabe der Siedlung ohne Unterbrechung fortbestand, ist bisher nicht nachweisbar.

Beginn und Wesen des Kultes

Nach den archäologisch greifbaren Zeugnissen ist der Kult im Heraion minoischen Ursprungs und begann zwischen 1700 und 1600 v. Chr. in der Neupalastzeit, als Kreta die Ägäis dominierte. Minoischen Kultpraktiken folgend fanden sich auf einem Pflaster unter den späteren Altären mit der Öffnung nach unten niedergelegte ›Conical Cups‹ und anderes Geschirr. Ihm schloss sich ein jüngeres Pflaster mykenischer Zeit (ca. 1445/1415–1000 v. Chr.) an – mit Hinweisen, dass bereits ein aus Lehmziegeln gebauter Altar bestanden haben könnte. Gegen 1000 v. Chr. wurde der erste Steinaltar errichtet. Durch stetige Ummantelung des Vorgängerbaus folgten bis in augusteische Zeit acht Erneuerungen. Im frühen 8. Jh. v. Chr. wurde der schlichte Kultplatz im direkten Umfeld des Altares ausgebaut. Es entstanden kleinere Π-förmige Gebäude unbestimmter Funktion und gepflasterte Wegführungen. Vermutlich dürfte bereits zu dieser Zeit ein Kultbild – ein sogenanntes Xoanon – existiert haben, für das ein kleiner Schrein bestand, der archäologisch allerdings nicht nachweisbar ist. Eine Porostrommel mit rechteckiger Vertiefung wird als Kultbildbasis gedeutet, mit der das Kultbild während der Feiern auf einer kreisförmigen Plattform südwestlich des Altares aufgestellt gewesen sein könnte.

Die besondere Stellung des heiligen Lygosbaumes (Vitex agnus castus) – eine Weidenart, den der Perieget Pausanias (Beschreibungen Griechenlands VII 4, 4 und VIII 23, 5) noch im 2. Jh. n. Chr. sah und als ältesten von allen in griechischen Heiligtümern gezeigten heiligen Bäumen beschrieb, lässt den Ursprung des Kultes in einem minoischen Baumkult vermuten. Dabei wurde der Baum als Ort göttlicher Epiphanie betrachtet. Wie aus den Linear B-Tafeln aus Pylos abzuleiten ist, wurde Hera spätestens seit mykenischer Zeit verehrt. Ob sie auch schon die in dieser Epoche verehrte Göttin im Heraion war, kann nicht beantwortet werden. Auf jeden Fall assoziierten die im 11./10. Jh. v. Chr. einwandernden ›Ionier‹ die samische Gottheit mit ihr. Dies spiegelt sich auch im Mythos wider, wonach die ›Leleger‹, mythische Ureinwohner, zusammen mit den Nymphen das Heiligtum gegründet hätten, bevor der Kult von den ›Karern‹, den Bewohnern zu der Zeit der eintreffenden ›Ionier‹, fortgeführt wurde. Die Adaption des Kultes durch die ankommenden ›Ionier‹ reflektiert vermutlich der Admete-Mythos, wonach Admete auf der Flucht vor ihrem Vater Eurystheus, dem König von Mykene, auf eine Erscheinung der Hera hin das Priesteramt auf Samos übernahm.

Die heute geläufige Vorstellung von Hera als streitsüchtige Gattin des Zeus ist durch die homerischen Epen geprägt und wird den vielschichtigen Wesenszügen dieser alten Gottheit nicht gerecht. Auf Samos muss sie als universale Schutzgottheit der Insel verstanden werden, als Himmels, Erd- und Unterweltsgöttin, die den großen anatolischen Muttergottheiten wie Kybele, der Artemis von Ephesos aber auch der zyprischen Aphrodite nahe stand. Der Lyriker Alkaios von Lesbos (frg. 24aD) charakterisierte sie im 6. Jh. v. Chr. als »Hervorbringerin von allem« (πάντων γενέθλαν). Diese Wesenszüge verbinden sich besonders bei der samischen Hera mit der Vorstellung jungfräulicher Mutterschaft und so wurde sie auch als Hera Parthenia (Hera die Jungfrau) verehrt. Ihre Zuständigkeiten umfassten u. a. Fruchtbarkeit im weitesten Sinne, Schutz von Landwirtschaft und Vegetation, Mutter und Kind, Oikos und Familie aber auch der Seefahrt. In Bezug auf ihre Rolle als Braut und Gattin des Zeus treten zumindest in historischer Zeit der Schutz von Ehe und Hochzeit deutlich hervor. Immerhin galten bereits für die antiken Griechen der Lygosbaum und seine Früchte als Anaphrodisiakum und als Symbol der keuschen Ehe. Lactantius (Institutiones divinae I 17) berichtet im 4. Jh. n. Chr., dass laut dem römischen Polyhistor Varro (1. Jh. v. Chr.) das Kultbild der samischen Hera nach dem Habitus einer Braut gestaltet war und die Kultzeremonien nach einem Hochzeitsritus begangen worden wären. Aus dem Admete-Mythos, der offenbar auch den Ritus reflektiert, wird rekonstruiert, dass das Kultbild an dem Herafest von seiner Basis zum Strand getragen, mit Lygoszweigen umwunden, wieder befreit, gereinigt, gespeist und zurück zur Basis gebracht wurde. Für das jährliche Kultfest sind uns zwei Namen Tonaia und Heraia überliefert, wobei nicht deutlich wird, ob beide Namen unterschiedliche Phasen des gleichen Festes oder zwei getrennte Kultfeiern bezeichnen. Für die Heraia sind auch musische und sportliche Agone bezeugt. Aus den antiken Quellen lässt sich rekonstruieren, dass das Kultbild anfänglich ein anikonisches Holz war und vermutlich im späten 8. oder frühen 7. Jh. v. Chr. anthropomorph umgestaltet wurde. Münzbilder der römischen Kaiserzeit geben eine vage Vorstellung vom Aussehen des Kultbildes. Demnach trug es einen hohen Kopfschmuck und Schleiermantel, einen reichen Schulter/Brustschmuck sowie einen Chiton, der ähnlich einer Kreuzgürtung umwunden war. Die Unterarme waren seitlich ausgestreckt, worin wohl ein segenspendender Gestus anklingt, werden aber auch mit Spendephialen und geknoteten Wollbinden in den Händen dargestellt. Der Kultbildtypus fügt sich in die Darstellung anderer anatolischer Gottheiten wie der Ephesischen Artemis ein.

Das 7. Jh. v. Chr.: Das Heraion im Lichte transmediterranen Kulturkontakte

Bereits seit dem 8. Jh. v. Chr. intensivierten die Samioten ihre Kontakte zum Orient. Seit ca. 664 v. Chr. waren sie verstärkt als Söldner und Händler in Ägypten unterwegs. Der Pharao Psammetich I. baute seine Streitkräfte, mit denen er sich von der neuassyrischen Herrschaft befreite, im Wesentlichen auf südostägäischen Söldnern auf, die er anfänglich über Kontakte zum lydischen König Gyges rekrutierte. Viele dieser Söldner blieben in Ägypten und gingen Verbindungen mit einheimischen Familien ein. Andere kehrten zurück und dürften neben fremden Objekten vor allem neues Gedankengut in ihre Heimat mitgebracht haben. Die Kontakte der Samioten spiegeln sich in der außergewöhnlichen Fülle an Hera geweihten Importen transmediterraner Provenienz wider, wie sie heute in keinem anderen griechischen Heiligtum in solchem Umfang begegnen. Die Weihgaben stammen u. a. aus der Levante, Syrien, Babylonien, dem Iran, dem Kaukasus, Spanien oder Etrurien – im Besonderen aber aus Ägypten. Dort entstand gegen 620 v. Chr. mit Erlaubnis des Pharaos der Handelshafen Naukratis, in dem Samos eine Philiale des Heraion eröffnete. Etwas älter ist jedoch die bei Herodot (Historien IV, 152) überlieferte Geschichte des samischen Händlers Kolaios, der auf dem Weg nach Ägypten durch einen Sturm abgetrieben bis zum gold- und silberreichen Tartessos an der spanischen Südwestküste gelangte, von wo er mit reichem Ertrag zurückkehrte. 1/10 davon stiftete er der Hera in Form eines ca. 4,50–4,80 m hohen Greifenkessels, der von drei knienden Bronzefiguren getragen worden sei. Im Fundgut des Heraion befinden sich Elfenbeinkämme aus Südspanien, die auf entsprechende Handelsbeziehungen hinweisen.

In diese Zeit fällt mit der Errichtung des ersten nachweisbaren ca. 33,80 m langen Tempelgebäudes um 680 v. Chr. (Hekatompedos I) die erste beeindruckende Temenosveränderung.  Nach seiner Zerstörung wurde der Tempel gegen 630/620 v. Chr. (Hekatompedos II) erneuert. Seine Erneuerung geht mit weiteren wichtigen Baumaßnahmen einher. So entstand entlang des Ostufers des Imbrasos eine stattliche Halle, in der u. U. Weihgeschenke, wie die im Museum von Vathy ausgestellten und in außergewöhnlicher Fülle im Heraion zu Tage getretenen Greifenkessel, aufgestellt waren. Unter der allgemein steigenden Zahl an Weihgeschenkbasen sind zwei hervorzuheben, die echte Schiffe trugen.

Das 6. Jh. v. Chr.: Die Blütezeit von Polis und Heiligtum

In das 6. Jh. v. Chr. fiel die Blütezeit von Polis und Heiligtum. Es entstanden die von Herodot gerühmten Monumente im Stadtgebiet und dem Heiligtum  (Hafenmole, Wasserleitung des Eupalinos, Heratempel). Neben dem Ausbau ihrer Beziehungen zu Ägypten – Pharao Amasis weihte zwei Statuen von sich ins Heraion, die laut Herodot (Historien II 182) die Tempeltür flankierten – erlangten die Samioten vor allem als Händler den dafür nötigen Reichtum. Unter dem Tyrannen Polykrates wurde Samos schließlich zur maßgeblichen Flottenmacht in der Ägäis.

Gleich zu Beginn des Jahrhunderts äußerte sich die wirtschaftliche Prosperität in Form eines monumentalen Ausbaus des Heraion, für das offenbar ein weitestgehend neues architektonisches Konzept entwickelt wurde. Als erstes wurde die ›Heilige Straße‹ zwischen Stadt und Heiligtum als Prozessionsweg angelegt und das Temenos erweitert. Gegen 575 v. Chr. begann man mit dem Bau von Dipteros I, der spätestens zur Mitte des Jahrhunderts oder kurz danach fertiggestellt worden sein muss. Es folgten der Monumentalaltar und weitere stattliche Bauten südlich und nördlich des Altarvorplatzes. Unmittelbar zu Beginn der Bauzeit von Dipteros I oder kurz davor müssen die beiden monumentalen fast 5 Meter hohen Kouroi vor der Nordostecke des Dipteros (›südl. Koloss‹) und nördlich der ›Heiligen Straße‹, Kouros des Isches, aufgestellt worden sein. Um ca. 560 v. Chr. folgte die Geneleos-Gruppe. Schließlich wurden die Zugänge mit Toren gefasst und entlang der Grenzen eine Mauer errichtet. Nach der schnellen Baufälligkeit von Dipteros I begann man in den 520er Jahren mit dem Bau von Dipteros II, dessen Ruine das Gelände heute dominiert, dessen äußerste Säulenstellung aber nie endgültig fertiggestellt wurde. In den historischen Quellen werden Rhoikos und Theodoros als Architekten des Monumentaltempels genannt. In der Forschung wird Rhoikos für Dipteros I in Anspruch genommen, doch ist die Zuweisung umstritten.

Klassik und Hellenismus: Im Spannungsfeld der politischen Mächte

Insgesamt sind nur wenige neue Monumente innerhalb der Klassik im Heiligtum hinzugekommen. Nach dem Verlust der samischen Vormachtstellung in der Ostägäis dürften die zur Verfügung stehenden Mittel zumindest bis 480 v. Chr. vorrangig in den Bau von Dipteros II geflossen sein. Während der Zeit der ersten athenischen Kleruchie scheinen Temene für Athena, Ion und die Eponymen attischen Heroen aus den Tempelländereien oder direkt im Heiligtum selbst abparzelliert worden zu sein. An der ›Heiligen Straße‹ weihte man das stattliche Bronzeanathem des berühmten Bildhauers Myron, das die Einführung des Herakles in den Olymp in Anwesenheit von Athena und Zeus zeigte. Die Weihung könnte aufgrund ihrer Thematik, den Triumpf Athenas, Herakles auch gegen den Willen Heras in den Olymp verholfen zu haben, sowie der Darstellung des Zeus, der ansonsten keine Rolle in Kult und Heiligtum spielte, eine propagandistische Absicht verfolgt und im übertragenen Sinne den Sieg Athens über Samos illustriert haben. Aus der Zeit der zweiten Kleruchie im 4. Jh. v. Chr. ist eine Inschrift erhalten, die das Inventar des Heiligtums auflistet. Neben zahlreichen Kostbarkeiten sticht hier die hohe Zahl an Spendeschalen für Libationsopfer und wertvollen Gewändern für das Kultbild hervor.

Mit der Rückkehr der Samier auf ihre Insel ab 322 v. Chr. wurde der große Nordbau aufgegeben. An einem Abzweig von der ›Heiligen Straße‹ nach Süden entstand ein stattlicher Rechtecksbau. Er könnte das Amtslokal des nun eingerichteten Kollegiums der Tempelpfleger gewesen sein, die weitreichende Verwaltungsaufgaben im Heiligtum übernahmen. Aus den nachfolgenden Jahrzehnten stammt eine große Zahl sogenannter Phyge(φυγή)-Inschriften, mit denen die Samier ihre zahlreichen praktischen und finanziellen Unterstützer ehrten, durch die die Rückkehr aus dem Exil überhaupt erst umgesetzt werden konnte.

Aus dem Hellenismus ist gleichfalls keine größere Bautätigkeit bekannt. Zu nennen wären hier vor allem ein Rundbau unbestimmter Funktion, ein Lagerbau für agrarwirtschaftliche Erzeugnisse, die für den Kult benötigt wurden, aber sicherlich auch auf den ausgedehnten Tempelländereien erwirtschaftet wurden, sowie ein Laufbrunnen südlich des archaischen Nordtores, der über eine Tonrohrleitung an eine externe Wasserversorgung angeschlossen war. Zahlreiche kleinere Mauerreste deuten darauf hin, dass in den Zwischenräumen eine barackenähnliche Bebauung bestand, die als Verkaufsstände für Devotionalien, aber auch Räume zur Unterbringung von Kultpersonal und Asylsuchenden gedient haben könnten. Die sogenannte Kapeloi-Inschrift von 245/244 v. Chr. regelte die Verpachtung solcher Verkaufsstände und das Händlermonopol im Heiligtum. Ferner deutet sie an, dass sich zahlreiche Asylsuchende und Erwerbslose im Heiligtum aufhielten, da das Heraion, wie andere griechische Heiligtümer, das Asylrecht besaß. Unter den Schutzsuchenden befanden sich überwiegend Sklaven. Im Heraion trat offenbar eine größere Gruppe an Deserteuren hinzu, die vermutlich durch die Rolle von Samos als wichtiger Militär- und Handelshafen mit einem größeren Zustrom an Menschen sowie der ptolemäischen Garnison erklärt werden könnte. Im Hellenismus und vor allem mit dem steigenden Einfluss Roms wuchs die Zahl an von der Gemeinde errichteten Ehrenmonumenten für einflussreiche Wohltäter und Herrscher, mit denen sich Samos deren Gunst sichern wollte. Eine archäologisch nachweisbare Temenoserweiterung kann nicht genau datiert werden, dürfte aber spätestens mit dem Übergang zur Kaiserzeit erfolgt sein.

Julisch-Claudische Kaiserzeit:

Erst in augusteischer Zeit lassen sich wieder umfassende Baumaßnahmen archäologisch im Heraion nachweisen. Sie betreffen weitestgehend Renovierungen und Neubauten auf dem Platz zwischen Dipteros II und Altar. Diese Neugestaltung war tiefgreifend, indem eine Reihe an Gebäuden entstand, die den Platz fortan für große Personenansammlungen ungeeignet erscheinen lässt. Dazu zählten u. a. ein neuer Heratempel und ein Tempel für die konsekrierte Kaiserin Livia. Dipteros II sei laut Strabon (Geographie XIV 637) nur noch als Pinakothek genutzt worden. Hinzu traten zahlreiche weitere Ehrenmonumente für römische wie lokale Wohltäter und Mitglieder des Kaiserhauses.

Späte frühe römische Kaiserzeit bis in die Spätantike: Das Heiligtumsasyl und die Transformation in einen christlichen Siedlungsplatz

Spätestens ab dem 2. Jh. n. Chr. entstand im Heiligtum eine ausgedehnte Wohnbebauung, die sogar über eine gute externe Wasserver- und -entsorgung verfügte und auch ansonsten recht komfortabel ausgebaut war. Sie überlagert mit Ausnahme des Altarplatzes und des Dipteros II fast die gesamte Vorgängerbebauung. Die erste Blüte dieser Siedlung reichte bis ca. 262/267 v. Chr., als sie durch ein schweres Erdbeben und/oder die von der nördlichen Schwarzmeerküste aus einfallenden Heruler geplündert und zerstört wurde. Allerdings ist klar, dass sie zumindest in Teilen wieder erneuert wurde und schließlich in byzantinischer Zeit als ländliche Siedlung weiterbestand.

Der Ursprung für eine Siedlung im Heiligtum hängt sehr wahrscheinlich mit dem Heiligtumsasyl zusammen. Gerade in den politischen Krisenjahren, wie es vor allem das 3. Jh. n. Chr. darstellte, füllten sich diese Heiligtümer mit Menschen.

Der Kult bestand neben der Siedlung fort und so gibt es vor allem noch bis in das 4. Jh. n. Chr. öffentliche Weihungen und Ehrenmonumente – wenn auch wenige. Im 2. Jh. n. Chr. entstand ein letzter Neubau, der vermutlich ein antoninischer Kaiserkulttempel war. Gegen 200 n. Chr. ließ wahrscheinlich die severische Kaiserin Julia Domna die ›Heilige Straße‹ erneuern.

Der Kult endete mit dem Verbot heidnischer Kulte durch Theodosios I. um 391/392 n. Chr. Nach Aussage der wenigen historischen Quellen scheint man das Kultbild damals nach Konstantinopel gebracht zu haben. Gegen 399 n. Chr. wurde mit dem Edikt des Arkadius schließlich die Zerstörung der alten Heiligtümer auf dem Lande angeordnet. Bis zum Bau der großen christlichen Basilika auf dem Altarvorplatz im 5. Jh. n. Chr., die vermutlich einem Marienkult diente, könnte der noch einmal umgebaute letzte Heratempel als Kirche gedient haben. Unmittelbar nach dem 7. Jh. n. Chr. fand auch die byzantinische Siedlung nach aktuellem Erkenntnisstand ihr Ende.