Sakrale Wiedernutzung prähistorischer Nuraghen in punisch-römischer Zeit

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Forschung

Fragestellung

Forschungsgegenstand der Dissertation sind drei (bzw. vier) Nuraghen, die sich vom Norden bis in das südliche Zentrum der Insel verteilen. Die Nuraghe Sa Mandra ʹe sa Giua (Ossi) im Nordwesten nahe Sassari auf der Hochebene Lugodoro gelegen und die Nuraghe Santa Barbara (Macomer) im Westen der Insel. Sowie die Nuraghe Genna Maria (Villanovaforru) in der Marmilla-Region im Zentrum Sardiniens. Nach Möglichkeit soll zudem die Nuraghe Su Mulinu (Villanovafranca), ebenfalls in der Marmilla-Region gelegen, mit in die Forschungen einbezogen werden.

Aus forschungstraditionellen Gründen wurde der Nuraghenkultur bisher mehr Aufmerksamkeit als den darauffolgenden Epochen geschenkt. Besonders die militärischen und architektonischen Aspekte der Nuraghen waren dabei von Interesse. In den letzten Jahrzehnten lenkte man dann aber auch mehr und mehr den Fokus auf die punische und römische Zeit. Über die sakrale Nutzung der Nuraghen ist man sich seit langer Zeit bewusst und es entstanden wenige kurze Artikel dazu (dabei besonders C. Lilliu und G. Lilliu zu nennen). Jedoch stand dieses Thema bisher noch nicht ausführlich und umfassend im Licht der Forschung.

Ziel der Arbeit ist somit zunächst eine Erst- bzw. Neuaufnahme der Funde der drei bzw. vier genannten Nuraghen aus punisch-römischer Zeit, wobei dann anschließend besonders eine Funktionsanalyse der Objekte im Fokus stehen soll. Die Nuraghen sollen einzeln als auch vergleichend in Bezug auf die Nutzung ihrer Räumlichkeiten für den Kult sowie die vorzufindenden Votivsitten untersucht werden. Weiterhin ist es das Ziel die Nuraghenheiligtümer in einem regionalen und möglichst auch überregionalen Rahmen zu betrachten wobei besonders die historische, ökonomische und religiöse Geographie berücksichtigt werden sollen.

Die Betreuung der Dissertation erfolgt durch Herrn Prof. Dr. Scholz (Professor für „Archäologie und Geschichte der römischen Provinzen“, Goethe-Universität Frankfurt a. M.) und Herrn Prof. Dr. Dally (Direktor des DAI Rom).

Forschungsziele

Aus forschungstraditionellen Gründen wurde der Nuraghenkultur bisher mehr Aufmerksamkeit als den darauffolgenden Epochen geschenkt. Besonders die militärischen und architektonischen Aspekte der Nuraghen waren dabei von Interesse. In den letzten Jahrzehnten lenkte man dann aber auch mehr und mehr den Fokus auf die punische und römische Zeit. Über die sakrale Nutzung der Nuraghen ist man sich seit langer Zeit bewusst und es entstanden wenige kurze Artikel dazu (dabei besonders C. Lilliu und G. Lilliu zu nennen). Jedoch stand dieses Thema bisher noch nicht ausführlich und umfassend im Licht der Forschung.

Das Hauptforschungsobjekt stellt hier die Nuraghe Genna Maria (Villanovaforru) im südlichen Zentrum der Insel dar. Genna Maria zeichnet sich unter anderem durch ihre lange Nutzungsphase als Heiligtum (Ende des 4. Jh. v. bis Beginn des 7. Jh. n. Chr.), ihr reiches Fundmaterial und die Lage in einer seit der Antike landwirtschaftlich bedeutenden Region, der Marmilla-Region, aus. Dieser Nuraghe kommt die Schlüsselposition für das Verständnis des Gesamtphänomens zu.

Ziel der Arbeit ist somit zunächst eine Erst- bzw. Neuaufnahme des breitgefächerten Fundmaterials aus punisch-römischer Zeit der Nuraghe Genna Maria (Villanovaforru), wobei anschließend besonders eine Funktions- und objektbiografische Analyse im Fokus stehen soll. Auch die Räumlichkeiten innerhalb und außerhalb der Nuraghe sollen hinsichtlich ihrer Funktion für kultische Handlungen bestimmt werden, um weitere Aktivitätsräume und deren Funktionalität zu bestimmen. Weiterhin ist es das Ziel das Nuraghenheiligtum Genna Maria in einem regionalen und möglichst auch überregionalen Rahmen zu betrachten wobei besonders die historische, ökonomische und religiöse Geografie berücksichtigt werden sollen. Die abschließende Auswertung leistet zudem einen Beitrag zu den Diskussionen über Erinnerungskultur und der Entstehung von Traditionen, die in der theoretischen Archäologie geführt werden, um die Frage zu beantworten, welche Gründe sich für die sakrale Wiedernutzung herausstellen lassen.

Bibliographie

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