Rezeption der Antike im semantischen Netz: Buch, Bild und Objekt

Forschung

Das Projekt strebt als strukturverbessernde Maßnahme für die Geschichts-, Kunst- und Altertumswissenschaften die Digitalisierung eines wesentlichen Teiles der Alten Drucke an, die seit dem Beginn der Forschungen der frühen Antiquare während der Renaissance bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts zur klassischen, vorderasiatischen und ägyptischen Archäologie erschienen sind. Dieses Quellenmaterial ist die Grundlage für eine Reihe wissenschaftlicher Studien, von denen mit den Untersuchungen zu den Gemmensammlungen des 17. und 18. Jahrhunderts und zur Rezeptionsgeschichte der antiken Skulptur bereits zwei in das Projekt selbst integriert sind.

Bei der Auswahl der zu digitalisierenden Titel liegt beim Deutschen Archäologischen Institut der Sammelschwerpunkt auf der Topographie Roms und Italiens. Daher erstreckt sich die Titelauswahl vorrangig auf diese Regionen. Die Universitätsbibliothek Heidelberg digitalisiert schwerpunktmäßig Titel zu Griechenland, der Türkei, dem übrigen östlichen Mittelmeerraum sowie zu Ägypten.

Die beiden Projektpartner verfügen über herausragende, sich ideal ergänzende Bestände, die einen wesentlichen Teil der Antikenrezeption dieser Epochen nicht nur reflektieren, sondern auch die Geschichte der Archäologie und der Ägyptologie an sich dokumentieren.

Die zur Digitalisierung vorgesehenen Alten Drucke des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom sind zwischen etwa 1500 und 1830 entstanden und dokumentieren die Entwicklung der Auseinandersetzung mit den materiellen Hinterlassenschaften der Antike von der Renaissance bis zum Zeitalter der Aufklärung und der Etablierung der Klassischen Archäologie als selbstständiger Disziplin.

Ein Schwerpunkt des Rarabestandes liegt naturgemäß auf der Topographie Roms und Italiens, nicht nur, weil die Bibliothek hier ihren Standort hat, sondern auch weil sich Rom seit der Rückkehr der Päpste aus dem Exil in Avignon zum Zentrum und gleichzeitig zum Studienobjekt der antiquarischen Forschung entwickelt hatte. Diese war bestrebt, die antiken Funde und die Topographie des alten Rom mit den Informationen der antiken Schriftquellen zu erklären und in Einklang zu bringen. Die Werke der meisten Antiquare sind vorhanden, von den noch fast ausschließlich an den Schriftquellen orientierten Studien des G.P. Leto und des F. Blondus über den vielleicht ersten Spezialforscher A. Fulvio bis hin zu späten Kompilatoren wie R. Venuti. Oft liegen mehrere Ausgaben und Übersetzungen vor.

Vom topographischen Ansatz ausgehend, wurden bereits im 16. Jh. zahlreiche Spezialuntersuchungen zu verschiedenen Denkmälergattungen verfasst, die sich in den nachfolgenden Jahrhunderten fortsetzten, zum Teil eigene Forschungsstränge begründeten und ihrerseits auf Kunst und Kultur ihrer Entstehungszeit einwirkten. Als einige frühe Beispiele seien hier genannt U. Aldrovandi zur Skulptur, P. Apianus und J. Mazochius zu den Inschriften und für die Numismatik F. Orsini.

Die Zunahme von Antikensammlungen in ganz Europa führte im 17. Jh. zu einem weiteren Aufblühen der antiquarischen Gelehrsamkeit, die eines ihrer Hauptanliegen darin sah, reale Objekte mit Personen oder Ereignissen in Beziehung zu setzen, die aus der schriftlichen Überlieferung bekannt waren. Das Zentrum des Interesses lag hierbei weiterhin in Rom und Italien, welches zunehmend bereist wurde. Neben den nach wie vor gepflegten Gattungen der topographischen Untersuchungen und der Corpora zu einzelnen Denkmälergruppen entstanden nun auch umfangreiche Sammlungskataloge, die im Bestand der Bibliothek gut vertreten sind, von frühen Beispielen wie H. Prideaux über die Arbeiten F. Goris zu den florentiner Sammlungen bis hin zu vielbändigen Werken wie die von E. Pistolesi.

Den Blick auf die Antike erweiterten die mehrbändigen, offiziellen Publikation Le antichità di Ercolano esposte, die 1757-1792 vorgelegt wurden und die ersten Flächengrabungen in den Vesuvstädten dokumentierten. Sie wurden durch zahlreiche kleinere Publikationen vom Hof unabhängiger Gelehrter ergänzt. Etwa gleichzeitig weckten nun auch die monumentalen Ruinen der griechischen Städte Unteritaliens und Siziliens das Interesse der Gelehrten und es entstanden großformatige Stichwerke und wissenschaftliche Studien wie G. Pancrazi und J.P. D'Orville.

Am Ende der Entwicklung war aus der antiquarischen Forschung eine wissenschaftliche Disziplin geworden, die sich als Teil der Altertumswissenschaft eines überaus lebhaften Interesses erfreute, da die Kultur der Antike als normativer Orientierungs- und Anhaltspunkt in vielen Bereichen des kulturellen und politischen Lebens rezipiert wurde. Die Antikenbegeisterung Goethes ist hierfür ebenso ein Beleg wie die Einrichtung entsprechender Lehrstühle an den Universitäten und schließlich auch die 1829 erfolgte Gründung des Instituto di Corrispondenza Archeologica in Rom, für das der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm das Protektorat übernahm.

Die Bereitstellung und Erschließung der Alten Drucke aus der Frühgeschichte der Archäologie ist vor diesem Hintergrund nicht nur fachintern, sondern fächerübergreifend ein Beitrag zur interdisziplinären, kulturgeschichtlichen Forschung.