Raum & Zeit
Rapa Nui - Erste Besiedlung, Adaption und Landschaftstransformation
Der frühste Zeitpunkt der Besiedlung Rapa Nuis wird in der Polynesienforschung nach wie vor diskutiert. Die Forschungen des DAI am Fundort Ava Ranga Uka A Toroke Hau konnten durch sehr frühe Daten im Zentrum der Insel wichtige post-quem-Informationen liefern. Im Gegensatz zu genetischen Daten, die die Besiedlung um 1250 n. Chr. ansiedlen, konnte Radiokarbondaten aus frühen archäolgischen Schichten zeigen, dass bereits spätestens im 11. Jahrhundert monumentale Steinarchitektur im Inselinneren geschaffen wurde.
Als auffälligste kulturelle Ausdrucksform entwickelte sich vor allem entlang der Felsküste eine dem Ahnenkult dienende Plattform-Architektur (Ahu) mit Krematorien und integrierten Grabkammern. Diese wird häufig durch anthropomorphe Monumentalplastiken (Moai) aus weichem Tuffstein ergänzt. Über 900 derartige Figuren sind bislang von der Insel bekannt, die meisten von ihnen stehen an ihrem Herstellungsort im Steinbruch am Vulkan Rano Raraku, säumen vereinzelt die speziell für den Statuentransport angelegten Straßen bzw. liegen – ursprünglich einzeln oder in Gruppen aufgestellt – umgestürzt in der Nähe der für sie bestimmten Plattformen. Heute sind sie erheblich von Zerstörung bedroht, sei es durch Witterungsverhältnisse und das Weidevieh, sei es durch den Vandalismus von Besuchern.
Vor dem Kontakt mit den Europäern lebte die Inselbevölkerung – die Schätzungen schwanken zwischen 5.000 und 15.000 Individuen – hauptsächlich vom Gartenbau. Nicht zuletzt wegen des Bedarfs an landwirtschaftlichen Anbauflächen transformierten die Rapanui den endemischen Palmenwald in eine flächendeckende Kulturlandschaft.
Vegetationsrekonstruktionen ergaben, dass einst fast 20 Millionen Palmen auf Rapa Nui wuchsen. In den ersten Jahrhunderten nach der Ankunft der polynesischen Siedler auf Rapa Nui hatte der menschliche Einfluss auf das Waldökosystem der Insel nur geringe Auswirkungen. Sicher gab es lokale Rodungen zur Errichtung von Siedlungen und kulturellen Stätten, die den natürlichen Wald in ein vom Menschen verändertes Waldökosystem umwandelten. Ab der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, begannen die Rapanui damit, sukzessive ausgedehnte Flächen des Waldes von Rapa Nui zu roden. Im Verlauf von etwa vier Jahrhunderten erstreckte sich die Abholzung schließlich über die gesamte Insel.
Die Entwaldung der Insel blieb nicht ohne Folgen. Die fruchtbaren Böden waren nun ungeschützt der Austrocknung und der Erosion ausgesetzt. Bei Regenfällen wurden große Mengen Sediment ins Meer gewaschen und hatte negative Auswirkungen auf die RIffen und das marine Leben. Auch kulturellen Stätten wurden von Sedimenten begraben, Zeremonialplattformen nahe der Steilküste rutschten ab.
Um diesen Prozessen entgegenzuwirken entwickelten die Rapanui ein beispielloses System von Steinmulchen. Hierzu würden Milliarden von pörosen Vulkansteinen auf die Gartenböden aufgebracht. Eine wahrhaft monumentalte Aufgabe. Die Steinmulchen schützen die Pflanzen vor der Sonne und dem harschen Wind, und hielten die Feuchtigkeit. Sie war es möglich auch nach der Abholzung des Palmenwaldes die Böden zu stabiliseren und anhand von optimierter Landnutzung eine zahlreiche Bevölerung zu ernähren.
Den Rapanui gelang es, durch Adaption und technische Innovationen ihr Überleben auf der isolierten Insel zu sichern. Der vielzitierte Kollaps erfolgte erst nach Kontakt mit der westlichen Welt. Eingeschleppte Krankheiten dezimierten die Bevölkerungszahlen und zerrütteten die sozio-politschen Gefüge. Die Versklavung einer großen Anzahl von Rapanui durch peruanische Sklavenhändler führte zu einem desatrösen Verlust von traditionellem Wissen. 1888 wurde die Insel von Chile annektiert und an die schottische Firma Williamson und Balfour vermietet. Die nutze die Insel als Schafzuchtfarm. Die völlige Übergrasung der Insel vom Ende des 19. Jahrhunderts bis Mitte des 20. Jahrhundert hatte irreparable Schäden für die Vegetation und die Böden zur Folge. Um die Schafe in verschiedenen Parzellen auf der Insel zu halten, wurden die ausgeklügelten Steinmulchen der Rapanui entfernt und als Trockenmauern zweckentfremdet. Die Bewohner der Insel wurden im Rahmen dessen in dem neu geschaffenen Ort Hanga Roa ghettoisiert, den sie nur mit Passierschein verlassen durften.
Erst in den letzten Jahren und besonders während der Covid19-Pandemie wird auf der Insel wieder vermehrt Landwirtschaft betrieben. Die Techniken der alten Rapanui finden hierbei wieder Anwendung und bewirken eine deutliche Ertragssteigerung.
Rapa Nui - Umwelt und Raum
Rapa Nui (Osterinsel) liegt völlig isoliert in den subtropischen Bereiten des Südpazifiks gut 4.300 Kilometer von Tahiti und 3.800 Kilometer von der südamerikanischen Küste entfernt. Die nur 169 Quadratkilometer große Insel verdankt ihre Entstehung einem rezenten Vulkanismus, dessen Anfänge maximal 3 Millionen Jahre zurückreichen. Trotz einstiger dichter Bewaldung mit einer endemischen Palmenart war die Artenvielfalt begrenzt; Ressourcen wie fruchtbare Böden für Landwirtschaft und Wasser waren knapp.
Die Quebrada Vaipú durchzieht die Südflanke des knapp über 500 m hohen Terevaka-Vulkans. Der Bachlauf hat seine Quelle im Kratersee des Rano Aroi, dem von allen drei Kraterseen der Insel am leichtesten zugänglichen Binnengewässer. Mit etwa siebzig Metern Höhendifferenz knapp unterhalb des Gipfels des Terevaka ist sein Einzugsgebiet trotz durchschnittlicher Niederschlagsmengen von bis zu 2000 mm p/a eher bescheiden. Ursprünglich hatte der Kratersee auf seiner Südseite einen natürlichen Abfluss, eine Rinne, die in ihren oberen 2 km einem ehemaligen Lavatunnel nutzt, dessen Decke fast auf der gesamten Länge eingestürzt ist. Weiter unten folgt der Bach der Kante eines ausgedehnten Lavaflusses, um dann nach gut 8 km bei Opipiri, unmittelbar benachbart zum Siedlungs- und Zeremonialplatz Akahanga, ins Meer zu münden. Der Bachlauf bildet gleichsam einen Transekt über fünfhundert Höhenmeter vom Meer bis zur höchsten Punkt der Insel.
Der Fundort Ava Ranga Uka A Toroke Hau liegt in einer Weitung des Bachbetts der Quebrada Vaipú. Obwohl der Bach heute nur nach starken oder langanhaltenden Regenfälle Wasser führt, stehend die architektonischen Installationen im Zeichen des Wassers.
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