Raum & Zeit
Der prädynastische Friedhof U ist wahrscheinlich einer der frühesten Negade-zeitlichen Bestattungsorte Oberägyptens. Er geht bis in das frühe 4. Jt. v. Chr. zurück und umfasst ca. 650 Grubengräber. Im Verlauf seiner Belegungsgeschichte bis ca. 3200 v. Chr. lässt sich erkennen, wie sich der Friedhof mit zunächst einfachen Grubenbestattungen im Sand zu einer Elitenekropole entwickelt, was auf die Existenz eines frühen Primärzentrums hinweist. Die in den Wüstenboden eingelassenen Elitegräber sind vergleichsweise groß und aufwendig mit einer Vielzahl von Grabbeigaben ausgestattet. Die Gruben der späteren prädynastischen Gräber sind mit Lehmziegelmauern eingefasst und verfügen z. T. über mehrere große Kammern, die die Bestattung und zahlreichen Grabbeigaben aufnehmen konnten. Ein erster Höhepunkt dieser Nekropolengeschichte lässt sich mit dem Grab U-j erkennen, das als eines der wichtigsten Gräber der frühen Negade III Zeit (um 3250 v. Chr.) gilt. Es hat über 12 Kammern, in denen Reste einer überaus reichen Grabausstattung gefunden wurden, was auf einen frühen ägyptischen Herrscher hinweist. Zu einem großen Teil der Grabausrüstung gehörten Hunderte aus der Levante importierte Keramik-Weinkrüge und zahlreiche andere, lokal hergestellte Gefäße, die Öle, Speisen und Getränke enthielten und mit Tintenaufschriften versehen waren. Neben einer Vielzahl von verschiedenartigen Kleinfunden zählen auch kleine Anhängetäfelchen aus Knochen und Elfenbein zu den Besonderheiten dieses Grabes, da sie die ersten Belege der ägyptischen Hieroglyphenschrift darstellen. Wenige Generationen nach diesem frühen Herrscher sind im Friedhof B Grabanlagen zu finden, die Herrschern der 0. und 1. Dynastie (um 3100 v. Chr.) zugeordnet werden können. Sie stellen somit die ältesten Königsgräber Ägyptens dar. Ihre Inhaber, wie König Narmer und Hor-Aha, gelten als Begründer des Pharaonischen Territorialstaats, dessen Gebiet vermutlich schon damals vom 1. Katarakt im Süden bis zur Mittelmeerküste reichte.
Auch ihre Nachfolger ließen sich bis zum Ende der 1. Dynastie (um 2900 v. Chr.) in Umm el-Qa’ab in gewaltigen unterirdischen Grabanlagen bestatten, die aus Lehmziegeln, mit Holzeinbauten und z. T. mit Steinböden errichtet und ursprünglich von Sandhügeln bedeckt waren. Die Königsgräber der 1. Dynastie waren außerdem von zahlreichen Nebengräbern umgeben, die für einfache Leute, Höflinge und Beamte vorgesehen waren. Nach einer Pause während der 2. Dynastie, als die ägyptischen Könige nahe ihrer Hauptstadt Memphis im Norden begraben wurden, kehrten die letzten beiden Herrscher dieser Dynastie, Peribsen und Chasechemui, zur Nekropole ihrer Vorfahren zurück und ließen sich ebenfalls hier bestatten. Im Verlauf der späteren pharaonischen Geschichte, vor allem ab dem Mittleren Reich (um 2000 v. Chr.), gewann diese Nekropole erneut an Bedeutung, als vermutet wurde, dass hier der ägyptische Gott Osiris begraben war, und man den Friedhof somit als äußerst heiligen Ort betrachtete. Hier wurden dann über die kommenden zwei Jahrtausende Rituale ausgeübt und Opfergaben, insbesondere in Form von Keramik-Gefäßen, niedergelegt, was dem Ort seinen heutigen Namen Umm el-Qaab verlieh.
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