Raum & Zeit
Das Heiligtum lag in der Antike wie heute am westlichen Stadtrand. Es wird zwar modern immer mehr von der Stadt eingeschlossen, nördlich und westlich des Heiligtums dominiert aber nach wie vor gärtnerisch und landwirtschaftlich genutztes Land.
Die seit dem 8. Jt. v. Chr. nachweisbare Besiedlung des Ortes auf einem Siedlungshügel (Tell) wird vom großen Zentralhof des Heiligtums eingefaßt, wahrscheinlich schon in vorrömischer Zeit. Seit dem präkeramischen Neolithikum ist eine kontinuierliche Präsenz von Menschen nachweisbar.
Als der Bau des römischen Heiligtums begonnen wurde, war der Tell bereits mehr als 10 m über den Felsgrund angewachsen. Eine 14 m hohe Terrasse wurde am Westhang des Tells errichtet. Hier sollte wahrscheinlich ein Tempelbau in traditioneller T-Form errichtet werden, kam aber nicht zur Ausführung. In der ersten Hälfte des 1. Jhs. n. Chr. wurde der Plan neu gefaßt, und die Ausführung eines überdimensionalen korinthischen Ringhallentempels mit 10 Frontsäulen wurde begonnen. Die alten Terrassenmauern wurden zu Fundamentmauern umgstaltet, und eine riesige Podienschale sollte diese ummanteln. Die Ausführung blieb unfertig, die drei an der Westseite verlegten Steine der Mittelschicht, die jeweils 19 m lang sind, bildeten als "Trilithon" fortan ein Erkennungsmerkmal des Areals. Es handelt sich dabei um die drei größten bekannten Bausteine menschlicher Architektur.
Die Ringhalle bestand aus 54 gut 20 m hohen korinthischen Säulen. Bemerkenswert ist die einzigartige und sicher aus lokaler Intention heraus erfolgte Gestaltung des Frieses, der auf Akanthusblättern gestützte Konsolen gelegte alternierende Stier- und Löwenprotomen zeigt.
Um den vor dem Tempel gelegenen Hof, der bereits teilweise eingefaßt war, wurde eine größere Ummantelung gelegt, die aber während der Bauzeit zwischen dem späten 1. Jh. und dem frühen 2. Jh. n. Chr. mindestens einmal umgeplant wurde. Der Hof wurde mit Säuenhallen, deren Schäfte aus ägyptischem Granit waren, umgeben. Hinter den Säulenhallen befanden sich streng symmetrisch angelegte Exedren in abwechselnd rechteckiger und halbrunder Form. Die Hoffläche beinhaltete zwei große Altartürme und zwei ebenfalls nahezu symmetrisch angelegte Wasserbecken sowie weitere, nicht mehr ganz eindeutig zu definierende Anlagen. Das Baumaterial ist stets einheimischer Kalkstein, neben dem Rosengranit lassen sich aber auch Reste von weiterem Buntgestein und auch Mrmor, der stets in den Libanon importiert wurde, nachweisen, was vielleicht zur Ausstattung des Heiligtums diente.
Die Bauordnung ist stets korinthisch, im Untergeschoß lassen sich aber auch Elemente der dorischen und der ionischen Ordnung finden. Die Wände der Exedren waren mit zweigeschossigen Aediculen belegt, in denen eine Vielzahl von unterlebensgroßen Statuen stand. Auch in den Höfen selbst standen viele Statuen, von denen sich die entweder lateinisch oder griechisch beschrifteteten Postamente erhalten haben. Aufgestellt waren neben Göttern auch Kaiser sowie verdiente Bürger der Stadt.
Die Bauarbeiten zogen sich über das 2. Jh. n. Chr. hin, und an der Wende zum 3. Jh. n. Chr. wurden ein hexagonaler Vorhof sowie eine große Eingangshalle, die Propyläen, errichtet. Mit der Ende der Herrschaft des Kaisers Caracalla wurden die Bauarbeiten wohl eingestellt, obwohl nicht alle Feinarbeiten abgeschlossen waren.
Das Jupiterheiligtum ist das Ergebnis der römischen Umformung des alten Siedlungshügels zu einer Sakralanlage. Nach Aussagen des jüdischen Historikers Flavius Josephus befand sich Baalbek seit den Feldzügen des römischen Feldherrn Pompeius Magnus in den Jahren 64/63 v. Chr. im Bereich römischer Interessen. Nach der Neuordnung der römischen Ostprovinzen unter Marcus Agrippa wurden Beirut und Baalbek zur Colonia Iulia Augusta Felix zusammengefaßt. Die Nutzung des Heiligtums als Ort der Repräsentation läßt sich seit den Weihinschriften unter Kaiser Nero fassen.
Gebaut wurde das Heiligtum sukzessive zwischen der Zeitenwende und dem frühen dritten Jahrhundert nach Christus. Es war dem obersten römischen Gott als lokale Form des Iupiter Optimus Maximus Heliopolitanus geweiht, was durch Inschriften sowie der seit severischer Zeit einsetzenden Münzprägung zu entnehmen ist. Zwei Inschriften sind datierend: Ein Graffitto auf einem Säulenfragment des Jupitertempels ist auf den 2. August (Boos) des Jahres 60 n. Chr. (371 nach seleukidischer Zählung) datiert, eine Gruppe von drei Inschriften an den Säulenbasen der Propyläen ist unter der Herrschaft des Kaisers Caracalla (211-217 n. Chr.) entstanden.
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