Kolosseum

Ergebnisse

Das Untergeschoss des Kolosseums war von Anfang an Bestandteil des Bauplans, da die Fundamente für die Mauerzüge des Untergeschosses nicht nachträglich realisierbar gewesen wären. Gleiches gilt für die Zugangsgalerien und Magazine im Fundamentbereich des Kolosseums. Parallel zu der bauforscherischen Untersuchung wurde eine Grabung im Untergeschoss vorgenommen, bei der bauliche Strukturen von der Vorgängerbebauung aufgedeckt wurden sowie der Fundamentaufbau der Mauerzüge geklärt werden konnte. Ferner konnte ein Zusammenhang zwischen der sog. Umfassungsmauer und den im Fußboden des Untergeschosses vereinzelt eingesetzten Travertinquadern hergestellt werden.

Nach den Ergebnissen der Sondagen ist anzunehmen, dass in einer früheren Bauphase weitere Travertinquader, die eine quadratische Aussparung aufweisen, verlegt waren. Diese bildeten zusammen mit der sog. Umfassungsmauer den Standort für ein hölzernes Stützensystem, das den Arenaboden vor der Errichtung der Mauerzüge im Untergeschoss trug. Sollte sich diese Annahme bestätigen, welches noch durch weitere Sondagen zu überprüfen ist, so würde es sich bei dem Stützensystem für eine solche erste Arena in Holzkonstruktion um eine geplante Maßnahme für eine der Einweihungsfeiern handeln. In Frage kommen entweder die Feier von 79 n. Chr. unter Vespasian oder die im Jahr 80 n. Chr. unter Titus. Durch ein solches Stützensystem war es möglich, den Arenaboden in kurzer Zeit zu demontieren und die bis dahin noch nicht mit Mauerzügen bebaute Fläche des Untergschosses für Naumachien und Darbietungen im Wasser zu nutzen. Damit war die Möglichkeit gegeben, Gladiatorenkämpfe und Naumachien am gleichen Ort auszutragen. Die bauliche Situation des Untergeschosses erlaubt für solche Spiele jedoch nur einen Wasserstand von ca. 1-1,5 m, so dass wir uns die Darbietung, bedingt auch durch das eingeschränkte Sehverhältnis aufgrund des tiefer liegenden Spielniveaus bei der Naumachie, zwar prächtig, aber nicht zu gigantisch vorstellen dürfen. Die durch große Nischen und vorstehende Steinkonsolen gegliederte sog. Umfassungsmauer, über die auch das Wasser eingeleitet wurde, hätte dann bei diesen Veranstaltungen die Funktion einer Schauwand ähnlich eines Nymphäums besessen.

Unter den technischen Anlagen, welche sich durch genaues Studium einer Vielzahl von Spuren am Bau gut erforschen lassen, stehen die Aufzugssysteme für die Tiere der venationes und die Bühneneinrichtungen im Mittelpunkt. Jetzt lassen sich drei verschiedene Systeme lokalisieren, deren Installation zwischen dem Ende des 1. Jh. (81-96) und der Mitte des 4. Jh. n. Chr. anzusetzen sind. Zwei der Aufzugsysteme, diejenigen in den Korridoren B sowie F und H, gehören aufgrund bautechnischer Details zur Errichtungsphase des Kolosseums und können somit in die flavische Zeit datiert werden. Beide Systeme, zum einen das der Käfige für die Tiere im Korridor B, zum anderen das mit beweglicher Plattform für die Dekorationen in den Korridoren F und H, besitzen das gleiche mechanische Prinzip, da ihnen jeweils eine eigene Winde zugeordnet ist. Diese sind im Korridor B unmittelbar neben dem Aufzugskäfig positioniert, in den Korridoren F und H sind sie in eigens dafür geschaffene Bereiche untergebracht. Für den Korridor B lassen sich so 28 Aufzugskäfige nachweisen, die dazu dienten, Tiere bis zur Größe einer Raubkatze oder eines Bären in die Arena zu transportieren. Hingegen konnten in den Korridoren F und H, wo insgesamt 16 ca. 4 x 5 m große Plattformen installiert waren, großformatige Dekorationen hochgezogen werden.

Im Laufe seiner antiken Nutzungszeit hat der Bau einige erhebliche Schäden erlitten, die tiefgreifende Reparaturen erforderlich machten. Am einschneidensten waren die Zerstörungen im Brand unter Macrinus im Jahre 217 und die fast zwanzigjährigen Wiederherstellungsarbeiten. Dabei wurden durch die Notwendigkeit, die Mauerzüge im Untergeschoss zu stabilisieren, beide Aufzugsysteme unbrauchbar, da mit dieser Maßnahme nicht nur die Führungsrinnen für die Seilzüge, Käfige und Plattformen zugemauert wurden, sondern auch eine Queraussteifung in Form von großen Ziegelbögen eingezogen wurde.

Die beiden Aufzugsysteme wurden daher aufgegeben und in den Korridoren E und G ein neues System in Form von 60 gemauerten Schächten eingerichtet. Aufgrund der Queraussteifung der Mauerzüge, die in ca. 3 m Höhe liegt, stand die gesamte Höhe des Untergeschosses von ca. 6 m für das neue Aufzugsystem nicht mehr zur Verfügung. Daher war es notwendig, ein neues Laufniveau oberhalb der Queraussteifung in Form eines Holzbodens einzuziehen. Wegen der räumlichen Enge in den Korridoren E und G konnte das bisherige Modell - Winde, Aufzugskäfig, Winde, Aufzugskäfig etc. - nicht beibehalten werden. Daher wurde an den Kopfenden der Korridore je eine Winde installiert.

Dem Wunsch der Soprintendenza Archeologica di Roma nach der Wiederherstellung eines Teils des Arenabodens im Kolosseum, konnte bis zum Jahr 2000 in Zusammenarbeit mit der Università La Sapienza Roma Dipartimento di Ingegneria Strutturale e Geotecnica entsprochen werden. Aus didaktischen und konservatorischen Gründen wurden ca. 440 qm, was ca. 1/7 der Gesamtfläche entspricht, im östlichen Bereich des Untergeschosses abgedeckt. Dieser Teil der Anlage wurde durch die Grabung und anschließende Restaurierung von 1875, bei der alle Ziegeleinbauten entfernt wurden, so stark zerstört, daß hier problemlos das neue Stützensystem auf die antiken Fundamente gesetzt werden konnte. Die Auseinandersetzung mit diesem Vorhaben ergab, dass der Arenaboden in der Antike mehrmals komplett erneuert, sein Laufniveau angehoben und seine hölzerne Konstruktion eingreifend verändert wurde. Bisher lassen sich drei Phasen (A-C) für den Arenaboden dokumentieren, die sich in ihrer Konstruktionsart jeweils unterscheiden.