Bronze- und früheisenzeitliche Hortfunde der Kolchis-Kultur in West- und Zentralkaukasien

Ergebnisse

Die Kolchischen Horte:

Die sogenannte Kolchis-Kultur ist zwischen 1600 und 700 v. Chr im Tiefland Westgeorgiens bzw. in der zentralen Kolchis verbreitet. Die Zentral- und Westgebiete Nordkaukasiens, wo sich heute die Republiken der Russischen Föderation Čečenien, Ingušetien, Nordossetien, Kabardino-Balkarien und Karačaevo-Čerkessien befinden, waren von der sogenannten Kobankultur geprägt. Diese Kulturerscheinungen im südlichen und nördlichen Kaukasus werden von einigen Forschern als Einheit, von anderen wiederum als zwei voneinander getrennte Kulturen angesprochen. Die Kolchis-Kultur ist von zahlreichen Siedlungen, Gräberfeldern und Hortfunden unterschiedlichen Typs gut bekannt.

Die kolchischen Horte sind nach dem gegenwärtigen Stand unseres Wissens die östlichste Ausprägung des Phänomens Horte im westlichen Eurasien. Der Publikationsstand ist äußerst bescheiden und damit besteht gegenwärtig kaum eine Möglichkeit diese Hortprovinz besser zu verstehen.

Im Jahre 1965 veröffentlichte Domenti Koridze einen ersten Katalog und Analysen der Bronzehorte der Kolchis-Kultur. Er identifizierte sechs Hortstufen. Nach seiner Chronologie gehört der älteste Hort von Ureki in die Zeit vom 18. bis 16. Jh. v. Chr. Er markiert zugleich den Beginn der westgeorgischen Mittelbronzezeit. Eine jüngere Hortstufe datiert zwischen das 16. und beginnende 13. Jh. v. Chr., weitere Hortstufen werden in das 13.-12. Jh. v. Chr., 12.-11. Jhr. v. Chr., 10.-8. Jh. v. Chr. und 8.-7. Jh. v. Chr. datiert. Es besteht deutlicher Bedarf an einer Präzisierung der Chronologie.

In der georgischen und russischen Forschung gelten die Horte der Kolchis-Kultur als „Gießer“- oder „Händlerdepots“. Sie waren zur weiteren Verwendung bestimmt und die ökonomischen Hintergründe waren für die Deponierung entscheidend. Nach A. A. Iessen waren sie „Gießerdepots“. Dem folgte B. A. Kuftin. G. Gobedžišvili und O. Džaparidze teilten die Hortfunde in zwei Typen: die meisten gehörten zu „Gießerdepots“ oder relativ wenige zu „Händlerdepots“. Nach O. Gambašidze waren die meisten Horte Eigentum von großen patriarchalen Familien, die vielleicht aus 30-60 Personen bestanden. Er zog aber auch die Möglichkeit in betracht, dass viele dieser Horte „Gießerdepots“ sein sollten. Ju. Voronov hat die Horte immer mit der „Werkstätten“ verbunden. Er nannte diese Funde sogar „Клады-мастерские“, Hort-Werkstätten. Otar Lordkipanize verstand die kolchischen Depots als mehrfunktionales Phänomen, welches sowohl religiöse als auch sozial-ökonomische und ethno-kulturelle Bedeutungen aufwies. Die meisten Depots der Kolchis hatten seiner Meinung nach aber rituelle Bedeutung und waren Gaben an die Götter.

Jenseits dieser Schlagworte ist die Tatsache, dass Horte im 2. Jt. v. Chr. im Kaukasus eine späte Innovation darstellen, ein bemerkenswertes kulturhistorisches Phänomen. Natürlich besagt dies für die Deutung, dass es sich kaum um Krisenverstecke handeln dürfte, außer man nähme an, dass es zweitausend Jahre (4.-3. Jt. v. Chr.) im Kaukasus keine Krisen gegeben hätte. Dies erscheint jedoch wenig wahrscheinlich. Das Metall wurde vielmehr in einer neuartigen Weise verwendet, indem man es (in kleinen Mengen) in Gefäßen oder einfachen Gruben, außerhalb der bekannten Siedlungsareale der Erde anvertraute. Daher stellt sich natürlich die Frage, welche Gründe hierfür namhaft gemacht werden können und ob es denkbar ist, dass die „Hortsitte“ Ergebnis eines kulturellen Austausch mit dem Westen gewesen sein könnte. Die bemerkenswerte Tatsache, dass in Ostgeorgien im 9. Und 8. Jh. V. Chr. keine Horte, sondern Heiligtümer mit Metallvotiven existierten, ist zu Recht als ein Bruch bzw. eine kulturelle Grenze verstanden worden. Auch wurde auf die Vergleichbarkeit dieser Heiligtümer mit solchen in Urartu hingewiesen. Tief im Osten, im Kaukasus trifft die Hortsitte also auf die Metallweihung im Heiligtum, was auch als eine sich überlappende Komplementarität verstanden werden kann. Hier bietet sich ein Vergleich mit dem bereits erwähnten Phänomen der Horte im Languedoc an. So hat St. Verger typische Launac-Bronzen in sizilischen Heiligtümern identifiziert und damit erstmals den Austausch zweier vorderhand unterschiedlicher Praktiken herausgestellt.

Die kolchische Hortprovinz ist somit in besonderer Weise geeignet einen Beitrag zum Verständnis des Hortphänomens im Allgemeinen zu leisten.