Die Besiedlung der nördlichen Badia (Nordostjordanien) im Spätchalkolithikum und der Frühbronzezeit. Ein Beitrag zur archäologischen Siedlungsgeographie in ariden Regionen Vorderasiens

© Photograph by R. Bewley, courtesy of APAAME // R. Bewley

Ergebnisse

Datierung der frühen Siedlungsschichten und des Damms in Jawa

Jawa ist eine große befestigte Siedlung im Nordwesten der Untersuchungsregion und gilt als wichtigsten Fundort in der Region. Der Ort wurde in den 1970er und 80er Jahren durch den kanadischen Archäologen S. Helms in Teilen ausgegraben. Dabei wurden die frühen Siedlungsschichten in den Beginn der zweiten Hälfte des vierten Jahrtausends v. Chr., der Frühbronzezeit I (EBA I), Diese chronologische Einordnung war lange Zeit umstritten, da sie ausschließlich auf der Keramiktypologie basierte und nicht durch 14C-Daten unterstützt wurde. Anfang 2015 konnten Holzkohlereste aus den Altgrabungen in Jawa am Maison de l’Orient in Lyon ausfindig gemacht. In Zusammenarbeit mit Alison Betts (University of Sydney) und George Wilcox (Maison de l’Orient, Lyon) wurden Radiokarbondatierungen an fünf Proben vorgenommen, die aus den frühesten stratigraphisch erfassten Siedlungsschichten in Jawa und dem berühmten Damm stammen. Die nun generierten 14C-Daten konzentrieren sich auf den Zeitraum von der Mitte bis in die zweite Hälfte des vierten Jahrtausends v.Chr. und bestätigen damit die, auf Keramiktypologien beruhende zeitliche Einordnung, die den Beginn der Besiedlung und die erste Bauphase des Damms in den Beginn der Frühbronzezeit (EBA I) datieren.

Surveys und Ausgrabungen in Tulul al-Ghusayn

Im April 2015 erfolgte die erste Feldforschungskampagne des Projektes in Tulul al-Ghusayn. Der Fundort befindet sich auf einem Vulkan ca. 70 km östlich von Jawa und wurde ursprünglich von David Kennedy und Robert Bewley auf einer luftbildarchäologischen Befliegung im Rahmen des APAAME Projektes (Aerial Photographic Archive for Archaeology in the Middle East) im Jahr 2011 entdeckt. Im Jahr 2013 fanden erste Voruntersuchungen des Fundplatzes im Rahmen des Vorgängerprojektes statt.

Die Feldforschungskampagne im April 2015 bestand aus einem Oberflächensurvey und einigen kleineren Grabungen und Sondagen. Als Ergebnismist festzuhalten, dass sich die Wohnbebauung auf vier Bereiche konzentrierte: auf den Krater, dem durch eine umlaufende Befestigungsmauer umgebenen südlichen Kraterrand, den südlichen Außenhang mit der südlich daran anschließenden Terrasse und den östlichen Fuß des Vulkans. Darüber hinaus zählen Gartenterrassen im Krater und an einigen Außenhängen des Vulkans zu den besonderen Charakteristika des Fundortes.

Die Wohnbebauung in Tulul al-Ghusayn ist durch kleine ein- und zweizellige Bauten charakterisiert. An zwei Gebäuden konnten bei den Grabungen Feuerstellen, die sogar ausreichend organisches Material für 14C Analysen boten, auch Reste vom Inventar, wie z.B. Reibsättel, Feuersteingeräte und ein nahezu vollständiges Keramikgefäß, dessen Tonmagerung und Herstellungsart auf einen Import schließen lässt, identifiziert werden. 14C Datierungen belegen eine Besiedlung im Zeitraum zwischen 3.600 und 3.500 calBC.

Von großer Besonderheit sind die Terrassengärten, die sich im Krater und auf den südlichen sowie östlichen Außenhängen des Vulkans befinden. In den Terrassengärten wurden eine Reihe von Überläufen zwischen den Gärten identifiziert, welche die Weiterleitung des Wassers von Garten zu Garten nach dem Kaskadenprinzip ermöglichten, was bereits aus den Gärten bei Jawa bekannt ist. Allerdings ist das Wassereinzugsgebiet der Kratergärten von Tulul al-Ghusayn sehr klein, da es sich dabei nur um den Kraterrand handeln konnte.

Surveys und Ausgrabungen in Khirbet al-Jabariya

Im Frühjahr 2016 sollte die zweite Feldforschungskampagne des Projektes ursprünglich in Khirbet Abu al-Husayn stattfinden, um dort einige Grabungen und Sondagen durchzuführen. Durch Starkregen überschwemmte Lehmpfannen verhinderten jedoch das Erreichen dieses Siedlungsplatzes, so dass die Forschungsaktivitäten auf den Fundort Khirbet al-Ja‘bariya verlagert wurden. Die befestigte Höhensiedlung Khirbet al-Ja‘bariya wurde vom Projektleiter im Sommer 2015 auf Satellitenbildern entdeckt und in Kooperation mit David Kennedy und Robert Bewley vom APAAME Projekt im Oktober 2015 überflogen und fotografiert. Der Fundort liegt auf einem Basaltrücken ca. 25km ostsüdöstlich von Jawa und besteht aus einem, von einer Umfassungsmauer umgebenen Siedlungsbereich auf dem Hügelrücken und Gebäuderesten sowie Terrassengärten auf dem Nord- bzw. Südhang. Die diesjährigen Forschungsaktivitäten hatten zum Ziel, die oberflächlich sichtbaren Baureste zu dokumentieren und zu charakterisieren. Darüber hinaus erfolgten Ausgrabungen in Gebäuden, um u.a. datierbares Fundmaterial zu erhalten. Sondagen in den Terrassengärten dienten dazu, Proben für Sedimentanalysen zu gewinnen.

Die Befestigungsmauer auf dem Hügelrücken ist in Teilen noch bis zu zwei Meter Höhe erhalten und besteht aus, zumeist zweischaligem, Mauerwerk. Drei Toranlagen ermöglichen den Zugang zu diesem Bereich, der durch kleinere Mauern intern differenziert ist, allerdings keine Reste von Wohnbebauungen aufzuweisen scheint. Wohnbebauungen wurden hingegen vor allem auf der Südflanke des Basaltrückens identifiziert und in geringerer Anzahl auch auf der Nordflanke. Wie in Tulul al-Ghusayn handelt es sich um zumeist kleine einräumige Gebäude von ca. drei bis fünf Meter Länge und etwa zwei bis vier Meter Breite. In zwei von diesen Gebäuden wurden Testschnitte angelegt, bei denen nur wenige diagnostische Kleinfunde, zumeist Lithikartefakte, gefunden wurden. In beiden Fällen stießen wir am Boden beider Gebäude auf Feuerstellen mit Holzkohleresten, die derzeit analysiert werden. Darüber hinaus wurden auf der Oberfläche der Siedlung auf der Südflanke und in beiden Gebäuden einige Reibsteine gefunden, die auf die Verarbeitung von Ackerbauprodukten, wie Getreide verweisen. Dass im unmittelbaren Siedlungsbereich auch Ackerbau betrieben wurde, belegen auch die Terrassengärten, die sich in einer Reihe an der Südflanke unmittelbar unterhalb der Befestigungsmauer entlangziehen. Eine weitere Reihe von Gärten befindet sich am Fuß des Nordhanges.

Die Wohnbauten, die Befestigungsmauer und vor allem die Gärten zeigen strukturelle Parallelen zu Jawa und vor allem zu Tulul al-Ghusayn und lassen es plausibel erscheinen, dass die Besiedlung Khirbet al-Ja’bariyas ebenfalls in den Beginn der Frühbronzezeit datiert. Dies wird auch durch das Spektrum der wenigen diagnostischen keramischen und lithischen Kleinfunde unterstützt.

Allerdings gibt es auch Hinweise, dass der Höhenrücken bereits im Neolithikum aufgesucht wurde, worauf ein Felsbild verweist, welches einen Gepard zeigt, der eine Oryxantilope jagt. Nach-frühbronzezeitliche Aktivitäten auf dem Höhenrücken sind darüber hinaus durch einige Grabhügel sowie Safaitische und Arabische Inschriften belegt.

Khirbet al-Ja’bariya ist neben Jawa, Tulul al-Ghusayn und Khirbet Abu al-Husayn die vierte befestigte Höhensiedlung in der Basaltwüste aus der Frühbronzezeit. Neben diesen befestigten Höhensiedlungen konnten auf Satellitenbildern und im Gelände noch weitere kleinere unbefestigte Siedlungen identifiziert werden, die vor allem hinsichtlich der Bauweise der kleinen Wohnbauten starke Parallelen zu den genannten Orten aufweisen. Man kann daher davon ausgehen, dass entgegen bislang vorherrschender Lehrmeinung, die Basaltwüste im vierten Jahrtausend v. Chr. eine verhältnismäßig dicht besiedelte und intensiv genutzte Region gewesen ist.