Forschungen und Denkmalpflege am Orakel des Jupiter-Ammon (Ammoneion) in der Oase Siwa

Aghurmi, Tempelberg von O © DAI Kairo // K. P. Kuhlmann

Forschung

1792, mit Siwas "Wiederentdeckung" durch W. H. Browne, begann für die nächsten einhundert Jahre eine Phase intensiver Beschäftigung mit der verschollenen Orakelstätte seitens europäischer Forschungsreisender und Wissenschaftler. Archäologisch verwertbare Dokumente aus jener Zeit beschränken sich auf den damals noch besser erhaltenen Tempel von Umm Ubayda. Erst 1900 konnte der Ägyptologe G. Steindorff an Hand der von ihm aufgenommenen Darstellungen und Inschriften gesichertermaßen die Identität des Orakeltempels unter den bisher unzugänglich gebliebenen antiken Baureste auf Aghurmi feststellen. Ihm und den Architekten H. Ricke und H. Aubin sind die ersten detaillierten in situ gewonnen Angaben zu Geschichte und Architektur des Heiligtums zu verdanken. In der Folgezeit blieb es dem äg. Archäologen A. Fakhry vorbehalten, unsere Kenntnisse über das Ammoneion zu vertiefen. 1970/71 ließ Fakhry den Orakeltempel und weite Teile der Akropolis von modernen Wohnbauten befreien. Systematische Ausgrabung erfolgten jedoch erstmals im Rahmen des Ammoneion Projekts.

Neben der archäologisch-baugeschichtlichen Forschung mit Ziel der genaueren

(1.) planmäßigen Wiedergewinnung des mehrere Kultbauten sowie die Königsburg umfassenden Komplexes und
(2.) der Erschließung der Gebäudefunktion in Hinblick auf Kult- und Orakelpraxis, stand
(3.) die Frage nach Siwas praktisch unbekannter politischer und wirtschaftlicher Rolle zwischen Niltal und Pentapolis im Mittelpunkt des Interesses.

Fernab aller wichtigen Kommunikationswege und der Möglichkeit raschen Informationsaustauschs gelegen, nimmt es kaum Wunder, dass die Quellen nichts über ein aktives Eingreifendes Orakels in das internationale politische Geschehen zu berichten wissen. Die diesbezügliche priesterliche Ignoranz des „Weltgeschehens“ spiegelt sich in der Vagheit und Wechselhaftigkeit wieder, mit der sie den Gott antworten ließen („gewunden wie die Hörner des Ammon“). Schon seit Krösus’ Orakel – „Test“ (549 v. Chr.), in dem Ammon versagte, duerfte Siwa in zweifelhaftem Ruf gestanden haben, was die Verlässlichkeit seiner Sprüche anbelangte. Weshalb die Oase dennoch etwa zeitgleich mit der griech. Besiedlung der Cyrenaika zu Ansehen und Bedeutung gelangte, ist eine Kernfrage der Siwa-Forschung.

Auf Basis von Luftbildern wurde photogrammetrisch eine topographische Grundkarte erstellt. Auch die Wandaufrisse im Orakeltempel basieren mehrheitlich auf photogrammetrischem Aufmaß. Archäologische (Detail-) Pläne werden unter Einsatz einer Totalstation eingemessen, Handkorrekturen digitalisiert und in AutoCad endbearbeitet. Die strukturelle Sicherung des Berges und Tempels von Aghurmi basiert auf der Einbringung von vorgespannten Fels- und Mauerankern. Den Arbeiten gingen entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen der Statik, Geologie und Mineralogie voraus. Die Verwendung mineralogischer Materialien zu Restaurierungszwecken orientiert sich an den antiken Baustoffen.

Aghurmi, Griechische Steinmetzmarken Η (Brunnenaufmauerung)
Aghurmi, Griechische Steinmetzmarken Η (Brunnenaufmauerung) © DAI Kairo // K. P. Kuhlmann
Aghurmi, Griechische Steinmetzmarke Σ (Brunnenabgang)
Aghurmi, Griechische Steinmetzmarke Σ (Brunnenabgang) © DAI Kairo // K. P. Kuhlmann
Aghurmi, Kartusche Amasis' II-Streufund
Aghurmi, Kartusche Amasis' II-Streufund © DAI Kairo // K. P. Kuhlmann
Aghurmi, Moschee nach der Restaurierung, Innenraum
Aghurmi, Moschee nach der Restaurierung, Innenraum © DAI Kairo // K. P. Kuhlmann
Aghurmi, Moschee nach der Restaurierung
Aghurmi, Moschee nach der Restaurierung © DAI Kairo // K. P. Kuhlmann
Aghurmi, Moschee vor der Restaurierung
Aghurmi, Moschee vor der Restaurierung © DAI Kairo // K. P. Kuhlmann
Aghurmi, Reste der modernen Bebauung-NO Seite
Aghurmi, Reste der modernen Bebauung-NO Seite © DAI Kairo // K. P. Kuhlmann
Aghurmi, Schnittplan
Aghurmi, Schnittplan © DAI Kairo // K. P. Kuhlmann
Aghurmi, Tempelberg von O
Aghurmi, Tempelberg von O © DAI Kairo // K. P. Kuhlmann
Aghurmi, Ägyptische Votivstele-Streufund
Aghurmi, Ägyptische Votivstele-Streufund © DAI Kairo // K. P. Kuhlmann