Die Pyramidenfriedhöfe von Meroë / Sudan

Forschung

Ziel des katarisch-sudanesisch-deutschen Kooperationsprojektes ist die archäologische, bauhistorische und kulturgeschichtliche Erforschung der Pyramidennekropolen von Meroë sowie ihr Erhalt und die nachhaltige Entwicklung von Site-Management und Tourismus. Zusätzlich setzt das Projekt zwei weitere Schwerpunkte: Als ein Teilprojekt startete das ...
DAI bereits im Jahr 2014 die Digitalisierung des wissenschaftlichen Archivs von Friedrich Hinkel, um die umfangreichen Unterlagen, Fotodokumentationen und Pläne dem Projekt, der Forschung wie auch der sudanesischen Denkmalpflege zugänglich zu machen. Darüber hinaus fokussiert ein zweites Teilprojekt auf die Reduktion der Sanddünen im Antikenareal, um den extremen Verlust an Reliefoberflächen und an originaler Bausubstanz durch Sandabrieb zu minimieren.
Um die komplexen Aufgaben des Projektes zu bewältigen, wurden ein interdisziplinäres Team zusammengestellt und internationale Experten eingebunden. Erfahrene Vermesser, Restauratoren und Denkmalpfleger arbeiten Hand in Hand mit den Projektmitarbeitern des DAI und des sudanesischen Antikendienstes. Handwerker und Arbeiter ...
aus den umliegenden Dörfern sind beteiligt, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen und um voneinander zu lernen. Für die Bestandsdokumentation der Pyramidenfriedhöfe und der einzigartigen Opferkapellenreliefs kamen und kommen modernste Verfahren wie 3D-Scannen, 3D-basierte Orthophotographie und -modellierung, drohnenbasierte Luftbilddokumentation und geophysische Methoden wie Magnetometrie und Bodenradar zum Einsatz. In anderen Projektbereichen wie der Konservierung müssen in Europa bewährte Arbeitsmethoden an die Situation vor Ort und an die lokal verfügbaren Materialien und Werkzeuge angepasst werden. Angestrebt wird vor allem die Entwicklung langfristiger und vor allem nachhaltiger Konzepte und Methoden als Basis für das Site-Management.
Die Pyramiden von Meroe sind der größte Bestand an königlicher meroitischer Grabarchitektur. Zusammen mit den erhaltenen Grabbeigaben sowie dem Bildmaterial der Opferkapellen und Grabkammern stellen diese Monumente bis heute die wichtigste Quelle für die Erforschung der Herrscherchronologie ...
und -ideologie und damit der Geschichte des meroitischen Reiches dar. Ein Jahrzehnt nach dem Ende der Feldarbeiten von Friedrich W. Hinkel nahm das Pyramiden-Projekt seine Arbeiten in Meroë wieder auf. In einer Kombination aus Archiv-und Feldarbeit wird das vorhandene Material Friedrich Hinkels systematisch evaluiert und durch neue Arbeiten vor Ort ergänzt. Auf diese Weise entsteht sukzessive eine solide und für die archäologische und historische Erforschung der Stätte essenzielle Datenbasis für jedes der Monumente. Im Rahmen des Projektes werden ältere Untersuchungen und ehemalige Forschungskooperationen aufgegriffen sowie neue Forschungsansätze entwickelt.
Die wissenschaftliche Erforschung Meroës begann im Jahre 1821, als der französische Mineraloge Frédéric Cailliaud die Pyramiden wiederentdeckte. Caillaud reiste im Gefolge Mehmed Ali Paschas während der osmanisch-ägyptischen Okkupation des Sudan und fertigte die ersten Zeichnungen ...
und Beschreibungen der Monumente an. In den folgenden Jahrzehnten wurden die Pyramidenfriedhöfe von vielen Reisenden und Gelehrten besucht und beschrieben. Den bedeutendsten wissenschaftlichen Beitrag jener Zeit leistete die von Carl Richard Lepsius geleitete Königlich-Preußische Expedition im Jahre 1844. Die ersten systematischen Grabungen in den königlichen Friedhöfen unternahm der Amerikaner George A. Reisner zwischen 1921 und 1923 unter der Schirmherrschaft der Harvard University und des Boston Museum of Fine Arts. Er legte hunderte Grabbauten frei und grub alle bisher bekannten unterirdischen Grabkammern aus. Obwohl ausnahmslos alle königlichen Gräber schon geplündert waren, konnte Reisner noch eine Vielzahl von Grabbeigaben bergen. Auf der Grundlage seiner Ausgrabungen entwickelte er eine Chronologie der meroitischen Herrscher, die, obgleich zum Teil kontrovers diskutiert, bis heute das Rückgrat der meroitischen Geschichte darstellt. In den folgenden Jahrzehnten erfuhren die Pyramiden kaum noch wissenschaftliche Aufmerksamkeit. Erst 1975 initiierte Negm el-Din Mohammed Sherif, der damalige Direktor des sudanesischen Antikendienstes, eine systematische Kampagne zur Dokumentation und Erhaltung der königlichen Friedhöfe von Meroë. Mit ihrer Leitung wurde der Ostberliner Architekt Friedrich W. Hinkel betraut. Er hatte zuvor die Rettung nubischer Tempel vor den Fluten des Nasser-Stausees, mehrere Museumsneubauten und umfangreiche archäologische Dokumentationsarbeiten für den sudanesischen Antikendienst organisiert. Bis 2004 dokumentierte Friedrich Hinkel die Pyramiden in zahllosen Plänen, Fotos und Beschreibungen. Gemeinsam mit den Technikern des sudanesischen Antikendienstes konservierte, sicherte und rekonstruierte er 30 Pyramidengräber und erschloss die Friedhöfe für Besucher. Er hinterließ einen umfangreichen, wissenschaftlichen Nachlass, der nach seinem Tod im Jahre 2007 an das DAI übergeben wurde. Im Jahr 2015 nahm die ‚Qatari Mission for the Pyramids of Sudan‘ in enger Zusammenarbeit mit dem sudanesischen Antikendienst und dem Deutschen Archäologischen Institut die Arbeiten Friedrich Hinkels an den Pyramidenfriedhöfen von Meroë wieder auf.