Archaische Kriegergräber aus Spoleto und Norcia. Archäologische Untersuchungen zu den Italikern im Zentralapennin und in Ostitalien

Ergebnisse

Eine der Besonderheiten der Nekropole von Piazza d’Armi ist die Vielzahl unterschiedlicher Grabformen und der mit ihnen verbundenen Bestattungsriten, die höchstwahrscheinlich auf unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, vielleicht sogar auf mehrere Clans zurückzuführen ist. Neben einfachen mit Steinen aufgeschichteten Grabhügeln und solchen mit Steinkreisen, in denen jeweils nur eine Bestattung eingebracht ist, kommen Grubengräber mit seitlichen Nischen und Gräber mit Kreisgräben vor. Charakteristisch für einige Bestattungen ist eine kleine, separat ausgehobene Grube unterhalb des Beckenbereichs des Verstorbenen, in der ausschließlich Keramikgefäße standen.

Das Beigabenspektrum ist sehr vielfältig und weist einige Eigenheiten auf. So sind in einige Kriegergräber, in denen Antennengriffdolche und Lanzen lagen, ganze Sets für die Holzbearbeitung, bestehend aus eisernen Meißeln und Beilen beigegeben worden; in einem Fall sogar ein Sägeblatt. Auch eiserne Sicheln und eine Hippe wurden entdeckt.

Völlig neue Forschungsaspekte eröffnen aufsehenerregende Funde wie figürlich gestaltete Zepter, Bronzerasseln, Schmuckscheiben, Silberfibeln, Nähnadeln und große Metallringe, tönerne Schnabelkannen mit plastischem Vogel- und Pferdedekor und merkwürdige Schuhgefäße.

Durch die anthropologischen Untersuchungen am Skelettmaterial wurde schnell klar, dass in einigen der waffenführenden Gräber Kleinkinder lagen, die durch ihre Beigaben als aristokratisch anzusprechen sind. Herausragend ist Grab 17, in dem ein 9-12 Monate altes Kind mit zwei Panzerscheiben des Typs Mozzano, einem Antennengriffdolch und zwei Lanzen bestattet war. Bei den besonders kleinen Panzerscheiben und den kleinen Lanzenspitzen dürfte es sich um Anfertigungen für das Kind handeln. Auch andere Beigaben scheinen für das Kind angefertigt worden zu sein. Ein Kantharos aus Bronzeblech ist das kleinste bislang bekannte Exemplar der Gruppe und auch eine Feldflasche aus rotem Impasto und Ringaskoi sind besonders klein. Zwei askoi in Schuhform scheinen der Größe der Kinderfüße zu entsprechen. Im Grab standen unter anderem zwei große zinnfolienverzierte Schnabelkannen, die Einflüsse aus Vulci und dem Gebiet um den Bolsenasee zeigen, jedoch mit ihren plastisch verzierten Deckeln nur in Spoleto vorkommen und somit als lokale Arbeiten anzusprechen sind.

Eine der aus diesem Befund abzuleitenden wichtigsten Erkenntnisse ist die Vererbung von sozialem Status in Spoleto bereits in der 2. Hälfte des 7. Jhs. v.Chr. Die bis heute in der vorgeschichtlichen Forschung diskutierte These, dass politische und religiöse Macht erst im Alter erworben wurde, muss vor diesem Hintergrund überprüft werden. Es handelt sich bei den Kleinkinderngräbern aus Spoleto eben nicht nur um besonders reich ausgestattete Bestattungen, sondern um solche mit Statussymbolen aristokratischer Macht. Dahingehend ist auch das Grab eines 6 Monate alten Säuglings zu interpretieren, in dem sich neben einer Halskette aus etruskischen Silberanhängern, zwei kleine Lanzenspitzen, ein Antennengriffdolch und ein kleiner eisernen Keulenkopf befanden. Eine direkte Beziehung zum daneben liegenden Fürstengrab 8 mit den Zeptern wird u.a. auch durch die gleiche Variante des Antennengriffdolchs angezeigt.

Die figürlichen plastischen Elemente, die eingeritzten Motive und die Kerbschnittverzierungen auf den großen Impastogefäßen aus den Gräbern 8 und 14 folgen einem "Bildprogramm", welches auch auf den verzierten Zeptern aus Grab 8 erscheint. In diesem spielen Krieger mit Helmen, vierfüßige Fabelwesen mit Doppelkopf, Wasservögel und entenartige Mischwesen die entscheidende Rolle. Die wenigen ikonographischen Parallelen bestehen insbesondere zu den Fürstengräbern aus Pitino S. Severino und zu Matelica in den Marken, sowie zu Campovalano in den Abruzzen. Sie können als Ausdruck des symbolischen und religiösen Bildprogramms der zentralapenninischen und ostitalischen Aristokratie der orientalisierenden Zeit interpretiert werden: Der Kriegerfürst, der entweder im Schema des Herrn der Pferde oder als Reiter dargestellt ist, dominiert die bedrohlichen Fabelwesen.