Archaische Kriegergräber aus Spoleto und Norcia. Archäologische Untersuchungen zu den Italikern im Zentralapennin und in Ostitalien

Forschung

Die ursprüngliche Fragestellung des Projektes umfasste nur die Untersuchungen der waffenführenden Bestattungen von Spoleto und Norcia aus dem 7. und 6. Jh. v. Chr. Dass sich das Projekt darüber hinaus ganz erheblich weiterentwickelt hat, ist den Restaurierungen und Analysen zu verdanken, die von der Fritz Thyssen Stiftung und später, darauf aufbauend, von der Soprintendenza per i Beni Archeologici dell’Umbria finanziert wurden. In der ersten Phase des Projektes wurden Röntgenuntersuchungen vorgenommen, die die erste große Entdeckung erbrachten: Unter den Korrosionsschichten von unscheinbaren eisernen und bronzenen Keulenköpfen verbargen sich anthropomorphe und zoomorphe Verzierungen, die einmalig in ganz Italien sind und darüber hinaus nahelegen, dass es sich um Herrschaftsabzeichen, d.h. um Zepter handelt. Echte Zepter sind in Italien sehr selten, wobei die Exemplare aus Etrurien und aus den Marken aus Aristokraten- bzw. aus Königsgräbern stammen. Die zweite große Entdeckung waren etruskische, figürlich verzierte Silberfibeln aus einem Kindergrab, die die besten Parallelen in Vetulonia besitzen. Als Importe erwiesen sich u.a. auch die Bronzerassel und die bronzene Rippenschale aus demselben Kleinkindergrab.

Im Laufe der Forschungen wurde klar, dass das ursprüngliche Projektkonzept erweitert werden musste. Insbesondere die vielen in Spoleto erkennbaren Einflüsse aus der Etruria interna, besonders um den Bolsenasee, aus Nordetrurien mit Vetulonia, Casale Marittimo und aus Vulci, eröffnen ganz neue Wege zum Verständnis der kulturellen Beziehungen Südumbriens in der orientalisierenden Zeit. Darüber hinaus sind im Material auch die Kontakte zu Matelica, Pitino S. Severino in den Marken, zu Terni, zu den Gräberfeldern in den nördlichen Abruzzen und im Latium vetus sehr evident.

Neues Forschungsziel ist die umfassende Erfassung und Aufarbeitung dieser einzigartigen Befunde gemeinsam mit den italienischen Kollegen.

Zuletzt wurden die ältesten Bestattungen (Ende 8. – 1. Hälfte des 7. Jh. v. Chr.) z.T. restauriert und wissenschaftlich ausgewertet. Besonders auffällig sind die Bestanteile der Frauentracht mit großen verzierten Zweiknopf-Navicellafibeln, die teilweise Bernsteineinlagen aufweisen und große Bronze- und Eisenringe, die möglicherweise zu Gürteln gehörten. Daneben kommen bronzene Spindeln, Spinnwirtel, Nähnadeln und große verzierte Impastogefäße vor.

1. Materialaufnahme, Materialstudium, chronologische Einordnungen, Untersuchungen der Grabriten, kulturelle Zuweisungen

2. Restaurierung: Die Restaurierung der Impastogefäße bereitete von Anfang an die größten Schwierigkeiten, da diese oft stark zerscherbt und anscheinend auch schlecht gebrannt worden sind. Erst durch die Restaurierungen der eisernen Gegenstände konnten Werkzeuge (Meißel, Beile, Sägeblatt, Sicheln) in den Waffengräbern von Spoleto nachgewiesen werden, die für diese Epoche (1. Hälfte des 7. Jhs. v.Chr.) außergewöhnlich sind. Aktuell werden in den Restaurierungswerkstätten des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz Teile der Beigaben restauriert, die aus dem Mädchengrab 15 mit der Bronzerassel stammen. In dem Erdblock befinden sich neben figürlichen Silberfibeln auch viele Schmuckanhänger mit metalleingefassten Muscheln, Glas und Bernstein. Aus dem gleichen Grab wurden bereits zwei eiserne Schmuckscheiben restauriert, die typisch für die zentralitalische Frauentracht sind und erstmals in einem Kleinkindergrab nachgewiesen werden konnten.

3. Archäometrische Untersuchungen an den Bronzeobjekten (Ancona).

4. Anthropologische Untersuchungen des Skelettmaterials (L’Aquila).

In der umbrischen Stadt Spoleto wurden in den Jahren 2009 und 2011 bei Ausgrabungen der Soprintendenza per i Beni Archeologici dell'Umbria unter der Leitung von Liliana Costamagna 52 zum größten Teil reich ausgestattete Bestattungen entdeckt. Diese datieren zwischen dem Ende des 8. und dem Beginn des 6. Jh. v.Chr. und gehören somit konventionell in die orientalisierende Zeit Italiens. Diesen Zeitabschnitt kennt man im nichtetruskischen Umbrien bislang vor allem aus einigen Bestattungen von Terni und Colfiorito di Foligno. Die neu entdeckte Nekropole auf dem ehemaligen und bisher nicht überbauten Militärgelände der Piazza D'Armi in Spoleto ist daher von großer Bedeutung für die Rekonstruktion der kulturellen Einbindung des südumbrischen Territoriums und seiner Beziehungen zu den Etruskern, Sabinern und anderen italischen Stämmen.

Abb. 1 Spoleto_Zepter
Abb. 2 Spoleto-Grab17
Abb. 4 - Befundphoto des Kriegergrabes 48 von Spoleto, Piazza d'Armi, im Hintergrund separat angelegte Grube mit Bankettgeschirr aus Impasto, im Vordergrund eiserne Waffen und Werkzeuge
Abb. 5 Spoleto_Grab_48_Olla
Abb. 6 Spoleto Planimetria