Forschung
Ziel der Feldkampagnen 2011 und 2012 zur Dokumentation der Tomba dei Sarcofagi war es, nähere Aussagen zur Bau- und Nutzungsgeschichte der zwei Grabkammern zu treffen. Neben einer Bestandsaufnahme der Architektur sollte auch die ehemalige Ausstattung (Malerei, Sarkophage, Beigaben) erfasst werden, um eine Neuinterpretation des Gesamtkomplexes zu ermöglichen.
Das angeschlossene Postdoc-Projekt hat zum Ziel, die monumentale Grabarchitektur Cerveteris als Medium der Repräsentation und Kommunikation, als sozial bedeutungsvollen Ausdruck des Verständnisses von Tod und Jenseits und damit schließlich als integralen Bestandteil etruskischer Kultur in der 2. Hälfte des 4. bis zur Mitte des 3. Jhs. v. Chr. zu erforschen. So kann der Blick auf die Grabarchitektur als Mittel dazu dienen, die Veränderungen der Caeretaner Gesellschaft in dieser sowohl politisch als auch kulturell besonders lebendigen Epoche zu erhellen.
Bei den Feldarbeiten zur Tomba dei Sarcofagi wurden die Pläne der Raumschale tachymetrisch erstellt und mit entzerrten Aufnahmen der Wandfresken ergänzt. Alle vier Sarkophage wurden neu fotografiert und von Hand aufgemessen. Diverse verstreute Bauelemente der Außenarchitektur wurden zeichnerisch und fotografisch aufgenommen. Zudem konnten in Archiven Dokumente zur Entdeckung des Grabes sowie den späteren Ausgrabungen Mengarellis ausgewertet werden.
Für das übergeordnete Postdoc-Projekt gilt es in ähnlicher Weise zunächst eine solide Dokumentationslage für jede der zu untersuchenden Grabanlagen zu schaffen, die die folgenden Aspekte so umfassend wie möglich herausstellt: 1. topographische Lage, 2. Architektur (innen, außen, lose Teile), 3. Malerei, 4. Sarkophage (o. a. Bestattungsbehälter), 5. Beigaben, 6. Inschriften und 7. Baugeschichte.
Neben der unerlässlichen Erarbeitung eines kontextbasierten chronologischen Gerüsts werden unter Bezugnahme auf Theorien der Gräberforschung und Architektur verschiedene Themenkomplexe bearbeitet: Analyse der inneren Struktur der Gräber, der Dekoration des Innenraumes, der Gestaltung und Zugang des Außenraumes, der Funktion der verschiedenen Raumteile des Grabes sowie des topographischen Kontextes.
Die Tomba dei Sarcofagi wurde 1846 bei den Ausgrabungen Giampiero Campanas zusammen mit weiteren monumentalen Grabanlagen der Spätzeit entdeckt. Sie waren jedoch bereits geplündert mit Ausnahme der namengebenden Steinkisten der Tomba dei Sarcofagi, deren aufwändigstes Exemplar – der Sarkophag des Magistraten – in die Vatikanischen Museen transportiert wurde. Bei den Nachgrabungen Raniero Mengarellis 1912 wurden zum Grab gehörige Bauteile, Keramik und Inschriften entdeckt, die bis auf letztere unpubliziert blieben, so dass der Kontext bisher nicht in seiner Gesamtheit untersucht werden konnte.
Insgesamt wurde der Grabarchitektur Etruriens ab der spätklassischen Zeit im Gegensatz zu den früheren Phasen geringe Aufmerksamkeit zuteil. Jüngere relevante Arbeiten betreffen einige wenige Einzelmonumente oder die Erstellung von Typologien. Diese Ansätze neigen jedoch zu einer Reduzierung der Architektur auf Grundrisstypen und ihre zeitliche Einordnung, deren Gültigkeit hinterfragt werden muss, wie die wiederholt angepassten Datierungen einiger Gräber bestätigen. Weitere wichtige Aspekte, die bislang kaum thematisiert wurden, sind die Interaktion der Grabarchitektur mit anderen Ausstattungselementen, die oberirdische Gestaltung und topographische Einbettung dieser Grabanlagen sowie die Rolle dieser Monumente als rituelle Räume.
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