Überblick
Das Modell der Entstehung der sesshaften Lebensweise in Iran, mit den frühesten Belegen im Zagros zwischen dem 10.-8. Jt. v. Chr. und seiner anschließenden Ausbreitung auf das Iranische Plateau wird von einer profunden Datenlücke charakterisiert, auf die dann um 6200/6000 v. Chr. ein voll ausgebildetes “Neolithisches Paket” folgt. Vor allem in NW-Iran und in der Urmiasee-Region zeigen die nun etablierten neolithischen Gruppen eine ausgeprägte Diversität in Materialkultur, ökonomischen Praktiken und Mobilitäten, die als Ergebnis unterschiedlicher Strategien von sozialer Segregation und Resilienz, Kooperation und Austauschnetzwerken anzusehen sind. Mögliche Faktoren und Motoren sollen in diesem Projekt diskutiert werden, dabei steht das “Urmiaseegebiet” als Transferregion zwischen Nördlichem Iranischen Plateau, Zagros, Süd-Kaukasus und Nordmesopotamien im Mittelpunkt der Untersuchungen. Dies auch hinsichtlich der Frage, wie die neolithische Lebensweise sich in NW-Iran herausbildete, auf welchen möglichen Substrat, und wohin diese Entwicklungen führten. Eine neue Perspektive bieten jüngst untersuchte Plätze um den Urmiasee, die das keramische Neoltihikum NW--Irans mindestens bis in die Mitte des 7. Jt. v. Chr. zurückdatieren. Neben den mutmaßlichen Beziehungen zu Hassuna-Samarra im Westen oder den neolithischen Gruppen im Zagros, sind es neue Erkentnisse aus der nördlichen Nachbarsregion (S-Kaukasus), die eine völlig neue Dimension für die Interpretation der prähistorischen Netzwerke NW-Irans eröffnen. Zudem sollen Verbindungslinien zum Nördlichen Plateau erfasst werden, die sich eventuell in ähnlicher Keramiktechnik und Steingeräteindustrie fassen lassen. Das Projekt wird alte Forschungsdaten neu betrachten, aber vor allem anhand von teilweise unerforschten Plätzen neue Einsichten gewinnen. Ausgewählte Siedlungsareale rund um den Urmia-See werden Schwerpunkte der Feldforschungen sein.
Siedlungsbeginn am Urmiasee
Das Iranische Hochland zählt zu den wenigen Regionen der Welt, in denen frühe Domestikation stattgefunden hat, und sich eine lokale Entwicklung zur neolithischen Lebensweise und Seßhaftwerdung entlang des Zagrosgebirges nachzeichnen lässt. Ein „Startpunkt“ lässt sich um 9.500 cal BC legen, umso erstaunlicher ist das deutlich verspätete Auftreten erster Siedlungen am Rand des Urmiasees in NW-Iran, die i.d.R. um 6200/6000 v. Chr. datieren. Eine Erklärung hierfür könnten die für Farm-Viehwirtschaft ungünstigen umweltlichen Bedingungen sein, dagegen spricht allerdings die verhältnismäßig hohe Zahl an registrierten Fundplätzen, von denen keiner bislang eingehender untersucht wurde.
Die Vielfältigkeit der Hajji-Firuz-Kultur, die sich deutlich abzeichnet, lässt auf die Existenz mehrerer Besiedlungsgruppen schließen, die sich in der Untersuchungsregion unterschiedliche Nischen geschaffen haben.Wir wollen den kulturellen Verbindungen, die sich aus der unterschiedlichen Materialkultur herauslesen lassen, nachgehen.
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