Unsere

Institutsgeschichte

Die Anfänge in Rom

Das in Rom gegründete "Instituto di corrispondenza archeologica" war die Keimzelle des späteren Deutschen Archäologischen Instituts. Treibende Kraft und eigentlicher Institutsgründer war Eduard Gerhard, ein glänzender Altphilologe und vorzüglicher Organisator. Ihm gelang es, den kunstsinnigen Kronprinzen von Preußen und späteren König Friedrich Wilhelm IV. für die Übernahme des Protektorats über das Institut zu gewinnen.
Wilhelm von Humboldt sollte der erste Präsident werden, doch konnte er das Amt aufgrund schwerer Krankheit nicht mehr antreten. An seine Stelle trat der Franzose Pierre-Louis Jean Casimir de Blacas d'Aulps, französischer Botschafter in Rom und neben Gerhard die zweite treibende Kraft bei der Gründung des "Instituto di corripondenza archeologica".
Neben dem Präsidenten, dem Generalsekretar und einem dirgirierendem Sekretar (Eduard Gerhard) bestand das Institut zunächst aus einer italienischen, einer französischen, einer deutschen und einer englischen Sektion, die jeweils unterstützt wurden durch eigene Sekretare mit Sitz in Paris, London, Rom und Bonn, sowie einen Archivar.

Vom Instituto zum Deutschen Archäologischen Institut

Die Gründung des Instituts verfolgte das Ziel, archäologischen Fundstoff systematisch zu sammeln und zu veröffentlichen und dadurch eine umfassende Denkmälerkunde des Altertums zu betreiben. Im wahrsten Sinne des Wortes Schule machten nicht nur die Präsenzbibliothek, die Diskussionsforen, die Internationalität, sondern auch die wissenschaftliche Publikationstätigkeit. Ziel des Instituts war es, alle Informationen zum klassischen Altertum inklusive Italien, Griechenland, Ägypten und Vorderasien zu publizieren. Damit war ein entscheidender Schritt zur Emanzipation der Archäologie von der bis dahin dominierenden Philologie getan.
Die ersten Jahre waren geprägt von europäischem Denken. Neben Deutschen trugen Franzosen, Engländer, Italiener und andere die Idee nicht minder euphorisch mit. Geistesgrößen aus Wissenschaft, Kunst und Kultur wurden Mitglieder und erfüllten das Institut mit Leben: Johann Wolfgang von Goethe, der Archäologe, Maler und Schriftsteller Otto Magnus von Stackelberg, der Archäologe, Philologe und Historiker Theodor Sigismund Panofka sowie der Diplomat, Forscher und Kunstliebhaber August Kestner gehörten dazu, Friedrich Schinkel und Leo von Klenze, die Architekten des Klassizismus, aber auch der Bildhauer Berthel Thorwaldsen, der Historiker Leopold von Ranke, Alexander von Humboldt sowie zahlreiche ausländische Gelehrte. 
Die Liste der assoziierten Mitglieder umfasste etliche Souveräne Europas und einen Großteil des internationalen Hochadels zwischen Paris und St. Petersburg. Das Institut ist damit eine der frühesten Äußerungen einer gemeinsamen europäischen kulturellen Identität. Das klingt heute sehr modern, konnte damals aber keine Zukunft haben, denn die Geschichte Europas im 19. Jahrhundert mit der divergierenden Entwicklung der Nationalstaaten nahm bekanntlich andere Wege.

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Die Berliner Entwicklung

Eduard Gerhard wechselte 1832 an die Berliner Museen. Damit konzentrierten sich von nun an hier die Institutsaktivitäten. Die Leitung ging mit einer Änderung der Statuten auf zehn ordentliche Mitglieder der Central-Direction über, der zudem 20 Ehrenmitglieder angehörten. Ab 1859 wurde das Institut ausschließlich von Preußen finanziert und mit Gründung des Deutschen Reiches 1871 schließlich in eine preußische Staatsanstalt umgewandelt. Auf Betreiben des Reichskanzlers Otto von Bismarck wurde es 1874 in den Zuständigkeitsbereich des Auswärtigen Amtes gegeben. Bismarck hatte die Internationalität der Archäologie und ihre Bedeutung für die auswärtige Kultur- und Wissenschaftspolitik erkannt.

Von Rom nach Peking

Mit der feierlichen Eröffnung der Abteilung in Athen beginnt 1874 die Reihe der Gründungen von Abteilungen und Kommissionen, die heute die Arbeit des DAI weltweit prägen. Dabei ist das Institut historisch gewachsen und hat sich stets den wissenschaftlichen, aber auch kulturpolitischen Möglichkeiten und Erfordernissen angepasst. Mit der 1902 erfolgten Gründung der Römisch-Germanischen Kommission (RGK) in Frankfurt am Main weitete es sein Forschungsfeld auf das Europa nördlich der Mittelmeerländer aus. Die Beziehung zur französischen Archäologie, aber auch zu Gelehrten in den Donauländern spielte von Anfang an eine zentrale Rolle. Und besonders während der politischen Teilung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg bildete die RGK eine wichtige Brücke nach Osteuropa

Abteilungen in Istanbul und Kairo
In Kleinasien und Ägypten war deutsche Forschung seit dem späten 19. Jahrhundert tätig. Anlässlich der Hundertjahrfeier des Instituts im Jahre 1929 erhielt es schließlich die Abteilungen Istanbul und Kairo.Gerade aus heutiger Sicht ist daran bemerkenswert, dass dies in politisch wie wirtschaftlich schwerer Zeit geschah. Für Deutschland waren diese Gründungen aber auch Gelegenheit, sich aus der internationalen Isolation nach dem Ersten Weltkrieg zu befreien und sich – zumindest auf kulturellem und wissenschaftlichem Gebiet – als gleichberechtigte Nation zu präsentieren.

Abteilung in Madrid
Mit Istanbul und Kairo war jedoch der alte, durch die klassischen Länder bestimmte Rahmen endgültig überschritten, insbesondere in der Erkenntnis, dass die gesamte Alte Welt, so vielfältig und widersprüchlich sie war, im Grunde doch eine geistig fassbare Einheit bildete, in der kein Teil unberücksichtigt bleiben dürfe. Aus dieser Erkenntnis heraus wandte man sich dann auch dem westlichen Mittelmeerraum und insbesondere der Iberischen Halbinsel zu, wo 1943 der Grundstein für die Abteilung Madrid gelegt wurde.

Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik in München
Gerade in dieser Phase der Ausweitung des Instituts wurde immer deutlicher, dass die Archäologie bei der Rekonstruktion der Vergangenheit ohne eine stärkere Einbeziehung der von ihr ausgegrabenen Schriftquellen nicht auszukommen vermag. 1967 wurde deshalb als gesonderte Forschungseinrichtung für Epigraphik, Numismatik und Papyrologie die bereits 1951 gegründete Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik in München an das Institut angegliedert, deren Projekte heute von Spanien und dem Maghreb bis in die Türkei und nach Ägypten streuen und das Institut zu einer auch altertumskundlich interdisziplinär arbeitenden Einrichtung machen.

Von der Abteilung in Baghdad zur Orient-Abteilung in Berlin
Nach dem Zweiten Weltkrieg waren im Nahen Osten souveräne Staaten entstanden, die nach ihrer historischen Identität suchten. Noch heute bildet gerade in einem ethnisch und religiös so heterogenen Land wie dem Irak die große geschichtliche Vergangenheit ein wichtiges Bindeglied, dessen Bedeutung für den Zusammenhalt dieser Nation nicht unterschätzt werden darf. Insofern war es folgerichtig, dass das Institut damals in dieser Region die Initiative ergriff: 1955 wurde die Abteilung Baghdad gegründet, 1961 folgte Teheran, später kamen die Stationen Sana'a (1978) und Damaskus (1980) hinzu.

Aufgrund andauernder politischer und zum Teil kriegerischer Auseinandersetzungen seit Beginn der achtziger Jahre wurde die Orient-Archäologie am DAI neu organisiert: Als Zentrum der Forschungen wurde 1996 eine Orient-Abteilung in Berlin eingerichtet, der als Vertretungen in den Ländern des Nahen Ostens die bereits bestehenden Außenstellen Baghdad, Damaskus und Sana'a zugeordnet sind.

Kommission für Archäologie Außereuropäischer Kulturen in Bonn
Im Jahre 1979 verlieh die auf Anregung der Bundesregierung erfolgte Gründung der Kommission für Allgemeine und Vergleichende Archäologie in Bonn dem Institut schließlich eine weltweite Komponente. Die von dort aus betreuten Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern in Südasien, Afrika und Lateinamerika leisten seitdem nicht nur vorzügliche Grundlagenforschung vor Ort, sondern außerdem wichtige Beiträge im Bereich "Nation Building". Diese Zweiganstalt benannte sich inzwischen in Kommission für Archäologie Außereuropäischer Kulturen um, da dies ihrem tatsächlichen Auftrag und ihrer wirklichen Arbeit besser entspricht, während vergleichende Archäologie eine Aufgabe des Gesamtinstituts ist.

Eurasien-Abteilung in Berlin 
Anfang der neunziger Jahre schuf dann der weltgeschichtliche Prozess der Auflösung der Sowjetunion auch für die Archäologie eine neue Lage. Das Institut gründete 1995 aus Teilen der Akademie der Wissenschaften der DDR die Eurasien-Abteilung in Berlin, deren Forschungen heute von der Ukraine und Russland über Mittelasien bis China reichen. Die 1961 gegründete Abteilung Teheran konnte nach der Islamischen Revolution 1979 keine aktive Ausgrabungsarbeit in Iran mehr durchführen und erst im Jahr 2000 ihre Arbeit als erste westliche Einrichtung wieder aufnehmen. Die DAI-Vertretung in Iran gehört heute als Außenstelle Teheran zur Eurasien-Abteilung in Berlin, zu deren Aufgabenbereich innerhalb des DAI die archäologische Forschung in Zentralasien gehört (Iran, Afghanistan, Pakistan und mittelasiatische Staaten).

Von Portugal, der Mongolei bis nach Peking
In jüngster Zeit wurden weitere Außenstellen, Forschungsstellen und Büros eingerichtet. Neben den Forschungsstellen in Ulaanbaatar (2007), in Lissabon (2009) und Budapest (2016) ist von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung die Außenstelle in Peking (2009). Mit dieser Neugründung wird vom Deutschen Archäologischen Institut das Ziel verfolgt, die langjährige Zusammenarbeit mit chinesischen Archäolog:innen zu vertiefen und auszuweiten. Sie dient dem Studium der Alten Kultur und Geschichte Chinas durch Wissenschaftler:innen beider Länder. Mit dem Deutschen Evangelischen Institut (DEI) in Jerusalem und Amman besteht eine Kooperation über eine gemeinsame Durchführung von Projekten. Seit 2005 ist der Standort Amman des DEI "zugleich Forschungsstelle des Deutschen Archäologischen Instituts".

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Geschichte der Standorte

 

Wenn Sie noch mehr über die Geschichte einer bestimmten Abteilung oder Kommission erfahren wollen, besuchen Sie auch die jeweiligen Standortseiten.

 

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190 Jahre DAI

Die Geschichte des DAI ist eine, die sich an vielen Orten abspielt. Nicht allein an bedeutenden Grabungsplätzen, sondern auch an den vielen Standorten, an denen Bibliotheken, Archive und Arbeitsräume den Kern der Forschungsdateninfrastruktur des Instituts bilden. In einem Sonderband unserer Bildbandreihe "Ausgegraben" erzählen wir die teils wechselvolle Geschichte der Zweigstellen anhand ihrer Liegenschaften, die nicht selten selbst geschichtsträchtige Orte sind. 

Download Sonderband (PDF 39MB)