Forschung
Das Heraion von Samos stellt – neben antiken Didyma, Klazomenai, Milet, Panormos und Smyrna – eine weitere wichtige Fallstudie dar, welche den Vergleich der technologischen Entwicklungen in unterschiedlichen Kontexten, wie Siedlungen und Heiligtümer, auf einer lokalen und regionalen Ebene ermöglicht. Dabei stellt sich die Frage, ob die engen Kontakte der antiken Samier zu den orientalischen Kulturen, die nachweislich eine ausgesprochen inspirierende Kraft für die Entwicklung von Produktionstechniken und Kultpraktiken auf der Insel ausübten, auch in Bezug auf eine Eisenproduktion zu beobachten sein könnten bzw. inwieweit Samos sich hier in das bisher gewonnene Bild der Verbreitung und Herstellung von Eisenobjekten in Ionien einfügt oder abhebt.
Darüber hinaus wird die Bearbeitung der Eisenfunde aus dem Heraion zur Schärfung des Bildes von Votivspektren und deren Aussagekraft für den Kultbetrieb sowie den Charakter des Kultes beitragen.
Die archäometallurgischen Analysen werden in enger Abstimmung mit lokalen Kollegen und griechischen Einrichtungen erfolgen und sind ab dem Jahr 2024 geplant. Ihnen ging bereits eine Sichtung relevanter Funde in 2023 voraus, die auch in den kommenden Jahren kontinuierlich fortgesetzt und auf den Gesamtkomplex an Eisenfunden aus dem Heraion ausgeweitet werden soll. Wenn möglich und sinnvoll wird dieses im Rahmen kleinerer Objektstudien vorzugsweise als Qualifizierungsarbeiten – vorerst an der Karls-Universität Prag – geschehen.
Die erste Durchsicht der Eisenfunde aus dem Heraion während der Kampagne 2023 brachte bereits einige Überraschungen mit sich: So ist mittlerweile anzunehmen, dass der Bestand an Waffenvotiven im Heiligtum der Hera höher war als bislang angenommen. Zugleich muss mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die Charakterisierung eines spezifischen Typus samischer Obeloi revidiert werden. Die berühmten hohlen Bratspieße (Obeloi) mit quadratischem Querschnitt, die 1980 von Andreas Furtwängler erstmals thematisiert und vorgelegt wurden, wurden offenbar während ihrer ca. 2600-jährigen Lagerung im Boden durch spezifische Korrosionsprozesse ausgehöhlt. Künftige archäometallurgischen Analysen werden diese Annahme erhärten.
Basierend auf einer bewährten methodologischen Herangehensweise, die bereits in Süd- und Nordionien zur Anwendung kam, werden nur spezifische Fundgruppen für die weiterführenden archäometallurgischen Analysen herangezogen. Es handelt sich ausschließlich um Objekte, deren Herstellung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit vor Ort erfolgte, wie Gerätschaften und Werkzeuge, Messer und Obeloi. Dagegen müssen preziöse und häufig besser erhaltene Fundstücke wie Waffenvotive oder Schmuckgegenstände außer Acht bleiben, da deren Provenienz meist nicht genauer bestimmt werden kann. Zu den anzuwendenden analytischen Methoden zählen: Metallographie, Mikro-Härtemessung, SEM-EDX und XRD. Geplant ist gleichfalls Os-Isotopie.
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