Forschung
Das Ziel des Projekts war es, im ersten Schritt die annähernd 2000 in den Magazinen des ägyptischen Antikenministeriums lokalisierten Relieffragmente und über 2000 Kleinfunde vollständig zu erfassen sowie restauratorisch zu betreuen und sachgemäß für eine langfristige Lageung vorzubereiten. Weiterhin erfolgte eine Aufnahme der Stücke mittels umfassender zeichnerischer, beschreibender und fotografischer Dokumentation, die die Basis für die umfassende (Neu-)Publikation aller Objekte bildet.
Durch die vollständige Dokumentation aller Relieffragmente ist es erstmalig möglich auch digitale Rekonstruktionen von Szenenzusammenhängen der Reliefdekoration bzw. des Bildprogramms des Taltempels der Knickpyramide zu realisieren. Diese wertvollen Erkenntnisse werden entscheidend zur Erforschung des Bildprogramms früher Steintempel beitragen, ebenso zu Fragestellungen der Funktion und Stellung des Tempels am Aufweg der Knickpyramide.
Ergänzt wird das Wissen um das Bildprogramm des Tempels durch die Reliefblöcke, die im Zuge der aktuellen Arbeiten des DAI zutage kamen, und durch die erneute Erforschung der architektonischen Entwicklung des Tempels. Das Dekorationsprogramm dieses Tempels ist von besonderer Wichtigkeit, handelt es sich doch um den ältesten dekorierten Taltempel in einem Pyramidenkomplex Ägyptens. Viele der später kanonisch gewordenen Darstellungen sind hier erstmalig belegt. Die wissenschaftliche Bearbeitung der Relieffragmente bildet überdies eine Grundlage für die erstmalige Ausstellung einiger ausgewählter Fragmente im neuen Grand Egyptian Museum (GEM). Hierdurch werden diese bedeutenden Stücke einem breiteren Publikum zugänglich.
Neben den Relieffragmenten sollen auch die Kleinfunde aus dem Taltempel, die von Ahmed Fakhry nur ausschnittsweise veröffentlicht wurden, in den Fokus gerückt werden. Die Erforschung der einzelnen Fundgruppen kann für die Beantwortung von Fragen zum Kult um den bedeutenden König Snofru und dessen Entwicklung beziehungsweise Veränderung vom Alten Reich bis weit über das Mittlere Reich hinaus herangezogen werden.
Die über 2000 Kleinfunde sollen ebenfalls vollständig wissenschaftlich bearbeitet und veröffentlicht werden. Insbesondere die herausragende künstlerische Bedeutung der überwiegend im Mittleren Reich entstandenen Statuen soll durch zeitgenössische und qualitativ hochwertige Fotografien erstmals ins Bewusstsein gebracht werden. Sie zeugen von einem Kult um König Snofru lange über seinen Tod hinaus. Andere Fundgruppen, darunter etwa die Siegel und Siegelabrollungen sowie Amulette, sollen der Wissenschaft erstmalig zugänglich gemacht werden. Neben der gedruckten Publikation sollen alle Funde in einer Datenbank aller lokalisierbaren Funde aus Dahschur erfasst werden, mit dem langfristigen Ziel, diese der Öffentlichkeit online zugänglich zu machen.
In den Jahren von 1951 bis 1955 erforschte der ägyptische Archäologe Ahmed Fakhry (1905–1973) den Pyramidenkomplex der Knickpyramide und führte erstmalig Ausgrabungen im Bereich des Tempels am Aufweg der Knickpyramide durch. Verschiedenen Umständen geschuldet konnte er seine umfangreichen Ergebnisse nur in Teilen veröffentlichen, trotzdem ist seine zweibändige Publikation zu den Funden aus dem Taltempel bis heute ein Grundlagenwerk. Der erste Band ist den Kleinfunden und den Statuen, der zweite der Reliefdekoration gewidmet. Neben Ahmed Fakhrys Publikationen wurden auch seine während der Grabungsarbeiten entstandenen Aufzeichnungen und Archivmaterialien zu Forschungszwecken herangezogen.
Durch die Entdeckung eines Transportwegs aus Kalksteinblöcken durch das DAI im Jahr 2009 erschien eine erneute Beschäftigung mit den Funden Ahmed Fakhrys aus dem Tempel am Aufweg der Knickpyramide von besonderem Interesse. Der Transportweg besteht zu einem Großteil aus Spolien des Tempels am Aufweg der Knickpyramide und stammt aus der frühen Ramessidenzeit. Er diente dem organisierten Abbau und Abtransport von Kalksteinblöcken zum Zwecke der Wiederverwertung in anderen Großbauprojekten, womöglich des memphitischen Raumes. Im Zuge der Entdeckung des Transportwegs und der Neubeschäftigung mit den Funden wurde auch eine neue bauforscherische Studie des Tempelgebäudes in Angriff genommen und publiziert.
Zur Zeit der Revolution im Jahr 2011 kam es zu Einbrüchen in diverse Magazine des Antikenministeriums. Zur Sicherheit lagerte man einen Teil der Funde Fakhrys aus, die bis dahin in den Magazinräumen in Giza und in einem als Magazin genutzten Felsgrab aufbewahrt worden waren. Der eilige Abtransport der Fundkisten in einen neuen Magazinraum hatte durchaus einen zwiespältigen Charakter, denn die Relieffragmente wurden aus ihrem Zusammenhang gerissen und unsachgemäß verpackt. Dieser Umstand machte die erneute Auseinandersetzung und eine restauratorische Betreuung zwingend notwendig. Aus den aktuellen Arbeiten des DAI Kairo ergibt sich eine besondere Verpflichtung, sich auch um die Funde der früheren Grabungen in der Nekropole Dahschur zu kümmern und die ägyptischen Partner dabei zu unterstützen, dieses bedeutende Material bestmöglich zu erhalten und angemessen zu lagern.
Der Großteil der Funde aus den Grabungen Ahmed Fakhrys konnte mithilfe von Registerbüchern und Listen in den Magazinen des Ministry of Tourism and Antiquities und dem Ägyptischen Museum (Kairo) lokalisiert und mithilfe der Publikationen und des Archivmaterials Ahmed Fakhrys sowie persönlicher Notizen aus seinem Nachlass identifiziert werden. Im Anschluss wurden alle Funde katalogisiert sowie fotografisch, zeichnerisch und beschreibend erfasst.
Die Relieffragmente
Vor der wissenschaftlichen Bearbeitung erfolgte zunächst eine restauratorische Begutachtung, Reinigung und Konsolidierung. Das an die Steinoberfläche getretene Salz und alte, unsachgemäße Gipsrestaurierungen wurden entfernt sowie die Herstellungstechnik, der Einsatz von Bindemitteln und Farben untersucht. Bei der Zeichnung der Reliefteile im Maßstab 1:1 und der Kollationierung sind auch technische Details, Brüche und Farbreste vermerkt worden, die bisher nicht dokumentiert waren. Weiterhin wurden alle Relieffragmente fotografiert und ausführlich beschrieben. Durch die detaillierte Aufnahme entstand ein wesentlicher Informationszuwachs gegenüber den von Ahmed Fakhry veröffentlichten Zeichnungen. Alle diese Angaben sind grundlegend für die digitale Umsetzung der Objekte nötig.
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