Die Befestigungsanlagen Athens im Spiegel der Stadtentwicklung

Dipylon von SO © Jutta Stroszeck, DAI Keramiekosgrabung // Jutta Stroszeck

Forschung

Bekanntes Material wird aufgearbeitet und neu analysiert und mit den Ergebnissen neuerer Ausgrabungen zusammengeführt. Auch Reiseberichte aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die bislang unzureichend berücksichtigt wurden, sollen auf ihre Aussagekraft hin untersucht werden.

Durch die starke Präsenz der antiken Befestigungsmauern im zeitgenössischen Stadtbild waren diese Forschungsgegenstand seit dem 19. Jahrhundert. Eine 1888 erstellte Karte des antiken Athen zeigt 15 Stadttore mit zugewiesenem antiken Namen, und exakt verzeichnetem Verlauf einschließlich des Ansatzes der 'Langen Mauern'.

Neue Funde und die Ergebnisse langjähriger Forschungen in Athen machen eine Prüfung dieser Ergebnisse erforderlich, und lassen eine Vielzahl neuer Erkenntnisse erwarten.

Ziel des Projektes ist es, erstmalig eine umfassende und dem neuesten Forschungsstand entsprechende topographische Dokumentation der antiken Befestigungsanlagen Athens von der geometrischen bis zur spätantiken Zeit zu erstellen und deren Bedeutung für die Geschichte der Stadt zu analysieren.

Ein diachronischer Interpretationsansatz ermöglicht es, Veränderungen im Verlauf der Verteidigungslinie zu verfolgen und sie sowohl mit veränderten Angriffs- und Verteidigungstechniken zu erklären, als auch mit der urbanistischen Entwicklung und den veränderten Bedürfnissen des Stadtstaates und seiner Einwohner. Wird das Konzept der Mauer als Grenze in einem diachronischen Rahmen angewandt, können Fragen zum antiken Verständnis der Stadt als Asty und Polis beantwortet werden: Wann wurde die Stadtmauer als Grenze zwischen urbanen und extra-urbanen Räumen und Tätigkeiten verstanden? Wie wirken sich Veränderungen in den Siedlungsstrukturen auf den Mauerverlauf aus, und welche Auswirkungen hatte die Errichtung des Diateichismas auf die jenseits der Quermauer liegenden Stadtviertel? Inwieweit trug die Erfahrung des Peloponnesischen Krieges, in der sich die Bevölkerung der Polis Athen im Themistokleischen Stadtmauerring verschanzte, zu einem veränderten Selbstverständnis des Stadtstaates bei, welches nicht nur die Stadt (asty), sondern auch die zur Stadt gehörende chora als schützenswerten Raum ansah.