Das 2021 neu geschaffene Forschungscluster 7 »Shaping Spaces – Shaping Societies« widmet sich der Frage, wie sich gesellschaftliche Wertvorstellungen und soziale Strukturen im Architekturverständnis einer Baukultur wiederspiegeln sowie den methodischen Ansätzen, wie sich dieses Architekturverständnis empirisch erfassen lässt. Im Cluster haben sich Forscher:innen aus den Fachgebieten Prähistorische Archäologie, Ägyptologie, Epigraphik, Klassische Archäologie, Vorderasiatische Archäologie, Byzantinistik, Baugeschichte und archäologische Bauforschung zusammengeschlossen, um anhand ausgewählter Fallbeispiele aus dem Arbeitsgebiet des DAI und universitären Partnern gemeinsam die Möglichkeiten und Grenzen der Bestimmung von Intentionen, implizierten Bedeutungen und unterschiedlichen Wirkungsweisen von gebautem Raum zu untersuchen und zur Diskussion zu stellen. In einem Vorbereitungstreffen am 11. und 12. März 2021 wurden die benannten Forschungsfragen des neuen Clusters und die drei Themenkomplexe Dimension, Ordnung und Kontrolle zur Ausarbeitung formuliert. Nach der Zustimmung durch die Zentraldirektion im Mai 2021 fand am 2. und 3. September 2021 das erste Arbeitstreffen des Clusters 7 zum Thema »Dimension« als online Veranstaltung statt. In der Geschichte des Bauens lässt sich immer wieder ein dezidierter Dimensionssprung beobachten, vom Göbekli Tepe bis hin zu Monumentalbauten des 20. Jahrhunderts. Groß waren dabei oft nicht nur die Bauwerke, sondern auch einzelne Bauteile – monolithische Stützen, Mauerwerksblöcke, Fenster. Auch in Bezug auf die u. a. im Exzellenzcluster Topoi diskutierten Aspekte von Monumentalität wurden Fragen nach der Wahrnehmung und Definition von Dimension in Bauwerken hinterfragt. Jenseits von Fragen zu technischem Wissen und Können, wurde den Grün[1]den für die Errichtung solcher Großbauten sowie ihrer Auswirkungen auf die Gesellschaft und deren Selbstverständnis nachgegangen. Dabei wurde methodisch differenziert aus[1]gelotet, mit welchen gestalterischen Mitteln »Dimension« bzw. »Größe« erzeugt wird, welche Konzepte und Entwurfsvorstellungen einzelnen Entwürfen zugrunde liegen und wie Textquellen und Bauwerke zueinander in Beziehung gesetzt werden können. Auf dem Treffen wurden die unterschiedlichen Interpretationsansätze vor dem Hintergrund laufender Projekte u. a. in Göbekli Tepe (Türkei), Dahschur (Ägypten), Pompeji (Italien), Musawwarat es-Sufra (Sudan), Yeha (Äthiopien) und Madinat al-Zahra (Spanien) diskutiert. Dabei zeigte sich, wie unterschiedlich Gesellschaften die Rolle der »Dimension« im Bauen verstehen: als Superlativ des konstruktiv Möglichen, als funktionale Notwendigkeit, als Ausdruck einer spezifischen Ästhetik. Dimensionssprünge zeigen sich nicht nur in der Monumentalisierung von Archetypen, sondern zum Beispiel auch in der Weitläufigkeit oder Komplexität von baulichen Anlagen, der Vervielfältigung von Raumangeboten, der Varianz von Baugliedern oder konstruktiven Wagnissen. Jede Kultur setzt andere Prioritäten und entfaltet ihr Innovationspotential in jeweils anderen Bereichen. Die Diskussion wurde daher zunächst in den Arbeitsgruppen »Neolithisches/Prähistorisches Bauen«, »Südarabien/Ostafrika«, »Pharaonisches Ägypten«, »Römisches Bauen« und »Islamisches Bauen« fortgeführt, und deren erste Teilergebnisse dann im Rahmen eines zweiten Arbeitstreffens am 3. Dezember 2021 vorgestellt. Im Herbst 2022 folgte ein Arbeitstreffen in Madrid zum Thema Ordnung. Beim folgenden Arbeitstreffen vom 27. bis 30. September 2023 am DAI Istanbul standen Aspekte der Kontrolle in der Architektur im Mittelpunkt der Diskussionen. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf der kontrollierten Ausgestaltung des Innenraums und seiner Bezüge zum Außen(-raum) und vice versa. Zum Auftakt besichtigten wir mehrere Bauwerke und Plätze in Istanbul mit Bezug zum Tagungsthema, u.a. das Ercümend Kalmık Museum, das Atatürk Kultur Zentrum (AKM) am Taksim mit Führung durch den Architekten Murat Tabanlıoğlu, den Taksim Meydanı, die Casa Botter auf der İstiklal Caddesi, sowie die Ayasofya/Hagia Sophia, die Küçük Ayasofya und die Rüstempaşa Moschee. In den zwei folgenden Tagen wurden die vielschichtigen Aspekte von Innen- und Außenbezügen als Grundlage von Architektur und Raumwahrnehmung in vier Themenblöcken 1) Ambivalenzen I: Das Außen als Innen, 2) Ambivalenzen II: Das Innen als Außen, 3) Abgrenzung: Die Entfaltung des Inneren, 4) Übergänge Innen / Außen ausgeleuchtet. Das Arbeitstreffen 2024, das sich mit der Bewegung im Raum auseinandersetze, wurde mit tatkräftiger Unterstützung des Kollegiums vor Ort an der Abteilung Kairo vom 23. bis 26 Mai 2024 durchgeführt. Die Exkusionen nach Saqqara und in die KAirener Altstadt trugen dabei wesentlich zum Gelingen der Veranstaltung bei. Eine gemeinsame Publikation zu Dimension, Ordnung und Kontrolle von Raum in Architektur und Gesellschaft ist in Vorbereitung.