Überblick
Bis zu den Forschungen in Waldgirmes (Hessen, D) kannte man aus der Zeit des römischen Kaisers Augustus östlich des Rheins nur Militäranlagen. Zwar beschreiben antike Schriftsteller wie Tacitus und Cassius Dio eine differenziertere politische Situation am Vorabend der „Schlacht im Teutoburger Wald“ (9 n. Chr.), aber es gab keine archäologischen Nachweise für zivile römische Siedlungen östlich des Rheins. Erst die Forschungen der RGK konnten hierfür erstmals einen archäologischen Beweis erbringen. Über rund 15 Jahre hinweg wurden die Spuren einer vor allem aus Holz gebauten Siedlung freigelegt, in deren Zentrum ein großes Zentralgebäude – das Forum – stand. Das 2.000 qm große Gebäude besaß als einziges einen Steinsockel. Im großen Innenhof des Forums befanden sich fünf ausgebrochene Fundamentgruben für die Sockel von Statuen. Nur wenige Bruchstücke der Postamente sind erhalten, aber verteilt über weite Areale der Siedlung wurden immer wieder kleine Fragmente von mindestens drei Bronzestatuen geborgen, darunter ein lebensgroßer vergoldeter Pferdekopf einer Reiterstatue. Neben diesen Fragmenten kamen aus Gruben und Gräben Keramik aus Italien, Fibeln aus Gallien, Weinamphoren von der Rhône und Amphoren für spanische Oliven zutage. Auch einige besondere Schmuckstücke wie z. B. Silberfibeln, ein eiserner Fingerring mit Gemme oder eine Glasmosaikperle mit Bildern des ägyptischen Stiergottes Apis.
Ein Brunnen im letzten Jahr der Feldarbeiten
2009 wurde ein römischer Brunnen untersucht, der schon im Jahr zuvor erkannt worden war. Ab sechs Metern tiefe, dem heutigen Grundwasserpegel, waren alle Bauhölzer sehr gut erhalten. Zur großen Überraschung befanden sich zahlreiche Holzobjekte im Brunnenschacht. Ganz unten im Schacht stand ein großes Fass, das ursprünglich ein Fassungsvermögen von über 1000 l Wein bessen hatte. Auf der Innenseite der Fassdauben hat sich rund 2000 Jahre alter Weinstein erhalten. Auch Brandstempel der römischen Küfer oder Holzlieferanten sind auf den Dauben zu lesen. Durch die Hölzer im Schacht war der Brunnen als Wasserquelle unbrauchbar gemacht worden. Es fanden sich Architektur- und Wagenteile, Holzeimer und Griffe von Geräten aber auch Leiterteile, ein Holzhammer, ein Wurfholz und vieles mehr. Alles war zerbrochen und nicht vollständig in den Brunnen geworfen worden.
Beim Entfernen der Fassdauben war die Überraschung groß, denn am Boden des Fasses lag ein lebensgroßer Pferdekopf aus vergoldeter Bronze mit reich geschmückter Schirrung. An einigen Stellen sind deutlich die Spuren von Schlägen und Einhieben zu erkennen, die zur Zerstörung der Statue führten. Seitlich ist das Kopfgeschirr mit Medaillons mit Büsten der Siegesgöttin Victoria geschmückt, das ovale Medaillon auf dem Nasenrücken zeigt das Bild des auf einem Felsen ruhenden Kriegsgottes Mars. Der Pferdekopf ist ein außerordentlicher Fund spätaugusteischer Großplastik, der außerdem noch exzellent zu datieren ist.
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