Agrarwelten Mesopotamiens

Felsbild bei Sulaymanyiah. © DAI Orient-Abteilung // Simone Mühl

Forschung

Teilaspekt Felsbildforschung

Bislang nicht erforscht waren Bildträger außerhalb der Siedlungen wie sie in den umgebenden Bergen auf Felsen zu finden sind. Die Berge sind von den Siedlungen nicht zu trennen, da sie mit den im unmittelbaren Umland der Dörfer und Städte genutzten Agrarflächen eine Einheit bilden: Neben Feld- und Gartenanbauzonen sind dort auch durch wichtige Wildpflanzenvorkommen (als Nahrungsquelle, Medizin, Futter und Feuer- und Bauholz), Tierprodukte wie Berghonig, Weideflächen für Vieh, Jagdgrund für Wildtiere. Diese sind nicht allein als "Rohstoffressource" zu begreifen, die Berge können auch als kulturelle Ressource betont werden, gerade wenn es um die Abgrenzung zu zeitwese belegter mesopotamischer Fremdherrschaft in der Region geht. Neben den naturwissenschaftlichen Untersuchungen des Grabungsmaterials aus Gird-i Shamlu werden daher seit 2023 in Zusammenarbeit mit Kollegen des Antikendienstes in Sulaymanyiah und Dorfbewohnern aus verschiendenen Gegenden der Provinz Felsbilder registriert, dokumentiert und untersucht. Sie geben Einblick in die Bildsymbolik der Bergwelt, die sich teilweise auch in den Verzierungen der Keramik, die aus antiken Siedlungen stammt, wiederspiegelt, aber auch andere Aspekte der Umweltinterkation in einer der Agrarwelten Mesopotamiens aufzeigt. Jagd, Herdenhaltung, gesellschaftliche Repräsentation sind nur einige der Aspekte, welche die gepickten und geritzten Felsbilder von urbaner Staats- und Herrschaftsrepräsentation absetzen, die hier nicht Gegenstand der Untersuchung ist.

Die komplexe Symbolwelt wird dreidimensional erfasst und mit Methoden der semantischen Netzwerkanalyse ausgewertet. Abgeglichen mit publizierten Felsbildern wird ein Felsbildarchiv erstellt, dass neben dem Nutzen für die Forschung auch den Stellenwert der Bildzeugnisse in der modernen Gesellschaft reflektieren soll. Interviews mit Anwohnern, Kunstprojekte und erzählte Geschichten sollen diese Bildgattung in ihrem modernen Kontext erfassen und mit Aufklärungsarbeit verknüpfen, da Felsbilder durch zunehmenden Bergtourismus vermehrt Vandalismus und Zerstörung ausgesetzt sind.

Shamlu_2016
Gird-i Shamlu in der Shahrizor-Ebene © Gird-i Shamlu Excavation Project, LMU München; Simone Mühl, DAI Orient-Abteilung // Felix Wolter
Felsbild bei Sulaymanyiah. © DAI Orient-Abteilung // Simone Mühl
Schaf-/Ziegenherde in den Feldern am Gird-i Shamlu © Gird-i Shamlu Excavation Project, LMU München, Simone Mühl, DAI Orient-Abteilung // Simone Mühl