Das Itinerarium des menschlichen Körpers. Ein interdisziplinäres Projekt

SfM-Aufnahme eines Halswirbels (Axis) mit Schnittspuren. © DAI + RGK // Hajo Höhler-Brockmann (RGK)

Forschung

Fragestellungen:

- verschiedene digitale Dokumentations- und Analysemethoden testen und vergleichen;
- Manipulationsspuren an Knochen erkennen und beschreiben und von taphonomischen Spuren unterscheiden;
- körperbezogene Praktiken rekonstruieren und interpretieren;
- Zugänge zu Stellung und Rolle des Körpers in prähistorischen Gesellschaften finden (Körper als "fait social").

Forschungsziele

Unser Projekt soll helfen eine solche „Archäologie des Körpers“ als Forschungsfeld zu etablieren, die sich körperbezogenen Praktiken und Körperbiographien widmet. Hierzu wollen wir uns mehreren Fragen nähern: Wie können sich Handlungen des Individuums selbst wie auch Handlungen von außen, also von anderen vollzogen, im Körper des Individuums zu Lebzeiten und darüber hinaus niederschlagen? Was sagt dies über die Manifestation und Transformation von sozialen Identitäten und Beziehungen? Welche Rolle können körpermanipulierende Praktiken bei der Bewältigung von individuellen oder gesellschaftlichen Umbrüchen und Krisen gespielt haben? Die Rolle des und der Umgang mit dem Körper soll anhand von menschlichen Überresten und zunächst an Knochen aus prähistorischen Kontexten untersucht werden.

Ansätze und Methoden

Wir verfolgen also einen praxisorientierten (evtl. praxeologischen) und körperzentrierten Ansatz, den wir mit dem Konzept des „Itinerariums des menschlichen Körpers“ zu fassen versuchen. Dieser neue Ansatz will, die Gräberarchäologie verlassend und die Osteobiographie erweiternd, eine „Körperarchäologie“ in interdisziplinärer Zusammenarbeit entwickeln. Der Körper wird als manipulierbarer physischer Bedeutungsträger verstanden. Die physische Geschichte des menschlichen Körpers und seiner Transformationen werden in den Mittelpunkt gestellt, und dies über den Zeitpunkt des Todes hinaus. Zunächst werden Methoden und Zugänge zu Körpern und körperverändernden Praktiken anhand von menschlichen Knochen aus dem neolithischen Fundort von Herxheim bei Landau in Rheinland-Pfalz getestet, die zahlreiche Spuren von Manipulationen aufweisen. Es lassen sich Spuren von Zerstückelung, Entfleischung aber auch Herstellung von Schalen aus Schädelkalotten finden.

SfM-Aufnahme eines Halswirbels (Axis) mit Schnittspuren. © DAI + RGK // Hajo Höhler-Brockmann (RGK)
Sichtung und Dokumentation von Manipulationsspuren an menschlichen Knochen mit einem Digitalmikroskop. © DAI + RGK // Alexander Gramsch (RGK)
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Schädelkalotte vom neolithischen Fundplatz Herxheim (DE) mit Manipulationsspuren. © DAI + RGK // Alexander Gramsch (RGK)
Digitalmikroskopische, zusammengesetzte Aufnahme eines durch eine Silexklinge entstandenen Schnittes auf einem menschlichen Langknochen. © DAI + RGK // S. Martin / A. Gramsch, RGK
Schädelkalotte mit Schnittspuren, die teilweise von Kalksinter überdeckt sind. © DAI + RGK // A. Gramsch (RGK)
Untersuchung von Manipulationsspuren an Schädelkalotten mit Hilfe eines Binokulars. © DAI + RGK // B. Großkopf, Universität Göttingen
Os occipitale
Hinterhauptbein (Os occipitale) eines Menschen mit insgesamt vier Gruppen von Schnitten, vermutlich entstanden beim Ablösen der Kopfhaut. © DAI+RGK // Alexander Gramsch