Limites. Grenzen, Wege und Interaktionsräume

Magnetische Messungen auf dem Middlebie Hill in Dumfriesshire in Schottland, im Hintergrund das Hillfort Burnswark © DAI + RGK // Christoph Rummel

Forschung

Forschungsziele

Wir möchten im Rahmen der internationalen Limesforschung gemeinsam mit unseren Kooperationspartnern, aufbauend auf soliden Datensätzen theorie-informiert übergreifende Fragestellungen zu Mobilität und Transfer, soziokulturellen Interaktionsräumen und der Interdependenz von Militär und Wirtschaft, in synchroner und diachroner Perspektive nachgehen. Aufgrund ihrer langen Forschungstradition verfügt die RGK über umfangreiche Datensammlungen (Limesarchiv, CRFB, Geomagnetikprojekte Südosteuropa, mittlere Donau, Raetien, Schottland, Lahntal, Limeskastell Ruffenhofen), die – entsprechend aufgearbeitet – eine gute Grundlage für synchrone und diachrone Analysen bilden.

Forschungsgeschichte

Seit Ende des 20. Jhs. stieg das Interesse an Fragen der römischen Einflussnahme oder gar an römisch-germanischer Interaktionen. Ausgehend von Projekten wie dem Corpus römischer Funde im Barbaricum und Waldgirmes, war die RGK hier maßgeblich an den Diskussionen beteiligt. In den letzten Jahren gelangten verstärkt unscharfe Grenzziehungen (fuzzy borders) und Misch- und Kontaktzonen in den Blick, deren Konzepte auch für die Analyse römischer Grenzen herangezogen wurden. So spricht man heute oft von einer Grenzzone, die sich durch eigene materielle Kultur, Siedlungsmuster und Wirtschaftsweise sowohl im Randbereich des Imperiums, wie auch in angrenzenden Bereichen des sog. Barbaricum, auszeichnet und sich von anderen römischen – wie auch nichtrömischen – Regionen unterschied. Gleichzeitig belegen neuere Forschungen, dass die Grenzen des römischen Reiches extrem heterogen waren und die Vorstellung der Existenz einer statischen römischen Grenze musste revidiert werden. Diesbezüglich wäre es gewinnbringend, gerade am Beispiel römischer Grenzen die bisher dominierenden territorialen Raumkonzepte und neuere relationale Raumvorstellungen (Netzwerke) miteinander in Bezug zu setzen, um ein neues Verständnis der Interaktionsprozesse im Kontaktbereich (contact space) zwischen Rom und seinen Nachbarn zu erarbeiten.

Forschungen in Schottland

In Dumfries und Galloway in Südwestschottland wird gemeinsam mit Kolleg:innen der schottischen Denkmalpflegebehörde Historic Environment Scotland (HES) und der Universität Edinburgh die späteisenzeitliche und römerzeitliche Siedlungslandschaft um den modernen Ort Middlebie untersucht. Mit dem Hillfort von Burnswark, das bereits seit der Bronzezeit eine wichtige Rolle für die Region spielte, dominiert ein lokales Zentrum die Landschaft.. Das südliche Ende der Untersuchungsregion bildet das römische Kastelle Blatobulgium / Birrens, das von Flavischer Zeit bis in die 80er Jahre des 2. Jahrhunderts n. Chr. belegt war.

Durch großflächige magnetische Untersuchungen werden hier Siedlungsmuster zwischen dem existierenden lokalen und dem neuen römischen Zentrum erfasst. Ebenfalls wird untersucht, inwieweit es sich hier um eine Konfliktlandschaft handelt: zahlreiche Funde aus dem Hillfort Burnswark weisen auf kriegerische Ereignisse hin – ob es sich hier aber um eine wirkliche Belagerung oder römische Übungen an einem verlassenen Hillfort handelt, ist in der Forschung umstritten. Zentral für die Klärung dieser Frage ist die Untersuchung von temporären Lagern auf dem Middlebie Hill zwischen dem lokalen und dem römischen Zentrum. Hier konnten die RGK-Forschungen bisher ein neues, bisher unbekanntes Lager identifizieren.

Forschungen in Ruffenhofen (Bayern)

Exemplarisch für die rätische Limesregion wird in einem Teilprojekt das römische Limeskastell Ruffenhofen mit den zugehörigen Strukturen wie Gräberfeldern und Vicus sowie das Umland des Kastells untersucht. Da der Fundplatz nie überbaut wurde, bietet er beste Voraussetzungen dafür, die Gesamtanlage mithilfe des in der RGK vorhandenen Spektrums nicht- und minimalinvasiver Untersuchungsmethoden zu untersuchen und dabei auch neue Methoden zu erproben. Hierzu gehören Drohnenbefliegungen mit verschiedenen Sensoriken (Multispektralfotografie etc.), flächige Geomagnetik sowie archäologische Bohrungen. Ein besonderes Potenzial bietet die Analyse der durch die Bohrungen gewonnenen Bodenproben. Durch chemische, biologische, mikromorphologische und DNA-Untersuchungen, lassen sich Aussagen zur Stratigraphie, zur Nutzung verschiedener Kastell- und Vicusbereiche, zur Vegetation und Fauna sowie zur Datierung einzelner Strukturen treffen.

Forschungsfragen, die in dem Teilprojekt verfolgt werden sind u.a. Fragen zur Befunderhaltung, Datierungsfragen, die Interpretation archäologischer Strukturen, Fragen zur Einbindung des Kastellstandortes in die regionale Infrastruktur und das Grenzsystem, sowie die Fragen zur Flora und Fauna im Bereich des Kastellstandortes.