Fujairah-German Archaeological Project

Dibba 76. Getreppter Eingang in das Kollektivgrab mit hochkant aufgestellten Steinplatten an den Flanken. © DAI, Orient-Abteilung // K. Pfeiffer

Forschung

Forschungsgeschichte

Die für das Projekt bedeutende Fundstelle Dibba 76 wurde 1994 von den lokalen Antikenbehörden (unter der Leitung von S. Ali Hassan) im Rahmen einer kurzfristigen Zusammenarbeit mit der Universität von Massachusetts teilweise ausgegraben, um die Anlage aufzunehmen und osteologisches Material zu bergen. Die Ausgrabungsstätte gehört zu einem ehemals sehr viel größeren archäologischen Gebiet, das inzwischen weitgehend durch Bautätigkeiten überbaut ist. Nach den Sondierungsarbeiten durch die lokalen Antikenbehörden, die vorwiegend die oberflächennahen Schichten freigelegt hatten, wurde die Grabanlage zum Schutz der Inventare vollständig verfüllt. Um die empfindlichen archäologischen Kontexte zu erhalten und langfristig anthropologische Studien in Fujairah wieder aufzunehmen, erfolgen im Rahmen einer Kooperation zwischen der Fujairah Tourism & Antiquities Authority und der Orient-Abteilung des DAI Ausgrabungen seit 2017. 

Forschungsziele

Ein Ziel des Projekts ist die Überprüfung einer für Südostarabien diskutierte Theorie über soziokulturelle Umwälzungen in der Spätbronzezeit (LBA) infolge klimatischer Veränderungen. Es soll untersucht werden, wie die Bevölkerung in Bezug auf Lebensweise und Mobilität auf die Veränderungen der Lebensbedingungen reagiert hat. Die kontrovers diskutierte Thematik entbehrt derzeit noch belastbarer naturwissenschaftlicher Daten, weshalb archäologische und anthropologische Daten aus Kollektivgräbern gewonnen werden sollen. Die Kollektivgräber haben nicht nur eine chronologische Relevanz, da sie die über einen Zeitraum von tausend Jahren während der Spätbronzezeit und der Eisenzeit (IA) genutzt wurden, auch ermöglichen sie aufgrund der Knochen- und Zahnanzahlen eine breite quantitative und qualitative Datenbasis.

Zudem ist erzielt, Einblicke in die soziokulturellen Kontexte der bestatteten Gemeinschaften zu gewinnen. Dies soll auf der Grundlage von Analysen der reichhaltigen Fundansammlungen in ihrem chronologischen Kontext sowie der räumlichen Struktur des Grabes durchgeführt werden. Die lange Nutzungsdauer des Grabes Dibba 76 und die Belegung mit mehreren Hundert Individuen aller Altersklassen und beider Geschlchter in stratigraphisch geschlossenen Kontexte bieten Einblicke in chronologische Gruppenbiographien und Langzeittrends. Unter gemeinsamer Betrachtung der reichhaltigen Fundinventare sowie der bioarchäologischen Daten sollen Erkenntnisse zu Veränderungen der sozialen Dynamiken in Wechselwirkung mit Lebensbedingungen und Subsistenzvariablen gewonnen werden. 

Ein interdisziplinärer Ansatz

Bei der Erforschung der Grabanlagen in Dibba 76 sind archäologische und bioarchäologische Methoden eng miteinander verzahnt. Die archäologischen Untersuchungsmethoden zielen auf chronologische und räumliche Informationen zur Nutzungsabfolge, Belegungspraktiken und Beigabenpraktiken ab. Bauliche Veränderungen der Anlage hinsichtlich Vergrößerungen oder innenliegender compartments werden mit eingezogen. Die Ausgrabungen, die durch die hohe Dichte an Knochen und Beigabenfunden, in Kleinquadranten ausgeführt werden, erhalten stetiges monitoring mittels orthofotografischer, GIS-gestützter Dokumentation. Die stratigrafischen Positionen von Funden in Relation zu Knochen werden genau dokumentiert, um letztendlich ein gesamtes 3D Modell der vollständigen Grablege zu erhalten. Auf dessen Basis kann perpektivisch die Auswertung an Dichte, anatomischen Zugehörigkeiten und Erhaltungszustand durchgeführt werden. Parallel dazu erfolgt die wissenschaftliche Auswertung der Fundmaterialien und ihrer Funktion und Bedeutung hinsichtlich individueller oder gemeinschaftlicher Zugehörigkeit. Mittels stratigrafischer Untersuchungen (14C) und einer breit angelegten Isotopenanalytik an humanen Knochen und Zähnen bietet uns Dibba 76 die seltene Gelegenheit, die Langzeitdynamik von Lebensbedingungen, Subsistenz, Gesundheitsmustern und Krisenmanagement durch eine Kombination von archäologischen Studien und multiplen bioarchäologischen Analysen zu untersuchen.

Dibba 76. Übersicht über die beiden Langgräber Tomb 1 und Tomb 2. © DAI, Orient-Abteilung // K. Pfeiffer
Dibba Murbā. Kollektion von Perlen aus unterschiedlichen Materialien. © DAI, Orient-Abteilung // K. Pfeiffer
Fujairah-German Archaeological Survey. Terrassierte Felder und Siedlungsreste im Wadi Mai. © DAI, Orient-Abteilung // K. Pfeiffer
Dibba Murbā. Abschluss der Grabungssaison und Vorbereitungen zum Schutz der Fläche vor der nächsten Überschwemmung. © DAI, Orient-Abteilung // M. Ladurner
Dibba 76. Bioarchäologen bei der Ausgrabung und Dokumentation des Kollektivgrabs 2 (E. Petiti und S. Lora). © DAI, Orient-Abteilung // M. Ladurner
Dibba 76. Bioarchäologische Untersuchungen an einem menschlichen Kiefer mit Zähnen. © DAI, Orient-Abteilung // E. Petiti
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Griffbereich eines Bronzedolches mit Holzresten © DAI Orient-Abteilung // Alexander Strauß
Qurayyah. Rettungsmaßnahme an einem spätbronzezeitlichen Cairn inmitten einer Großbaustelle. © DAI, Orient-Abteilung // L. Klisch
Fujairah-German Archaeological Survey. Siedlungsreste und Steinkreise im Wadi ash-Shanah. © DAI, Orient-Abteilung // L. Klisch
Qidfa 3. Übersicht der Grabungsstelle mit Siedlungsresten vor der Wiederaufnahme der Arbeiten. © DAI, Orient-Abteilung // S. Reichmuth