Forschung
Dendrochronologie
Der erste Schritt in der Analyse der Hölzer aus den bronzezeitlichen Grabkomplexen ist die Vermessung der Jahrringe zur Datierung. Für beide von uns untersuchten Regionen wurden aus einzelnen Jahrringen Proben entnommen, die mittels der Radiokohlenstoffmethode datiert sind. Sie erlauben mit dem sog. Wiggle-Matching eine chronologische Absicherung der Messergebnisse. Im Kaukasus ist keine durchgehende Jahrringkurve vorhanden, weshalb die dortigen Hölzer nur mit einer Genauigkeit von etwa ± 20 Jahren datiert werden können. Überlappungen aus verschiedenen Hölzern und Gräbern machen es jedoch möglich geschlossene Sequenzen von mehreren Hundert Jahren zu untersuchen. Dies ist im Norden für das 4. und frühe 3. Jt. v.Chr. möglich, im Südkaukasus fallen die datierten Hölzer in die zweite Hälfte des 3. Jt. v.Chr.
Isotopenanalysen
Um die Klimainformationen der prähistorischen Hölzer zu erschließen, untersuchen wir die verschiedenen stabilen Isotope des Kohlenstoffs
und des Sauerstoffs in den Jahrringen. Die Isotopenzusammensetzung des Kohlenstoffs im Holz der Bäume hängt von der interzellulären CO2-Konzentration in Blätter ab, die Fotosynthese betreiben. Pflanzen können diese beeinflussen, indem sie die Spaltöffnungen ihrer Blätter, z. B. bei hohen Temperaturen bzw. Trockenheit, nur wenig öffnen, um Wasserverluste zu minimieren. Dies wirkt sich auf die Fraktionierung der Kohlenstoff-Isotope aus und lässt im Rückschluss aus deren Werten für die jeweiligen Jahrringe auf ein trockeneres oder feuchteres Umgebungsklima schließen.
Neben den Kohlenstoffisotopen zeigen auch die Sauerstoffisotope des organischen Materials Variationen, die mit Veränderungen von Umwelteinflüssen korreliert sind. Weil das Isotopenverhältnis des Sauerstoffs im Niederschlag von der Temperatur beeinflusst wird, steht damit ein Paläothermometer zur Verfügung, falls Änderungen der Signatur des organischen Materials durch Änderungen im Bodenwasser dominiert werden. Bei der Interpretation von Sauerstoffisotopendaten aus Jahrringen ist die Herkunft des bei der Fotosynthese der Bäume genutzten Wassers entscheidend. Wird das Bodenwasser vom Niederschlag dominiert und haben die Wurzeln praktisch keinen Zugriff auf das Grundwasser, spiegeln die Sauerstoffisotopenwerte die kurzfristigen Temperaturschwankungen auf Jahresbasis wider. Findet die Wasseraufnahme im Wesentlichen aus dem Grundwasser statt, werden eher langfristige Temperaturschwankungen aufgezeichnet.
Computertomographie und Zellvermessung
Eine weitere Möglichkeit, die Wuchsbedingungen von Bäumen zu rekonstruieren ist die Vermessung der Holzzellen. Diese Methode wurde bislang auf der Basis von Dünnschnitten zweidimensional durchgeführt. Im aktuellen Projekt ermöglicht die Vermessung einzelner Holzproben verschiedener Größen mit einem μ-CT an der Berliner Hochschule für Technik (BTH), den Teilbereich der Zellvermessung auf eine neue methodische Ebene zu heben. Die erreichbare Bildauflösung liegt im ein- bis zweistelligen μm-Bereich. Die dreidimensionalen CT-Bilder ermöglichen es, beliebig viele virtuelle Schnitte durch eine Holzstruktur zu legen. Daran können einerseits Jahrringbreiten exakt vermessen werden. Zum anderen können auch einzelne Holzzellen sichtbar gemacht werden und deren Zellgrößenverteilung dreidimensional und mit hoher Statistik für einzelne Jahrringe zu ermitteln. Insbesondere für brüchige oder verkohlte Holzproben, wie es die borliegenden archäologischen Objekte sind, eignet sich die CT als zerstörungsfreie Methode der Datenerfassung sehr gut. Die Methode der hochauflösenden Computertomographie als bildgebendes Verfahren ist für die Dendrochronologie ein wegweisender Schritt, weil erstmals Holzanalysen nicht-invasiv durchgeführt werden können.
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