Groundcheck - Klimaarchive und Archäologie im Kaukasus

CT Scan des Balkens aus Marinskaja 5. © BHT/DAI Eurasien-Abteilung // Astrid Haibel

Forschung

Dendrochronologie

Der erste Schritt in der Analyse der Hölzer aus den bronzezeitlichen Grabkomplexen ist die Vermessung der Jahrringe zur Datierung. Für beide von uns untersuchten Regionen wurden aus einzelnen Jahrringen Proben entnommen, die mittels der Radiokohlenstoffmethode datiert sind. Sie erlauben mit dem sog. Wiggle-Matching eine chronologische Absicherung der Messergebnisse. Im Kaukasus ist keine durchgehende Jahrringkurve vorhanden, weshalb die dortigen Hölzer nur mit einer Genauigkeit von etwa ± 20 Jahren datiert werden können. Überlappungen aus verschiedenen Hölzern und Gräbern machen es jedoch möglich geschlossene Sequenzen von mehreren Hundert Jahren zu untersuchen. Dies ist im Norden für das 4. und frühe 3. Jt. v.Chr. möglich, im Südkaukasus fallen die datierten Hölzer in die zweite Hälfte des 3. Jt. v.Chr.

Isotopenanalysen

Um die Klimainformationen der prähistorischen Hölzer zu erschließen, untersuchen wir die verschiedenen stabilen Isotope des Kohlenstoffs
und des Sauerstoffs in den Jahrringen. Die Isotopenzusammensetzung des Kohlenstoffs im Holz der Bäume hängt von der interzellulären CO2-Konzentration in Blätter ab, die Fotosynthese betreiben. Pflanzen können diese beeinflussen, indem sie die Spaltöffnungen ihrer Blätter, z. B. bei hohen Temperaturen bzw. Trockenheit, nur wenig öffnen, um Wasserverluste zu minimieren. Dies wirkt sich auf die Fraktionierung der Kohlenstoff-Isotope aus und lässt im Rückschluss aus deren Werten für die jeweiligen Jahrringe auf ein trockeneres oder feuchteres Umgebungsklima schließen.

Neben den Kohlenstoffisotopen zeigen auch die Sauerstoffisotope des organischen Materials Variationen, die mit Veränderungen von Umwelteinflüssen korreliert sind. Weil das Isotopenverhältnis des Sauerstoffs im Niederschlag von der Temperatur beeinflusst wird, steht damit ein Paläothermometer zur Verfügung, falls Änderungen der Signatur des organischen Materials durch Änderungen im Bodenwasser dominiert werden. Bei der Interpretation von Sauerstoffisotopendaten aus Jahrringen ist die Herkunft des bei der Fotosynthese der Bäume genutzten Wassers entscheidend. Wird das Bodenwasser vom Niederschlag dominiert und haben die Wurzeln praktisch keinen Zugriff auf das Grundwasser, spiegeln die Sauerstoffisotopenwerte die kurzfristigen Temperaturschwankungen auf Jahresbasis wider. Findet die Wasseraufnahme im Wesentlichen aus dem Grundwasser statt, werden eher langfristige Temperaturschwankungen aufgezeichnet.

Computertomographie und Zellvermessung

Eine weitere Möglichkeit, die Wuchsbedingungen von Bäumen zu rekonstruieren ist die Vermessung der Holzzellen. Diese Methode wurde bislang auf der Basis von Dünnschnitten zweidimensional durchgeführt. Im aktuellen Projekt ermöglicht die Vermessung einzelner Holzproben verschiedener Größen mit einem μ-CT an der Berliner Hochschule für Technik (BTH), den Teilbereich der Zellvermessung auf eine neue methodische Ebene zu heben. Die erreichbare Bildauflösung liegt im ein- bis zweistelligen μm-Bereich. Die dreidimensionalen CT-Bilder ermöglichen es, beliebig viele virtuelle Schnitte durch eine Holzstruktur zu legen. Daran können einerseits Jahrringbreiten exakt vermessen werden. Zum anderen können auch einzelne Holzzellen sichtbar gemacht werden und deren Zellgrößenverteilung dreidimensional und mit hoher Statistik für einzelne Jahrringe zu ermitteln. Insbesondere für brüchige oder verkohlte Holzproben, wie es die borliegenden archäologischen Objekte sind, eignet sich die CT als zerstörungsfreie Methode der Datenerfassung sehr gut. Die Methode der hochauflösenden Computertomographie als bildgebendes Verfahren ist für die Dendrochronologie ein wegweisender Schritt, weil erstmals Holzanalysen nicht-invasiv durchgeführt werden können.

Karte der Klimaarchive im Kaukasus. Im Ausschnitt die langjährigen geoarchäologischen Studien zur Entwicklung der Kubanmpndung im Holozän. © DAI Eurasien-Abteilung // Sabine Reinhold
Verprobung prähistorischer Hölzer aus dem Kurgan von Ananuri 3. © DAI Eurasien-Abteilung // Daniel Neumann
Holz der Grababdeckung des Majkop-Grabes 18 aus dem Grabhügel Marinskaja 3. Die Hölzer sind auf 3304+20 datiert. © MGU Moskau/DAI Eurasien-Abteilung // Anatoliy R. Kantorovich
Wasserkreislauf in Bäumen (adaptiert nach nach Treydte et al. 2004, Abb. 3) © DAI Eurasien-Abteilung // Sabine Reinhold
Holzprobe im MikroCT. Je kleiner die Probe, desto höhere Auflösungen der Bilder sind möglich. © BHT/DAI Eurasien-Abteilung // Astrid Haibel
CT eines Bauquerschnitts aus einer frühbronzezeitlichen Grabkammer. © BHT/DAI Eurasien-Abteilung // Astrid Haibel
Wald im Hochgebirge, Svanetien. © DAI Eurasien-Abteilung // Karl-Uwe Heussner