Kalapodi Legacy Data – Forschungsdatenmanagement der Altgrabung Kalapodi

© DAI Athen // Frauke Tammen

Forschung

Der Bestand zu den Grabungen von Kalapodi war lange Zeit auf mehrere Bearbeiter:innen in verschieden Städten (Hannover, Gießen, Athen, Oxford) verteilt. Bereits ab 2016 wurden alle zur Grabung Kalapodi zugehörigen Unterlagen gesammelt und in die DAI-Archive in Berlin oder Athen überführt. In diesem Zuge wurden auch verschiedene elektronische Datenbanken und Dokumente in kaum mehr benutzten Medienformaten vereint, damit sie in neue Formate übertragen werden können. Zu betonen ist hier eine erste Migration einer älteren filemaker-Datenbank (idai.field1) in eine neue iDAI.field Version.

Mit Projektbeginn startete ab 2019 die erste Digitalisierungsphase der Grabungsdokumentation. Zudem fand vom 25.05. bis 10.07.2020 ein siebenwöchiges Fernpraktikum statt, in dessen Rahmen Studierende die ersten Transkriptionen und Metadaten in Listen erhoben.

Die archivische Erfassung und Digitalisierung fand in der Folge parallel in Berlin und Athen statt. Ende 2021 wurden alle Archivalien aus dem Archiv Berlin in die Athener Abteilung überführt. Daneben sind, entsprechend der DAI-Richtlinien, alle digitalisierten Forschungsdaten auf der DAI-Cloud in Berlin als Backup hinterlegt.

Der bisher ca. 13 TB große Bestand umfasst umfangreiche Digitalisate der Legacy Data der Altgrabungen von Kalapodi.

Der Bestand umfasst ca. 36 000 Fotografien (Fotonegative, Diapositive und digitale Fotos in Schwarzweiß und Farbe), ca. 5 500 Zeichnungen (u.a. von Architektur, Plana und Profilen) und ca. 74 600 Seiten Dokumentation (Befundbücher, Tagebücher, Inventarhefte etc.). Ergänzend befinden sich im Bestand mehrere Manuskripte (ca. 98 Ordner), die vor allem von Fundbearbeiter:innen nach der Grabung unter Rainer Felsch angelegt wurden und teilweise noch unpubliziert sind.

Dazu zählen Manuskripte von Karin Braun (Keramik 1977–1986), Peter Caselitz (Byzantinische Gräber), Richard Catling (Geometrische Keramik), Peter Robert Franke (Münzen), Margrit Jacob-Felsch (Spätmykenische/Protogeometrische Keramik), Helmut Kroll (Kulturpflanzen), Anna Palma-Koufa (Graffiti) und Michael Prange (Zeichnungen Varia).

Insgesamt gibt es ca. 440 Akten in verschieden Formaten (DINA3, DINA4, Planrollen). Mittlerweile wurde der größte Teil des Bestandes der Altgrabungen von Kalapodi gescannt.

Administration /DE DAI-ATH-Archiv-GA-KAL-Admin

Laufzeit: 1973 – heute

Umfang: 16 Ordner

Inhalt: Grabungslogistik, Finanzen und Schriftgutverwaltung

Digitale Fotos/ DE DAI-ATH-Archiv-GA-KAL-DF

Laufzeit: 2007–2013

Umfang: 8 Ordner

Inhalt: Digitale Fotografien der Grabungen von 2007-2013

Dokumentation / DE DAI-ATH-Archiv-GA-KAL-DOK

Laufzeit: 1973–2013

Umfang: 34 Ordner Befundbücher, 38 Ordner Findmittel, 89 Ordner Keramikstatistik, 28 Ordner Tagebücher

Inhalt: Befundbücher, Findmittel (Foto-, Plan-, Zeichnungsinventare),Keramikstatistik; Tagebücher, Feldkommentare, Befund-/Flächenzettel

Fotos/ DE DAI-ATH-Archiv-GA-KAL-F

Laufzeit: 1973–2013

Umfang: 25 Ordner

Inhalt: Fotonegative und Diapositive der Grabungen von 1973–2013

Inventare/ DE DAI-ATH-Archiv-GA-KAL-INV

Laufzeit: 1973–2013

Umfang: 6 Ordner Architekturinventare, 21 Ordner Bronzeinventare, 4 Ordner Eiseninventare, 2 Ordner Eiseninventare, 37 Ordner Keramikinventare, 4 Ordner Varia, 2 Ordner Ziegelinventare

Inhalt: Architektur-, Bronze-, Eisen-, Inschriften-, Keramik-, Varia-, Ziegelinventare

Manuskripte/ DE DAI-ATH-Archiv-GA-KAL-MS

Laufzeit: 1973–2013

Umfang: insgesamt ca. 98 Mappen

Inhalt: Manuskripte, Arbeitsunterlagen, Zeichnungen sowie sonstige Konvolute von Grabungsmitarbeiter:innen, die über die Jahre hinweg mit der Bearbeitung diverser Fundgattungen bzw. Befundensembles beauftragt wurden.

Publikationen/ DE DAI-ATH-Archiv-GA-KAL-P

Laufzeit: 1996–2007

Umfang: 5 Mappen

Inhalt: Kalapodi Band I und Band II (Tafelvorlagen)

Zeichnungen/ DE DAI-ATH-Archiv-GA-KAL-Z

Laufzeit: 1996–2013

Umfang: Architekturzeichnungen (18 Planrollen, 12 Mappen), Diverse Zeichnungen (4 Planrollen), Fundzeichnungen (1 Planrolle Bronze, 10 Mappen/2 Planrollen Eisen, 3 Mappen Keramik, 2 Mappen Varia), Gesamtpläne (3 Planrollen), Plana und Profile (36 Mappen, 3 Planrollen).

Inhalt: diverse Zeichnungen zur Architektur/Bauaufnahme, Fundzeichnungen, Gesamtpläne und Plana/Profile

Ziel des Projektes „Kalapodi – Legacy Data“ ist es, die umfangreichen Forschungsdaten nicht nur für die Zukunft zu sichern, sondern auch ihre langfristige Zugänglichkeit und Nutzung zu erleichtern. Aufgrund des Umfangs und der Komplexität der Datenüberlieferung bereitet ein solches Unterfangen größere Herausforderungen. Es verspricht aber gleichzeitig ein enormes Wissens- und Forschungspotential, das für die Wissenschaft erschlossen und für die Publikation der Grabungsergebnisse von Kalapodi verwertet werden kann.

In einem ersten Schritt wurde der Archivbestand systematisch klassifiziert und erschlossen. Zur Verwaltung und Organisation des Bestandes wurde in iDAI.archives ein digitales Verzeichnis der gesamten Dokumentation angelegt.

Simultan zur digitalen Erfassung fanden umfangreiche Umräumarbeiten im Athener Archiv statt. Hierfür wurden für den Schutz und Erhalt der Originale neue Planschränke sowie an aktuelle Archiv-Standards (säurefrei, altersbeständig, basisch gepuffert, DIN ISO 9706, ISO 16245-A) angepasste Mappen, Planrollen und Boxen erworben. Nach der Umverpackung wurden die Bestände etikettiert und nach einem neuen Aufbauschema aufbewahrt.

Für die Langzeitarchivierung wurden die Dokumente und Fotografien nach festen Standards digitalisiert. Nach deren Qualitätskontrolle wurde damit begonnen, Metadaten zu generieren. Wichtig ist hier vor allem, auf die qualitative Aufbereitung der Daten zu achten. Denn nur eine gute Datenqualität (mit festen Thesauri und Wertelisten) ermöglicht ein erleichtertes Arbeiten mit der Datenbank und schafft auch eine projektübergreifende Einheitlichkeit. Im Einklang mit iDAI.world können diese Daten auch in iDAI.thesauri und iDAI.chronontology eingepflegt werden. Diese neu generierten Legacy Data sollen nach einer gründlichen Datenkontrolle und -bereinigung in die Grabungsdatenbank iDAI.field importiert werden.

Bevor ein Import der Dokumentation in iDAI.field stattfinden kann, müssen, mit Ausnahme der feststehenden Vorgaben der Datenbank, die Konfigurationsdateien speziell für das Projekt Kalapodi angepasst und umstrukturiert werden.

Da in den Grabungen unter Rainer Felsch und Wolf-Dietrich Niemeier zwei unterschiedliche Grabungsrastersysteme benutzt wurden, ist es für die Arbeitsweise mit der Datenbank unerlässlich, wenigstens eine Konkordanz-Liste zu implementieren. Im Zuge dessen wurde in QGIS eine solche Liste erstellt, die die unterschiedliche Benennung der Quadranten in Einklang bringt.

Als integraler Bestandteil der Zentralen Wissenschaftlichen Dienste des DAI befasst sich das Forschungsdatenmanagement mit verschiedenen Methoden und Maßnahmen, die dazu dienen, im Rahmen einer guten wissenschaftlichen Praxis qualitätvolle Daten zu erzeugen, zu sichern und zu verwalten. Alle digitalen Forschungsdaten sollen im Zuge neuer digitaler Systeme (iDAI.world) aufbereitet werden. Dies wird seit 2015 ergänzt durch Empfehlungen des Wissenschaftsrates (siehe Link unten).

Bei diesem Projekt sind mehrere Maßnahmen hervorzuheben, allen voran die dauerhafte Archivierung. Vergängliche Dokumentationsmittel in Papierformat oder alten Filmmaterialien (Dias) können durch äußere und inhärente Gefährdungen bereits im Laufe weniger Jahrzehnte Schäden aufweisen und bieten keine langfristigen Perspektiven für eine qualitätvolle Datensicherung. Ziel ist es, das originale Archivgut durch sachgemäße Lagerung und archivgerechte Verpackungen bestmöglich zu schützen. Daneben müssen alle Archivalien digitalisiert werden, um sie auch zukünftig zu erhalten und eine Nachnutzung zu garantieren. Dabei wurden feste Scanparameter eingehalten, die sich an den Praxisregeln der DFG orientieren.

Um alle Archivgüter gut verwalten zu können, wird der Bestand der Altgrabungen in iDAI.archives verwaltet und präsentiert. Zusätzlich sollen zukünftig alle Grabungsdaten digital in iDAI.field implementiert werden. Auch weitere Programme aus der iDAI.world können prinzipiell in Zukunft in das Projekt „Kalapodi – Legacy Data“ miteinbezogen werden, um den Daten-Lebens-Zirkel möglichst gut auszubauen. All dies geschieht im Rahmen der zentralen Leitlinien entsprechend der FAIR- und CARE-Prinzipien. Alle erstellten Daten müssen auffindbar, zugänglich und wiederverwendbar (FAIR) sowie dem gemeinschaftlichen Nutzen, einer Autorität und Verantwortlichkeit unterstellt sein und ethischen Grundsätzen unterliegen (CARE).

Mit der Einführung von iDAI.archives/AtoM (Access To Memory) als Erschließungs- und Verwaltungssystem für die Archive des DAI und der anstehenden Implementierung der DAI-eigenen Feldforschungsdatenbank iDAI.field2 soll eine Grundlage für die retrospektive Erfassung, Langfristsicherung und Auffindbarkeit von Altdaten geschaffen werden. „Kalapodi – Legacy Data“ ist deshalb als Pilotprojekt anzusehen, in dem das Potential und der Umgang mit Legacy Data aus Ausgrabungen kritisch geprüft werden soll.

Grundsätzlich stehen dabei zwei Fragen im Vordergrund:

- Erleichtert eine Grabungsdatenbank die Fundbearbeitung und die Publikation der Funde? Vereinfacht sie lediglich den Zugang für Fundbearbeiter:innen oder sind eventuell auch direkte Open Access-Publikationen denkbar?

- Lohnt sich diese Aufarbeitung für Altgrabungen, die über Daten aus mehreren Jahrzehnten verfügen? Im Verhältnis dazu steht der hohe Zeitaufwand, der für eine digitale Datenstrukturierung und -erfassung einzuplanen ist. Außerdem ist zu berücksichtigen, ob die neuen Verwaltungssysteme mit der vorhandenen Grabungsstruktur kompatibel sind.

Insofern vermag eine derartige Integration alter Forschungsdaten paradigmatisch für andere unpublizierte Projekte fungieren und auf diese Weise die Auseinandersetzung mit einem aktuellen Kernproblem in der Klassischen Archäologie befördern.

Ein Ausschnitt aus der Grabungsdokumentation des Sommers 1982. D-DAI-ATH-ARCHIV-GA-KAL-DOK-BD-002-0056. © DAI Athen // Rainer Felsch
Ein Auszug aus dem Grabungstagebuch einer Kampagne unter Rainer Felsch. D-DAI-ATH-ARCHIV-GA-KAL-DOK-TB-005-0071. © DAI Athen // Rainer Felsch
Dachrekonstruktion im Grabungsmagazin. D-DAI-ATH-Archiv-GA-KAL-F-015-1986-042-0002. © DAI Athen // Rainer Felsch
Ein Blick in das Grabungsmagazin. D-DAI-ATH-Archiv-GA-KAL-F-015-1989-021f-0025. © DAI Athen // Rainer Felsch
Detailaufnahme des Altars. D-DAI-ATH-Archiv-GA-KAL-F-016-1981-15-0001. © DAI Athen // Rainer Felsch
Bergung des Altars. D-DAI-ATH-ARCHIV-GA-KAL-F-05-0001. © DAI Athen // Rainer Felsch
Ein Plan des Quadrantensystems der Grabung unter Felsch. D-DAI-ATH-ARCHIV-GA-KAL-Z-DZ-002-0001. © DAI Athen // Rainer Felsch