Bariano. Der frühchristliche Baukomplex im ehemaligen Karmeliter-Konvent „dei Neveri“

Abb.1: Die Westseite der heutigen Kirche della Madonna del Carmine, Bariano (BG) © N. Zimmermann, DAI Rom // N. Zimmermann, DAI Rom

Forschung

Nach der vorläufigen Auswertung der Grabungen und der Beobachtungen von Mauerwerken und Bauabfolgen ging man davon aus, dass an einen römischen Großbau, der entweder als Kernbau einer villa oder Teil eines öffentlichen Gebäudes vermutet wurde, in der Spätantike der kleine biabsidale Zentralbau angefügt wurde. Dieser wurde, als die frühchristlichen Malereien zu Tage traten, hypothetisch als Baptisterium oder Mausoleum bezeichnet. Jedenfalls zeigt sein fast vollständig erhaltenes Mauerwerk, das sog. Opus spicatum , das aus Spolienziegel in wechselnden Lagen mit auffälliger Fischgräten-Musterung besteht, eine deutliche Beziehung ins spätantike Mailand, wo das Opus spicatum seit der Zeit des Bischofs Ambrosius regelmäßig auftritt. Auch die zu gut einem Drittel erhaltenen Malereien des Innenraumes in spektakulärer Qualität lassen die Beziehung erkennen (Abb. 3): das Bildprogramm lässt sich zu großen Teilen rekonstruieren als ein Zug von kranztragenden, zur südlichen Hauptnische ziehenden Aposteln im unteren Register (Abb. 4), darüber liegt eine Zone mit biblischen Szenen des Alten und Neuen Testaments, und wiederum darüber liegen in den gegenständigen Ost- und Westabsiden zwei christologische Szenen – die eine zeigt dier sog. Apostelversammlung, die andere vermutlich die Szene der Magieranbetung. Es gibt bislang keine Malerei vergleichbarer Qualität im spätantiken Norditalien.\n\nIm Rahmen der gemeinsamen Projektarbeit sollen vor allem die absolute Datierung und die Bauabfolge der architektonischen Strukturen geklärt werden, wozu neben den Grabungsbefunden insbesondere C14-Beprobungen von Mauerwerksmörtel und Wandputzen dienen können. Durch geophysikalische Untersuchungen sollen die Ausmaße des Baukomplexes ggf. über die bislang bekannte architektonische Struktur bestimmt werden. Die Bauanalyse soll zudem Funktion und Nutzungsdynamik der Gebäude erschließen. Auch die Ausstattungselemente wie Fußbodenmosaike und natürlich die Wandmalereien stehen im Fokus der Forschung. Schließlich drängt sich die Frage nach dem Auftraggeber bzw. Besitzer auf, und nach dem Kontext des bislang völlig isoliert liegenden Gebäudeensembles.

Abb.1: Die Westseite der heutigen Kirche della Madonna del Carmine, Bariano (BG) © N. Zimmermann, DAI Rom // N. Zimmermann, DAI Rom
Abb.2: Längsschnitt durch den Gebäudekomplex in Bariano: links die Ostwand des rechteckigen Saalbaus, rechts die Ostwand der heutigen Kirche mit dem nachträglichen Altar © DAI Rom – ACAS 3D, F. Capriuoli // DAI Rom – ACAS 3D, F. Capriuoli
Abb.3: Abwicklung der Ostwand der Kirche und der Apsiskalotte © M. Limoncelli - N. Zimmermann, DAI Rom // M. Limoncelli - N. Zimmermann, DAI Rom
Abb.4: Malerei des frühen 5. Jhs.: Kranztragende Apostel, Kirche der Madonna del Carmine, Bariano (BG) © N. Zimmermann, DAI Rom,Curia di Bergamo // N. Zimmermann, DAI Rom, Curia di Bergamo
Abb.5: Abwicklung der Ostseite der Kirche der Madonna del Carmine mit Hervorhebung der spätantiken Wandmalerei © M. Limoncelli - N. Zimmermann, DAI Rom // M. Limoncelli - N. Zimmermann, DAI Rom
Abb.6: Rekonstruktionsvorschlag © N. Zimmermann, DAI Rom // N. Zimmermann, DAI Rom
Abb.7: Mesh-Modell des Inneren der Kirche della Madonna del Carmine, Bariano (BG) © DAI Rom – ACAS 3D, F. Capriuoli // DAI Rom – ACAS 3D, F. Capriuoli
Abb.8: 3D-Scan des Inneren der Kirche della Madonna del Carmine, Bariano (BG) © DAI Rom – ACAS 3D, F. Capriuoli // DAI Rom – ACAS 3D, F. Capriuoli