Guadalupe: Kulturelle Interaktion und vorspanische Siedlungsgeschichte im Nordosten von Honduras

Guadalupe liegt an der Schnittstelle zwischen Mesoamerika und dem Südlichen Zentralamerika in einer wenig erforschten Region an der Karibikküste von Honduras. Durch die Untersuchung eines zeremoniellen Siedlungsplatzes ließen sich weitreichende Netzwerke kultureller und wirtschaftlicher Beziehungen in vorspanischer Zeit rekonstruieren.

Grabung © DAI-KAAK // Markus Reindel

DAI Standort  Kommission für Archäologie Außereuropäischer Kulturen

Projektart  Einzelprojekt

Laufzeit  2016 - 2023

Disziplinen  Altamerikanistik, Altamerikanische Archäologie, Siedlungsarchäologie

Projektverantwortlicher  Michael Lyons, Prof. Dr. Markus Reindel

Adresse 

Email  Michael.Lyons@dainst.de

Team  Jeannine Langmann, Marcel Mueller

Laufzeit  2016 - 2023

Projektart  Einzelprojekt

Fokus  Feldforschung

Disziplin  Altamerikanistik, Altamerikanische Archäologie, Siedlungsarchäologie

Methoden  Beschreibung, Datierungsmethoden, Absolute Datierung, Radiokarbondatierung, relative Chronologie, Digitale Fotografie, Dokumentation, 3D-Dokumentation, Analoge zeichnerische Dokumentation, Digitale grafische Dokumentation, Dokumentation Fund/Befund, Fotogrammetrie, Nivellierung, Schichtdokumentation, Vermessung, Feldforschung, Grabungsmethoden, Ausgrabungen, Fundbergung, Literaturrecherche, Materialuntersuchungen, Altersbestimmungen, Dünnschliffuntersuchungen, Fundanalyse, Gesteinsuntersuchungen, Keramikuntersuchungen, Materialuntersuchungen (anorganisch), Materialuntersuchungen (organisch), Menschenknochenanalyse, Tierrestanalyse, Tonuntersuchungen, Prospektionsmethoden, Fernerkundung, Flurbegehungen, GIS-Analyse, LiDAR, Luftbildfotografie, Surveys, Topografische Untersuchung, Topographische Aufnahme, Räumliche Auswertungen, Structure from Motion (SfM), Typologie

Partner  Instituto Hondureño de Arqueología e Historia (IHAH), Museum Rietberg Zürich, Universität Zürich, Archäologisches Institut, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Institut für Archäologie und Kulturanthropologie, Abteilung für Altamerikanistik, University of California, San Diego, Mesoamerican Archaeology Laboratory, Universität Heidelberg, Interdisziplinäres Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen (IWR), Universidad Nacional Autónoma de Honduras (UNAH), Tegucigalpa, Instituto Nacional de Antropología e Historia (INAH), Coordinación Nacional de Conservación del Patrimonio Cultural, México DF, Universidad Autónoma de Yucatán, Facultad de Ciencias Antropológicas, Laboratorio de Bioarqueología, Mérida, Universidad Autónoma de Yucatán, Laboratorio de Zooarqueología, Mérida

Förderer  Schweizerisch-Liechtensteinische Stiftung für Archäologische Forschungen im Ausland (SLSA), Regula Pestalozzi Stiftung, Auswärtiges Amt - Kulturerhaltprogramm, Deutsche Botschaft Tegucigalpa, Fonds zur Förderung des akademischen Nachwuchses der Universität Zürich (FAN)

Projekt-ID  2894

Permalink  https://www.dainst.org/projekt/-/project-display/3011155

Überblick

Zielsetzung des Projektes Guadalupe war es, einen Beitrag zu der archäologischen Erforschung der Nordostküste von Honduras zu leisten. Honduras ist kulturgeschichtlich und siedlungshistorisch besonders interessant, da es eine Brückenfunktion zwischen den großen Kulturräumen Mesoamerika (Mexiko, Guatemala, El Salvador, Belize), dem Südlichen Zentralamerika (Teile von Honduras, Nicaragua, Costa Rica, Panama) und der Karibik einnimmt. Durch diese besondere Lage trafen im vorspanischen Nordosthonduras verschiedene kulturelle Einflüsse aufeinander, wobei sich gleichzeitig aber auch eine einzigartige regionale Kulturtradition entwickelte. 

Trotz dieser außergewöhnlichen Situation konzentrierte sich die archäologische Forschung bisher vor allem auf den westlichen Teil des Landes, wo die Mayastadt Copán seit dem Ende des 19. Jahrhunderts das Interesse der Forscher und Forscherinnen auf sich zog. Je weiter man nach Osten kommt, desto spärlicher werden die archäologischen Daten. Um einen Beitrag zur Grundlagenforschung dieser Region zu leisten, wurde der Fundort Guadalupe ausgesucht, um eine systematische Grabung durchzuführen und das dabei geborgene Fundmaterial zu analysieren. Der Grabungsort befindet sich inmitten der gleichnamigen modernen Ortschaft nahe Trujillo (Departamento Colón) an der honduranischen Atlantikküste. Es handelt sich hierbei um ein Gebiet mit zahlreichen obertägig erkennbaren, aber bisher unerforschten Siedlungsstrukturen mit aufgeschütteten Erdhügeln.

Der Grabungsschnitt von 12 m Länge und 2 m Breite erstreckte sich von der Kuppel bis zum Fuß des Siedlungshügels. Er wurde in vier Grabungseinheiten (Unidades) aufgeteilt und in künstlichen Schichten von 10 cm ausgegraben. Jedes so entstehende Planum wurde umfassend dokumentiert, gezeichnet und fotografiert. © DAI-KAAK // Markus Reindel
Auf der Grabung konnten riesige Mengen Keramik geborgen werden, die nach dem Waschen auf dem Schulgelände zum Trocknen ausgelegt wurden. Dank der karibischen Sonne dauerte dies nur wenige Stunden. © DAI-KAAK // Markus Reindel
Luftbild der modernen Ortschaft Guadalupe. Der Grabungsplatz befindet sich auf dem Pausenhof der Dorfschule im vorderen Teil des Bildes, der von hohen Bäumen verdeckt wird. © DAI-KAAK // Markus Reindel
Rekonstruktionszeichnung der Aktivitäten am ergrabenen Fundplatz in Guadalupe. Solche Interpretationen sollten stets mit Vorsicht genossen werden, da zum aktuellen Zeitpunkt keinerlei Aussagen bspw. über das äußere Erscheinungsbild der Menschen, Tracht, Schmuck und Ablauf der Rituale getroffen werden können. Trotzdem können sie dabei helfen, das Leben damals auf Basis der archäologischen Funde und Befunde besser vorstellbar zu machen. © DAI-KAAK // Jill Mattes
Vollständig erhaltene oder Fragmente von Tonflöten, Ocarinas genannt, belegen, dass die präkolumbischen Einwohner:innen Guadalupes musiziert haben. © DAI-KAAK // Paul Bayer
Die Formen und Dekorationen der Gefäßkeramiken umfassen ein breites Spektrum. Mithilfe der Handzeichnungen, Fotos und 3D-Scans war es Franziska Fecher möglich, einzelne Keramiktypen auszumachen und diese in ihrer Dissertation übersichtlich darzustellen. Diese Übersicht, Typologie genannt, bildet eine gute Grundlage für weitere Forschungen in Nordosthonduras. © DAI-KAAK // Franziska Fecher
Nach Freilegung einer Bestattung in den untersten Schichten ließen sich die fehlenden Skelettteile deutlich feststellen: Dem bestatteten Individuum fehlten der Schädel, rechter Arm, Becken und die Oberschenkelknochen, wohingegen die anderen Körperteile in anatomisch korrekter Lage vorgefunden wurden. © DAI-KAAK // Timea Remsey
Anhand von Dünnschliffanalysen lassen sich die einzelnen Magerungsbestandteile des Tons, aus dem die Keramik gefertigt wurde, bestimmen. Diese können wiederum Hinweise auf die Produktionsorte, Handel und Beziehungen zu anderen archäologischen Fundorten geben. © DAI-KAAK // Mike Lyons
Nach langen Baumaßnahmen konnte das neue Museum in Guadalupe auf dem Gelände der Grundschule, wo die Grabungen 2016-2019 stattgefunden hatten, am 1. April 2023 feierlich eröffnet und der Garífuna-Gemeinde übergeben werden. Ehrengäste waren Thomas Strieder (Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Tegucigalpa), Rolando Canizales (Generaldirektor der Denkmalbehörde von Honduras), Roberto Miranda (Vertreter Erziehungsministerium von Honduras), Hector Mendoza (Bürgermeister von Trujillo), Noel Ruiz (Verbandsbürgermeister von Santa Fé), sowie die Leiterin der Grundschule von Guadalupe, Mildred Fernández. © DAI-KAAK // Adrien Martinet
Blick in die 2023 eröffnete Dauerausstellung des neu errichteten Museums in Guadalupe auf dem Gelände der Grundschule. Zu sehen sind Funde aus der Ausgrabung 2016-2019, die nur wenige Meter vom jetzigen Museum entfernt durchgeführt wurde. Das Museum ist in Absprache mit der Grundschulleitung täglich für interessierte lokale Besucher*innen und Tourist*innen geöffnet. © DAI-KAAK // Mike Lyons