Ergebnisse
Verschiedene Areale entlang der einstigen "Hauptstraße", die sich als umwallte Anlagen deutlich vom Stadtbild abheben, stehen im Fokus der noch laufenden Untersuchungen der mongolisch-deutschen Zusammenarbeit:
HB1
Der doppelt umwallte Bezirk HB1 bezeichnet den Komplex, in dem sich auch die Fragmente der berühmten in das Jahr 832 datierten Dreispracheninschrift (chinesisch, sogdisch und uighurisch) finden. Der räumliche Bezug der Inschrift und ihr Inhalt sowie auch die Befundlage mit einem podestartigen Zentralbau in der Mittelachse der Anlage begründen die Annahme, es könne sich bei hierbei um das manichäische Heiligtum der Stadt handeln, aber auf jeden Fall um ein Gebäude von besonderer Bedeutung. Funde, darunter Keramik, Dachziegel und Bauplastik, datieren die mutmaßliche Tempelanlage in das 8./9. Jahrhundert.
In den Jahren 2009 und 2012 lag der Untersuchungsschwerpunkt auf einem Nebengebäude im Norden des Areals: Eine mongolenzeitliche Bestattung unter den Versturzschichten der Mauer in der nordwestlichen Ecke deutet darauf hin, dass das Gebäude auch in nach-uighurischer Zeit genutzt wurde und erst nach dem Verlassen einstürzte.
HB2
Nordöstlich dieses Komplexes findet sich mit dem Palast- oder Tempelbezirk (HB2) eine monumentale Architektur. Die mächtige Wallanlage von 360 x 404 m mit ehemals 12 m hohen Wällen aus Stampflehm ist auch heute noch aus großer Entfernung deutlich in der Steppenlandschaft zu erkennen. Der südöstliche Bereich des Bezirks umfasst ein aus Stampflehm-, Kies- und Sandschichten errichtetes Podium von ca. 60 x 70 m, die sog. Zitadelle, die wie auch die anderen Strukturen in die altuighurische Zeit datiert werden kann. Den Ergebnissen der Grabungskampagnen innerhalb der Zitadelle nach lag das Laufniveau in diesem erhöhten und besonders bewehrten Bereich ungefähr sieben Meter höher als das umgebende Laufniveau.
Erste Untersuchungen der MONDOrEx beschränkten sich auf zwei kleinere Siedlungshügel im Inneren der Anlage, östlich des großen Stupa. Beide gehören wohl aufgrund ihrer Lage innerhalb des Achsengefüges zu den primären Bauten der Palast- oder Tempelstadt. Intensivere Untersuchungen des Westhügels brachten eine Reihe von Nord-Süd verlaufenden Granitsäulenbasen ans Licht, deren Fußplatten mit Lotosrosetten verziert sind. Wie auch Malereireste und Symbolgut weisen diese Säulen auf einen manichäischen Tempel hin.
Aufbauend auf Voruntersuchungen im Jahr 2011 wurde bei der Grabungskampagne 2013 neben der Klärung einer möglichen Torsituation in der Westmauer der Zitadelle auch die Erschließung des ursprünglichen Laufniveaus und damit verbunden eine genauere Untersuchung der Mauerkonstruktion (Innen- und Außenmauer) in der Südostecke angestrebt. Mit der Fortführung der Arbeiten durch eine Erweiterung der beiden Grabungsareale im Sommer 2014 konnten diese Ergebnisse um weitere wichtige Erkenntnisse ergänzt werden.
Die angenommene Eingangssituation in der Westmauer ergab tatsächlich Hinweise auf einen Torbereich, der nach heutigem Kenntnisstand zusammen mit einem Durchgang an der Nordseite der Zitadelle die einzige Zugangsmöglichkeit, nur vom Inneren der Palaststadt aus, bot. Die an dieser Stelle etwa 5 m breiten Mauerköpfe werden von einer Pfostenschlitzmauer aus Ziegeln und senkrecht gesetzten Holzbalken gestützt. Der damit entstandene Mauerdurchlass ist mit Holzbohlen ausgelegt und führt zu einer Tür am Ostende der Pfostenschlitzmauer, von der allerdings nur noch die im Boden vorhandenen Verankerungen erhalten waren. Östlich dieser Konstruktion wurde das Laufniveau mit gebrannten Ziegeln gepflastert und zum Teil mit einem unterirdischen Drainagesystem ausgestattet.
Die Ostausdehnung eines sich an die Pflasterung anschließenden, etwa 0,7 m hohen Podestes aus neun Ziegellagen, zu dem eine dreistufige Treppe Zugang gewährt, wurde in der Grabungskampagne 2014 erschlossen. Etwa einen halben Meter hinter der Kante wird dieses Podest nach Osten hin durch eine stellenweise noch 1 m hoch erhaltene Mauer begrenzt. In Richtung des Zentrums der Zitadelle schließt das mit einer Estrichschicht versehene Laufniveau an die Mauer an.
Im Rahmen der weiteren Untersuchung traten zunächst Teile eines etwa 8 m breiten und mindestens 10 m langen Raumes zu Tage, dessen Nordsüdausdehnung nach der ergänzenden Grabungskampagne 2014 auf ca. 15 m bemessen werden konnte. Eine Sondage in der Südwestecke der Zitadelle erlaubt eine Schätzung von 20 m Gesamtlänge und somit die Rekonstruktion eines ca. 20 x 20 m großen hallenartigen Gebäudes in der Südostecke der Zitadelle. Die den Raum begrenzenden Wandkonstruktionen sind zwischen 1 m und 3 m hoch erhalten, unterscheiden sich jedoch in ihrem Aufbau voneinander. Drei Reihen von Granitsäulenbasen teilen die Halle, die zugehörigen Säulen sind zwar – mit einer Ausnahme – nicht mehr erhalten, dienten aber sehr wahrscheinlich der Stützung einer Dachkonstruktion. Die Schuttschichten, die in besonderer Mächtigkeit in der Südostecke der Zitadelle abgetragen wurden, lassen vermuten, dass das aufgehende Mauerwerk viele Meter hoch gewesen sein muss. Möglicherweise ist sogar von einer Mehrstöckigkeit des hier freigelegten Saals auszugehen.
Mit der Erweiterung des Schnittes nach Norden konnte die Binnenstruktur der Zitadelle weiterhin differenziert werden: An die bereits vorgestellte „Halle“ grenzt in der Nordostecke eine tiefer liegende Hoffläche mit überdachtem Umgang. Hinweise auf eine Mehrphasigkeit dieses Hofes ließen sich nachträglich auch an anderen Stellen des Gebäudes nachweisen.
Um das Bild der Zitadelle in der Nordostecke – anschließend an den gepflasterten Hof – zu vervollständigen, untersuchte das Grabungsteam im Rahmen der Sommerkampagne 2015 den nordöstlichen Wall der Zitadelle. Wie im Falle des Westtores (s. o.) hatte sich auch hier bereits im Laserscanplan eine Lücke in der Mauerkonstruktion abgezeichnet, die nun auf einen weiteren Eingangsbereich hin untersucht wurde. Diese Annahme konnte verifiziert werden: Ein gepflasterter und mit Torwangen flankierter Weg ermöglichte dem Besucher im 8./9. Jahrhundert den Durchgang zwischen Zitadelle und Tempel-/Palaststadt. Auch wenn er mit 3 m deutlich breiter war als der ca. 1,80 m breite Weg durch das Westtor, wiesen die die Stampflehmwälle stabilisierenden Torwangen beider Eingangsbereiche konstruktive Gemeinsamkeiten auf.
So stellen regelmäßig gesetzte, in eine Grundschwelle eingezapfte Holzständer das Grundgerüst dar. Die Zwischenräume wurden mit Stampflehm aufgefüllt und mit Putz, der sich auch noch in Teilen erhalten hatte, überdeckt. Jeweils ein Pfostenloch, das sich im Inneren der Torwangen fand, legt die Vermutung nahe, das auch ein Torturm zum Eingang gehörte und den Durchgangsverkehr regulierte. Bekannt sind solche Konstruktionen auch von zeitgenössischen Abbildungen.
Die Grabungskampagnen 2015 und 2016 widmeten sich unter anderem der Erschließung der räumlichen Strukturen im Zentrum der Zitadelle. Ein dort angelegter Schnitt gab Aufschluss über die Verbindung zwischen den bereits ergrabenen Arealen Westtor/Podest und Südosthalle/Hof.
Im Westen konnten sowohl das östliche als auch das nördliche Ende des auf dem Podest liegenden Raumes erschlossen werden, womit sich eine bislang ergrabene Nordsüd-Ausdehnung von 18,5 m ergibt. Lotosverzierte und damit als sichtbare, repräsentative Ausstattungselemente gestaltete Säulenbasen markieren das östliche Ende des Raumes. Auch in der Erweiterung des Schnittes konnte der bereits 2014 dokumentierte graublaue Estrich nachgewiesen werden, eine Überdachung erscheint angesichts dessen als wahrscheinlich. Im Osten und im Norden schließt sich entlang des Raumes und damit ebenfalls auf dem Podest gelegen eine Terrasse von ca. 1,40 m Breite an, die mit Ziegelplatten gepflastert war. Eine Treppe, nur noch als Ausbruchsgrube zu erkennen, gewährte den Zugang zum Hof. Dieser wies im Schnittbereich, im Kontrast zu dem im Osten freigelegten Teil, nur eine sehr fragmentierte Pflasterung mit Ziegelplatten auf, die auf eine spätere, nach dem ersten Versturz der Gebäude erfolgte Entnahme des Baumaterials zurückgeht.
Eine weitere Differenzierung der nördlichen Baustrukturen der Zitadelle ergibt sich mit kleineren, an den Westraum und die schmale Terrasse angrenzenden Räumen. Sie befinden sich ebenfalls auf dem Podest, jedoch etwa 50 cm unter dem bereits dokumentierten Laufniveau. Ähnlich wie im Osten der Zitadelle besteht die trennende Wandkonstruktion hier aus auf einem Schwellbalken angebrachtem Flechtwerk mit Lehmbewurf, der sich an einer Stelle noch erhalten hatte. In Anbetracht der mit Dachziegelfragmenten durchsetzten Schuttschichten und einer Plinthe, die ehemals vermutlich eine Säule getragen hat, ist eine Überdachung anzunehmen.
Für die Randbebauung der Zitadelle liegt neben dem repräsentativen Saal in der SO Ecke somit eine Gestaltung mit einer Reihe kleinerer Räume (im Schnittbereich mit einer Nordsüd-Ausdehnung von ca. 4,50 m) nahe, die sich um den zentralen Hof herum gruppieren. Eine ähnliche Raumeinteilung ist auch in der chinesischen Herrschaftsarchitektur zu finden.
Die Dimensionen der freigelegten Halle und der anschließenden Baubefunde sowie die Überreste einer ursprünglichen Ausstattung (u. a. eine kleinere, mit Lotosornamenten verzierte Säulenbasis, apotropäische Dämonenmasken verdeutlichen, dass es sich hierbei um eine monumentale Architektur handelt, die vermutlich eine Bezeichnung des Areals HB2 und vor allem der Zitadelle als „Palastbereich“ rechtfertigt. Neben diesem herrschaftlich-sakralen Aspekt ist in Anbetracht der mächtigen Wallanlage und auch des Fundmaterials, das Pfeilspitzen und Fußangeln („Krähenfüße“) beinhaltet, ebenso eine fortifikatorische Funktion anzunehmen.
Da auch die Uighuren als Nomadenvolk kaum auf feste Bautraditionen zurückblicken konnten, stellt sich die Frage nach möglichen Vorbildern, die der architektonischen Verbildlichung und Repräsentation von Herrschafts- und Machtanspruch dienten. Einige Parallelen, die sowohl das Fundmaterial als auch das Layout der räumlichen Strukturen in der Zitadelle betreffen, lassen sich zum tangzeitlichen China ziehen, das mit den Uighuren in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht eng verbunden war. Innerhalb der uighurischen Kultur selbst stellen sich einige Gemeinsamkeiten mit anderen archäologischen Stätten, wie der in Tuva gelegenen Festung Por-Bajin und der Grabstätte Khundiin Khooloi im Orchon-Tal, dar.
Der Befund einer großen Grube im Zentrum der Zitadelle, die als senkrechter Schacht von etwa 3 m Durchmesser unter das Laufniveau des Hofbereiches zog, konnte zuletzt eindeutig als Brunnen identifiziert werden. Der verfüllte Schacht enthielt alternierende Schichten aus Brandschüttungen und Schutt, der sich aus Ziegelbruch sowie weiteren Architekturelementen der Zitadelle zusammensetzte. Neben einigen Fragmenten von „Jadebüchern“ (polierten Jadetäfelchen mit chinesischen, golden inkrustierten Schriftzeichen) kam ein vollständig erhaltenes Falkenskelett in der Grubeneinfüllung zu Tage. Das durch die Radiokarbonmethode ermittelte Alter der Knochen verweist in die protomongolische Kitan-Zeit, in den darunter liegenden Schichten konnte allerdings immer wieder uighurische Keramik geborgen werden.
In einer Tiefe von 5,40 m, gemessen vom ursprünglichen Laufniveau des Hofes, wurde eine 1,60 x 1,60 m große, rechteckige Holzkasten-ähnliche Struktur freigelegt, die möglicherweise eine Funktion als Verschalung erfüllte und bis auf eine darunter liegende hexagonale Steinsetzung reicht. Diese ist in den anstehenden Boden unter der Zitadelle eingetieft und stellt folglich mit dem Holzkasten und dem Stampflehm einen der frühesten bislang bekannten Befunde der Zitadelle dar. In jeweils versetzten Lagen aus quaderförmigen Granitsteinen konnte diese Steinsetzung im Jahr 2018 weiter in die Tiefe verfolgt werden. Unter dem Steinschacht befindet sich eine Holzsubstruktion, die auf der Brunnensohle aufsetzt. Vom ehemaligen Laufniveau reichte der Brunnenschacht somit insgesamt 12 m durch Stampflehmschichten und gewachsenen Boden in die Tiefe.
In den untersten und noch wasserführenden Schichten der Brunnenverfüllung hatten sich, wie auch schon in den anderen Grabungsarealen, Funde von herausragender Qualität erhalten. Eine bronzene Glocke, ein eisernes, aber vergoldetes Türschloss, lackierte Holzstangen und Holzschnitzereien bekräftigen, genauso wie fein bearbeitete Steinsockel oder Fragmente von Jadebüchern und Tiermasken aus den höheren Schichten, die herausragende Bedeutung der Bebauung auf der Zitadelle, sodass hier zu Recht vom Zentrum des uighurischen Khaganates gesprochen werden kann.
Der Stratigraphie zufolge geht die zentrale Störung der Grube auf einen Raubschacht zurück, der bis auf das Niveau der Steinsetzung herunterreicht und damit von der Bedeutung des Brunnens auch nach der eigentlichen Nutzungsphase zeugt. Die aus der Grube geborgenen Funde und insbesondere die kitanzeitliche Deponierung des Falkenskeletts weisen auf Aktivitäten in Karabalgasun auch nach dem Zusammenbruch der uighurischen Herrschaft im Orchon-Tal hin. Dass die Ruine auch den Mongolen bekannt war, liegt angesichts der geringen Entfernung zwischen Karabalgasun und ihrer Hauptstadt Karakorum nahe und wird auch durch die schriftlichen Quellen belegt. Zwar konnten keine Funde aus dieser Zeit in den Füllschichten der Grube dokumentiert werden, aber die an unterschiedlichen Stellen im Stadtgebiet Karabalgasuns freigelegten, mongolenzeitlichen Bestattungen verdeutlichen die offenbar immer noch wahrgenommene Bedeutung der monumentalen Ruinen.
Im Jahr 2019 wurde erstmals ein Grabungsschnitt am vermeintlichen Stupa im Tempelbezirk des Palastbereiches angelegt. Es wurde der Frage nachgegangen, ob die hoch erhaltenen Überreste eindeutig einer bestimmten Glaubensrichtung zugewiesen werden können. Bisher ist unklar, ob die Uighuren einer manichäischen Religion oder dem Buddhismus angehörten.
Die Grabung brachte eine Ziegelversturzschicht der ursprünglichen Ziegelverschalung des Monumentes zutage. Unter der Versturzschicht fanden sich Spuren verbannter Gebäudereste. Bei dem Zerstörungshorizont könnte es sich um den gleichen handeln, der auch in den anderen Bereichen des Palastes nachgewiesen werden konnte und auf die Zerstörung Karabalgasuns zurückzuführen ist. Die abgerutschte Ziegelverschalung legte sich vermutlich erst später über die verkohlten Überreste.
HB3
HB3 mit einem umwallten Areal (900 x 1000 m) südwestlich der Zitadelle stellt einen weiteren drei Forschungsschwerpunkte in Karabalgasun dar.
Im Jahr 2012 wurde nach geophysikalischen Untersuchungen ein Schnitt im östlichen Wallbereich angelegt, der eine auf dem Laserscan erkennbare Unterbrechung im Mauerverlauf hinsichtlich einer möglichen Funktion als Tor prüfen sollte. Der heute noch mit einer Höhe von ca. 0,8 m erhaltene Wallkörper stellte sich im Befund als erodierte Stampflehmkonstruktion dar, die einst mit Ziegeln verblendet war.
Der Mauerversturz lässt eine Rekonstruktion der ursprünglichen Höhe zu, die bei 3-3,50 m anzusetzen ist. Die 5 m breite Lücke im Wallverlauf wurde auf jeder Seite von je zwei Säulenbasen flankiert. Auch wenn sich keine Hinweise auf eine hölzerne Konstruktion im Befund fanden, ist aufgrund der Existenz dieser Fundamentsteine davon auszugehen, dass ein Torbau über dem Durchlass den Zugang zum Areal regulierte. Auch das ehemalige Straßenniveau, das sich als Kiespflasterung erhalten hat, und das für einen Durchgangsbereich typische Fundmaterial (Tierknochen, Eisennägel etc.) sind als recht eindeutige Hinweise auf einen Torbereich zu deuten. Innerhalb des umwallten Areals HB3 schließt sich (dem Laserscanplan nach zu urteilen) westlich an diese Eingangssituation eine breite Straße an.
HB4
2017 wurde erstmals ein Bereich außerhalb der Areale HB1-HB3 über einen Grabungsschnitt in Teilen erschlossen. Während mit HB1 und insbesondere HB2 zwei Bereiche im Fokus der Forschungen lagen, die im Kontext der Herrschaftsausübung verortet werden können bzw. Teil der sakralen Landschaft waren, sollen die neuen Grabungsflächen auch Erkenntnisse über die einfachen Bewohner Karabalgasuns bringen. Von Interesse ist dabei auch die chronologische Entwicklung der Stadt: Die exponierte Lage im urbanen Gefüge sowie Radiokarbondaten lassen vermuten, dass HB1-HB3 bereits zur Zeit der Gründung Teil des Stadtkonzeptes waren und Mitte des 8. Jhs. baulich realisiert wurden – wann aber wurden die am randlagigen Areale in die Stadtstruktur einbezogen?
In Vorbereitung auf die Grabung wurde daher auf dem Laserscanplan eine Fläche 3,6 km südlich der Tempel-/Palaststadt HB2 ausgewählt, die sich durch kleinere umwallte Areale auszeichnet. Innerhalb dieser Einfriedungen treten an einigen Stellen halbkreisförmig angeordnete runde Erhebungen auf – vermutlich Überreste von Gebäudepodesten, wie sie bereits an mehreren Stellen in Karabalgasun dokumentiert werden konnten. Exemplarisch für diese Strukturen wurde im Sommer 2017 etwa ein Viertel eines solchen Stampflehmpodestes freigelegt. Um dieses war stellenweise eine ca. 35 cm hohe Blendmauer aus gebrannten Ziegeln erhalten. Estrichreste und mutmaßliche Ausbruchsgruben von Säulenbasen, von denen eine ein Granitfragment enthielt, lassen Rückschlüsse auf die Innengestaltung des Gebäudes auf dem Podest zu. Auch eine Überdachung ist angesichts der beträchtlichen Anzahl an Dachziegeln in den Schuttschichten über dem einstigen Laufniveau anzunehmen, möglicherweise wie in HB2 chinesischen Typs, da auch hier dekorierte Traufziegel zu den Funden zählen.
Im Sommer 2018 wurde ein weiteres der halbkreisförmig angelegten Stampflehmpodeste untersucht, das sogenannte „Zentralgebäude“. Auch hier traten dekorierte Trauf- und Dachziegel zu Tage. Außerdem verschiedene Bauschmuckfragmente in Form einer Tiermaske, eines Marmorlöwen und glasierte, figürliche Keramik. Dieses Fundmaterial lässt vermuten, dass dem Gebäude eine höhere Bedeutung zugemessen wurde.
HB5
Im Sommer 2019 wurde ein weiterer Ansatz zur großflächigen Untersuchung des Stadtareals im Projekt getestet. Im Areal HB5 wurde eine Fläche von 70.000 m² systematisch begangen und Funde eingemessen sowie dokumentiert. Dieselbe Fläche wurde anschließend mit Hilfe einer Sonde begangen, um auch Material sichern zu können, welches wenige Zentimeter unter der Erdoberfläche lag und mit bloßem Auge nicht zu sehen war. Das gesamte Fundmaterial setzte sich aus Gefäßkeramik, Dachziegeln, Metallobjekten und bearbeiteten Steinen zusammen. Darunter fielen vor allem 75 vergoldete Zier-/Linsenkopfnägel sowie 39 Bronzemünzen, hauptsächlich chinesischer Prägung auf. Ebenso fein verzierte Beschlagelemente aus verschiedenen Metallen.
Die Messdaten der Funde konnten zu einer aussagekräftigen digitalen Karte generiert werden, welche die Verteilung des Fundmaterials zeigt. So lassen beispielsweise verschiedene Ziegelkonzentrationen Gebäudebereiche und -grenzen nachvollziehen.
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