Das "Prile-Projekt". Etruskische Häfen an der Prile-Lagune

Sicht von Vetulonia auf die Grosseto-Ebene © C. Colombi // C. Colombi

Forschung

Die Prile-Lagune

Die Küsten der Toskana waren in der Antike von zahlreichen Buchten und Lagunen gekennzeichnet. Im Bereich der heutigen Grosseto-Ebene, zwischen den antiken etruskischen Siedlungen von Vetulonia und Roselle, erstreckte sich eine der größten. Sie wird in den römischen Quellen des 1. Jh. v. Chr. „Lacus Prilius“ genannt (Cicero, Pro Milone, XXVII, 74). Der Prile-See, später auch als Lago di Castiglione bekannt, bestand im Wesentlichen bis in das 19. Jh.: Historische Karten zeigen das Gewässer noch im 16. und bis zum Ende des 18. Jhs. sehr deutlich.

Bisherige geoarchäologische Studien gehen davon aus, dass die Grosseto-Ebene bis zu Beginn des 1. Jahrtausend v. Chr. von einer tiefen und ausgedehnten Bucht geprägt wurde. Diese war schiffbar und direkt mit dem Meer verbunden. Doch führten im Laufe der etruskischen Zeit zwei Phänomene zur allmählichen Versandung des Prile-Sees: Zum einen bildete sich ein Tombolo (Dünenstreifen, "spit") am westlichen Rand der Bucht und führte zur allmählichen Schließung des Zuganges zum Meer, zum anderen mündete der Fluss Ombrone in den südlichen Teil der Bucht: Das mitgeführte Sediment dieses eher großen Flusses verursachte eine Verschiebung seines Mündungsgebietes bis hin zum Meer und damit eine rasche Versandung der Südhälfte der Bucht. Seit dem 17. Jh. versuchte man schließlich, den zum Sumpfgebiet mutierten Prile-See trockenzulegen. Dies gelang jedoch erst kurz vor dem 2. Weltkrieg, als das Gebiet endgültig trockengelegt und die Flüsse kanalisiert wurden.

Wie schnell jedoch der nördliche Teil des Prile-Sees versandete – wo der viel kleinere Fluss Bruna mündete –, ist nicht abschließend geklärt. Ebenso unbekannt ist die Lage des oder der Häfen der etruskischen Stadt Vetulonia . Gerade dieses wichtige etruskische Zentrum muss über eine oder mehrere Anlegestellen und Häfen verfügt haben, die am ehesten an der Nordküste der Bucht des Prile zu suchen sind. Dank des Handels mit Rohstoffen aus der benachbarten Bergregion der Colline Metallifere, die über das Flusstal des Bruna mit dem Prile-See verbunden war, hatte die Stadt nämlich bereits im 8. und 7. Jh. v. Chr. einen bemerkenswerten Wohlstand erreicht. Die führende Rolle Vetulonias als Handelszentrum in Nordetrurien ist ebenfalls von den zahlreichen Importen aus dem gesamten Mittelmeerraum und aus Mitteleuropa bewiesen, die als Beigaben im Gräberfeld deponiert wurden, sowie von der Auffindung von Erzeugnissen der charakteristischen Bronzeproduktion Vetulonias in anderen etruskischen Zentren sowie in Norditalien und in Mitteleuropa.

Landschaft östlich von Vetulonia und Grabungsgelände Badia Vecchia. © DAI Rom // D. Gauss
Vetulonia, Badia Vecchia. Abschnitt der Terrassenmauer am Ende der Kampagne 2022. D-DAI-ROM-CDP-2022.0621. © DAI Rom // C. Colombi
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Archäolog*innen bei der Ausgrabung in Vetulonia. Im Vordergrund: die Mauer eines Gebäudes aus dem 3. Jh. v. Chr. © DAI Rom // C. Colombi
Vetulonia, Badia Vecchia. Archäologinnen und Studentinnen bei der Ausgrabung 2021. © DAI Rom // C. Colombi
Vetulonia, Badia Vecchia. Student*innen beim Sortieren und Verpacken des Fundmaterials. © DAI Rom // C. Colombi
Bohrkampagne mit der FU Berlin
Bohrkampagne mit dem Institut für Geographische Wissenschaften der FU Berlin © DAI Rom // C. Colombi
Geomagnetische Prospektionen bei Castiglione
Geomagnetische Prospektionen bei Vetulonia mit EasternAtlas Geophysical Prospection © DAI Rom // C. Colombi