Entstehung und Verbreitung der Sieben-Schläfer-Verehrung im Mittelmeerraum. Archäologische und ikonographische Studie zur Ausbildung des Kultes und der Folgen der internationalen Wallfahrt

Forschung

Im Rahmen des Habilitations-Vorhabens mit dem Titel „Das Sieben-Schläfer-Zömeterium in Ephesos. Transformation eines frühchristlichen Gemeindezömeteriums zum internationalen Wallfahrtsort bis in byzantinische Zeit“ stehen insbesondere auch die archäologischen und ikonographischen Spuren des Sieben-Schläfer-Kultes in Italien in Spätantike und (Früh-)Mittelalter im Fokus: vermutlich waren es Heilig-Land-Pilger, die auf dem Seeweg übers Mittelmeer gezielt in Ephesos Station machten, um neben den der Legende nach in seinem Grab schlafenden Johannes auch die Sieben Jünglinge zu verehren, die von Gott als Bestätigung der leiblichen Auferstehung zumindest zeitweise zum Leben wieder erweckt worden waren. Durch die Pilger verbreitete sich ihr Auferstehungs-Kult im gesamten Mittelmeerraum, und die Faszination für die Geschichte der wieder erwachten Jünglinge spiegelt sich in Rom etwa in einem Fresken-Zyklus der Krypta von S. Maria in via Lata oder einem ihnen gewidmeten Oratorium auf der via Appia.

Jüngste Forschungen haben ein frühchristliches Gemeinschaftszömeterium bereits des 3. Jhs. als den Kern der Anlage erwiesen, die in Ephesos (Kleinasien) als Sieben-Schläfer-Zömeterium zu einer internationalen Wallfahrtsstätte bis in byzantinische Zeit wurde. Im Rahmen des Habilitationsvorhabens wird die Geschichte des Monumentes, seine Entwicklung vom Zömeterium zum Pilgerort und die Ausstrahlung seiner Heiligen und ihre Rezeption bis in den lateinischen Westen unter archäologisch-baugeschichtlichen, kunsthistorischen und kulturhistorischen Aspekten behandelt. Die Grundlage der Arbeit bildet eine neue Bauaufnahme sowie eine Neubewertung aller Funde und Ausstattungen. Neben der Architektur erschließen Dekor und Ausstattung (Malereien, Mosaiken, Stucke und Inschriften) die verschiedenen Etappen der berühmten Nekropole, deren Charakter generell, trotz mancher Unterschiede im Detail, ähnlich ist zu den Gemeindezömeterien in Rom. Während die ursprünglichen Malereien und Stucke der kollektiven Grabanlage des 3. Jhs. noch keine christliche Ikonographie aufweisen, benutzen die Inschriften erstmals ein Formular, das noch bis in byzantinische Zeit in Verwendung bleibt und den christlichen Charakter belegt. Der Einbau einer Kirche im späten 4. Jh. zeugt vom der geänderten Kultpraxis und dem Wunsch nach der nun üblich werdenden Eucharistiefeier im Kontext des Totengedenkens. Die Umwandlung zum Wallfahrtsort nach der Etablierung des Sieben-Schläfer-Kultes spiegelt sich schließlich nicht nur in einer auf den Pilgerbesuch ausgerichteten Adaption der Architektur und der malerischen Ausstattung, sondern auch in den genannten zahlreichen Besucher-Graffiti, welche die Verehrung der Sieben Schläfer bis ins 15. Jh. hinein belegen – und damit bis in die Zeit nach dem Ende der Zugehörigkeit von Ephesos zum byzantinisch-christlichen Herrschaftsbereich.

Die in den Besucher-Graffiti genannten Herkunftsorte der Pilger führen die Forschung aus Kleinasien u.a. direkt nach Italien und in die Westprovinzen, in denen sich der Sieben-Schläfer-Kult in verschiedenen Formen, in Fresken-Zyklen, Kirchen und Oratorien wieder findet. Im Rahmen der Forschungen sollen die speziellen Adaptionen in bildlicher bzw. monumentaler Form der lokalen Ausprägungen des Kultes nachgezeichnet werden.

Im Zuge der österreichischen Ausgrabungen in Ephesos wurde die traditionell mit der Sieben-Schläfer-Legende verbundene Ruine bereits in den Jahren von 1926-29 einer umfangreichen archäologischen Untersuchung durch F. Miltner unterzogen und 1937 im Band IV/2 der FiE monographisch vorgestellt. Damals stand die Identifizierung des Komplexes mit dem historischen Ort der Legende außer Frage, auch wenn es eine direkte Bestätigung dieser Benennung erst für das Mittelalter in Form spätbyzantinischer Besuchergraffiti mit Anrufungen der sieben Jünglinge gab. Schon seit den 70er Jahren des 20. Jhs. hat man die Entstehung der Anlage erst in der Mitte des 5. Jhs. bezweifelt und einen Ursprung der Kirche bereits unter Theodosius I. vorgeschlagen. Eine 2010 durchgeführte neue Bauaufnahme und eine Kontrolle der erhaltenen Ausstattung und Funde zeigte jedoch, dass die Kernanlage mit ihrer Ausstattung und den Inschriften bereits aus dem 3. Jh. stammen. Im Projekt werden diese neuen Ergebnisse erschlossen. Dazu gehört auch die Ausbreitung des Sieben-Schläfer-Kultes insbesondere in Italien.

Offensichtlich entstand die Sieben-Schläfer-Legende um die Mitte des 5. Jhs. wahrscheinlich in Ephesos, und sie wurde in einem frühchristlichen Gemeinschaftszömeterium angesiedelt. Die archäologische, bau- und kunsthistorische Untersuchung des Monuments soll einerseits sein Verhältnis zur Legende und deren Einfluss auf die Entwicklung zur Wallfahrtsstätte klären.

Andererseits entwickeln sich die Sieben Schläfer zu einer Legende mit sehr großer Strahlkraft und weiter Rezeption auch im Westen, deren Verbreitung und Spuren der kultischen Verehrung insbesondere in Italien, aber auch nördlich der Alpen nachgegangen wird.